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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1901 - 28. Februar 1901)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37096#0311

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Montag, 25. Februar 1901.

Erstes Blatt.

^scheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg? Durch die Posti be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts-und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserates auf den Plakattafeln^der HeidelbergersZeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


Bestellungen
auf die
„Heidelberger Zeitung
für den Monat
„ Miirz -MW
s?Nen jederzeit bei unseren Trägern, in den Zweig-
?nen, bei den kaiserlichen Postanstalten oder bei den Post-
en gemacht werden.
z Der Preis der „Heidelberger Zeitung" für den Monat
Fv Pfg. von unseren Trägern in's Haus ge-
^.cht, 4V Pfg. bei Abholung im Verlage oder bei
>tten Zweigstellen.
h Neu hinzutretende Abonnenten hier und an Orten, an
zAn mir eigene Träger haben, erhalten bis Ende des
°bats die „Heidelberger Zeitung" unentgeltlich.

soll

Der Vertag.

Die englische Armeereform
nach Londoner Meidungen im Projekt nahezu fertig

hNt sein. Danach ist beschlossen und zwischen dem
j^Ssminister, dem Oberkommando und der Regierung
.Prinzip fcstgslegt, daß das Heer um 150 000 Mann
h^nterie, Kavallerie, Artillerie und Ieomanry verstärkt
soll. Vorläufig will man versuchen, dieses Mann-
Ij^ts-Plus durch Erhöhung des Soldes auf einen Schil-
l>b? für jeden Tag zu erlangen. Dieser Sold soll gänzlich
fAgsfrei und in bar ausbezahlt, werden. Von diesen
000 Mann entfallen 40 000 auf die Aeomanry,
tzsHe im Gegensatz zu jetzt denselben Sold von einem
hMing .im Tag und außerdem ihre Pferde, sowie deren
^halt geliefert erhalten soll. Um die Anziehungskraft
fy vermehren, wird dieser Ieomanry eine besondere Uni-
y,, v verliehen und die Kolonial-Regimenter werden ihr
^gliedert. Die Artillerie soll ganz reorganisiert werden,
das Trnnspoctwesen, Motorwagen sollen dabei für
k^res Geschütz wie Provianttransport in Anwendung
kth^en. Alle Regimenter sollen überdies auf Kriegsstärke
tollen werden. (Ein solche Reform, wenn sie bei Auf-
1st,> s kj.altung des Sölduerwesens überhaupt durchführbar
Tt-^ingt England nicht auf den nötigen militärischen

Deutsches Reich.
Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die Verleihung
Adlerordens zweiter Klasse mit Eichenlaub und
^v^tern an den Generalmajor v. Höpfner, bisher
viandeur der 3. ostasiatischen Jufanteriebrigade.
Das „Armeeverordnungsblatt" veröffentlicht eine
R^^Vtsordre vom 9. Februar, wonach bei dem oft-
dxd Ichen Expeditionskorps überall das Hoheitzeichen
!sttc>, s s ch e n Reiches an Stelle des der Einzelstaaten
M..- »->» Der an Bekleidungs- und Ausrüstung?-

sür ganze Expeditionskorps einheitlich
Proben erfolaen.

— General der Kavallerie und Generaladjutant Graf
v. d. Goltz ist am 21. d. Mts. in Nizza im Alter von
86 Jahren gestorben.
— Die „Kreuzztg." kommt wieder auf den Antrag
Kanitz zurück und meint, mit erhöhten Getreidezöllen sei
es nicht gethan, wirklich geholfen könne der Landwirtschaft
nur durch den Kanitz'schen Vorschlag , also das Getreide-
Einführungsmonopol des Staates, werden.
Cronberg, 23. Febr. Der Kaiser traf heute Nach-
mittag 3V- Uhr mit General v. Kessel auf Schloß Fried-
richshof zum Besuch seiner Mutter ein. Im Laufe des
Nachmittags trafen auch Prinz und Prinzessin
Friedrich Karl von Hessen ein. Nach dem Thee kehrte
der Kaiser gegen 5 Uhr nach Homburg zurück.
Baden.
L.X. Offenburg, 24. Febr. Gestern und heute
fand hier in der „Neuen Pfalz" die 11. Landesversamm-
lung der sozialdemokratischen Partei Badens statt.
Hauptverhandlungsgegenstände waren Besprechung der Land-
tagswahltaktik, des Landtags- und Gemeindewahlprogramms
und Berichterstattung über das Ergebnis des Verlags des
„Volksfreund". Den Vorsitz führte Abg. Dreesbach. Er-
schienen waren 45 Delegierte für 37 Orte. Die Anträge
betr. Bildung von 4 Agitationsbezirken mit je 3 Mit-
gliedern in Triberg, Freiburg, Karlsruhe und Mannheim
auf Kosten der Landeskasse, ferner Einsetzung eines
Parteisekretärs wurden angenommen. Ort der nächst-
jährigen Landesversammlung am 1. Fastensonntag ist
Mannheim. Abg. Fendrich referierte über seine Landtags-
thätigkeit, Abg. Dreesbach über das Landtagswahlprogramm,
Eichhorn über das Gemeindewahlprogramm. Abg. Dreesbach
empfahl die Beibehaltung der Durlacher Beschlüsse. Ferner
wurde eine Resolution gegen die Erhöhung der Getreide-
zölle und Massenagitation beschlossen.
L.O. Karlsru he, 24. Febr. Im Eisenbahnrat
erklärte Generaldirektor Eisen lohr, daß die Verhand-
lungen wegen Einführung eines Luxuszuges Nord-Süd
über die Gotthardbahn noch nicht so weit gediehen sind,
daß die Verwirklichung des Projekts für die nächste Zeit
erhofft werden könne.
Württemberg.
Stuttgart, 23. Febr. Zum Hauptfinanzetat ist
nunmehr der zweite Nachtrag, die Vorlage der Be-
ll m t e n a u f b e s s e r u n g, erschienen. Die Mehrforderungen
für 1901 betragen insgesamt 2 885 649 Mk., für 1902
3 390 831 Mk. Davon entfallen auf die Angestellten der
Staatseisenbahn 904 002, bezw. 1112 942 Mk., die aus
dem Reservefonds der Staatseisenbahn genommen werden
sollen. Ein weiteres Vorgehen mit Verbesserung der Ge-
haltsregelung der Geistlichen und Volksschullehrer ist für
die Folgezeit in Aussicht gestellt. Nach Abzug der Mehr-
forderung verbleibt für 1901 noch ein Etatüberschuß von
91 784 Mk.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
'"Mel^Msen Robert vonAndlaw-Homburg in Nellingen zum
* Z^errn, den 8andoer<clitsrot D>', Karl Neichnrdt in

Stadt-Theater.
HI Heidelberg, 25. Februar,
toller Einfall". Schwank in 4 Akten von Lau f fs-
vltz ^ b Herr Großmann am Schluß des vierten Aktes
A, Omnibus gefallener Musikdirektor auf die Bühne
^ 'd?"b er seiner prächtigen Leistung die letzte Steigerung.
einfach ausgezeichnet, ihn zu sehen, wie er zuerst
A wie er dann durch Benützung eines Antiphons
Ustu identen Himmel versetzt wird, wie ihm aber das
A^ ^ent zu tief ins Ohr gerät; wie er alle fünf
Wichsier herausklingelt, so gern komponieren
Ab s in fidele Sektstimmung zu setzen weiß und
. ""ermeßlich unter dem Katzenjammer leidet. Diese
Athj ^ sehr hübsch angelegt. Herr Großmann
' wie gesagt, und besonders dadurch, daß er nichts
v'' Ausgezeichnetes. Gleichfalls sehr lustig anzu-
Äikls "v das Ehepaar und das Töchtcrlein Bender,
Ä ' von Frl. Jelly und Frl. Kögl.
Achz-^'vchtige Frau und der Provinzler, der sich in der
"dtstadt amüsieren möchte, sind zwar hergebrachte
tzAe«' «E gewannen aber in der gestrigen Vorstellung
ästiges Leben. Benders Angebetete Fifi, die
i>/' Irl. Saldern mit der nötigen Schneidig-
d?^ob,, ^ s^ neben Benders und dem Musikdirektor in
tz't den Rentiers Steinkopf, dieweil sein Neffe Ernst
bkAkons« uiacht, niedergelassen zu neuen Thaten.
Erl N Herr Birnbaum, Frl. Schönberg
-Pommer. Sie treten auf, wenn sie auf Reisen

gehen und von Reisen kommen und wurden lustig und
hübsch dargestellt. Dann ist da noch das Pumpgenie
Knöpsler, den Herr Bernau heiter und elegant hinstellte,
und der famose Wichsier Birnstiel, der alles macht. Herr
Kallenberger entfaltete alle Seiten dieses vielseitigen
Individuums in sicherer und feiner Weise. Herr Hapin,
der neulich in der Fedora sehr hübsch den raffinierten
Kammerdiener machte, war gestern der schüchterne Liebhaber
Caesar. Er war ganz am Platze, spielte und sprach tref-
fend. Nicht ganz gelang der lustige Neffe Htirn Krones.
Er sprach fast ganz ohne Pausen, betonte ein paar Mal
nicht richtig und gönnte sich nicht Humor und Be-
hagen genug. Herr Becker war ein lustiger Berliner
Schuster, Frl. Geisen Hofer eine Berliner Witwe. Das
volle Haus war ausgelassen; die Erheiterung war groß.
Das Publikum war an einer Stelle des Hauses radau-
lustig. Herr Meltzer führte verdienstvoll Regie. X. 1

Der kalte Winter.
In der Nacht auf Freitag sank im Rheingebiet
stellenweise das Thermometer auf 20 Grad. Vor der
Stadt Köln wurde die Leiche einer maskierten Frau auf-
gefunden, die, vom Balle heimkehrend, durch Erfrieren den
Tod gefunden hatte. Aus der Eifel werden ähnliche
Unglücksfälle gemeldet. Ein Kutscher stürzte vom Bocke
herunter, weil ihm beide Beine erfroren waren! Vögel
liegen zu Hunderten erfroren auf den Feldern. Oberhalb
Remagens fanden Fuhrleute einen halberfrorenen Radfahrer,

Konstanz zum Ministerialrat im Ministerium der Justiz, des
Kultus und Unterrichts und den Oberamtsrichter Maximilian
Huffschmid in Gernsbach zum Landgerichtsrat in Konstanz
ernannt, sowie den Amtsrichter Ludwig Morn hinweg in
Enaen in gleicher Eigenschaft an daS Amtsgericht Gernsbach
versetzt.
— Theologische Vorprüfung. Die im Frühjahr
dieses Jahrs abzuhaltende theologische Vorvrüfung soll am
Dienstag, den 16. April d, I., vormittags 8 Uhr, ihren Anfang
nehmen. Gesuche um Zulassung zu dieser Prüfung sind spätestens
bis zum 18. Mörz d. I. an den Evangelischen Oberkirchenrat zu
richten. Alles Nähere besagt die Bekanntmachung in Nr. II des
„Kirchlichen Gesetzes- und Verordnungsblattes".
— Theologische Hauptprüfung. Die theologische
Hauptprüsung der evangelischen Pfarrkandidaten beginnt Diens-
tag, den 30. April d. I.. vormittags 8 Uhr. Die Meldungen
um Zulassung zu dieser Prüfung sind spätestens bis zum
30. März d. I. bei dem Evangelischen Oberkirchenrat einzureichen.
Die näheren Angaben können aus der im „Kirchlichen Gesetzes-
und Verordnungsblatt" Nr. II veröffentlichten Bekanntmachung
ersehen werden.
Karlsruhe, 23. Febr. Der Großherzog nahm
heute Vormittag von 10 Uhr au den Vortrag des Präsi-
denten Dr. Nicolai entgegen. Nach 12 Uhr meldete sich
Oberstleutnant Freiherr v. Bodman, Kommandant des 2.
Gendarmcriedistrikts in Freiburg, und Major Stemmcr-
mann, Kommandant des 3. Gendarmeriedistrikts in Karls-
ruhe. Nackmittags empfing Se. Königs. Hoheit den Prä-
sidenten des Ministeriums des Innern Geheimerat Dr.
Schenkel und später den Legatiousrat Dr. Seyü zum Vor-
trag. Die Großherzogin, der Erbgroßherzog und
die Erb g r oß h erzogin begaben sich abends 7 Uhr in
das Ludwig-Wilhelm-Krankenheim, wo Prälat o. D. Dr.
Doll zum Gedächtnis an den Todestag des verewigten
Prinzen Ludwig Wilhelm eine Abendandacht mit An-
sprache hielt.
u s l a n d.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 23. Febr. Im Abgeordnetenhause
gab eS heute große Lärmszenen. Die Alldeutschen hatten
eine Interpellation eingereicht, welche die konfiszierten
Broschüren von Großmann im Wortlaut wiedergab, die
unter dem Titel „Eine furchtbare Gefahr für die Sittlich-
keit der Völker" Auszüge aus der von den Päpsten Pins
IX. und Leo XIII. sanktionierten Moraltheologie des
heiligen Dr. Alfons von Liguori gibt. Die Schrift ist
wegen ihres unsittlichen Inhalts in Deutschland konfisziert
worden, aber der Herausgeber strengte einen Prozeß an, in
dem er ein obsiegendes Urteil erstritt, da er Nachweisen
konnte, daß seine Auszüge thatsächlich der erwähnten Moral-
theologie entnommen sind; als Beleg ist neben der Ueber-
fetzung auch der lateinische Urtext angeführt. Wolf ruft:
Es ist die Anleitung für die Pfaffen, wie sie unseren Frauen
im Beichtstühle begegnen sollen! Los von Rom! Abgeord-
neter Kathrein: Ich protestiere im Namen der katholischen
Kirche gegen diese abscheuliche Verdächtigung! Es ist nicht
wahr, daß die Interpellation eine Uebersetzung von Alfons
von Liguori ist! (Anhaltender Lärm der Alldeutschen.) Ich
protestiere namens der katholischen Kirche gegen diese uner-
hörte Beleidigung! (Lebhafter Beifall und Händeklatschen
rechts, laute Zwischenrufe der Alldeutschen.) Abg. Wolf.
der gestürzt und bei der strengen Käile im Straßengraben
liegen geblieben war. In Elberfeld mutzte infolge der
strengen Kälte die Eröffnung des Schwebebahnbetriebes
hinausgeschoben werden.
In der Rhön sind solche Schneemasscn gefallen, daß
der Verkehr zwischen vielen Orten vollständig aufgehört
hat. Durchschnittlich mißt die Schneehöhe 1 Meter, es
giebt aber auch Wehen von 3 Meter Tiefe. Der Schnee-
pflug hat zu thun, um nur die Poststraßen offen zu halten.
Seit Menschcngedenken bat nicht so tiefer Schnee so lange
Zeit gehalten; dazu herrscht eine Kälte von 20 und mehr
Grad.
Im Erzgebirge zeigt sich der Winter gleichfalls
schneereich. Die hoch am Erzgebirge unweit des Mücken-
türmchens gelegene Ortschaft Knöteln ist, der „Tägl.
Rundschau" zufolge, seit einigen Tagen gänzlich eingeschneit;
von den Häusern sieht man nur die Rauchfänge, und der
blaue Rauch, der aus ihnen aufsteiqt, ist der einzige
Beweis des Lebens unter der Schneedecke. Die Bewohner
benachbarter Häuser graben ein Tunnel in den Schnee, um
zu einander zu gelangen, und da in einem Hause eine
Geburt erwartet wird, helfen alle Nachbarn zusammen, um
einen Weg bis zur weisen Frau zu bahnen. Jede Familie
hat genug zu thun, denn sie muß einen Tunnel zum
Schweinestall, zum Keller, zum Holzschuppen graben und
Luflschächte bauen. Obwohl ein so strenger Winter wie
der diesjährige zu den Seltenheiten gehört, so ist man
doch im Erzgebirge auf solche Zustände, wie sie zur Zur
bestehen, ziemlich gefaßt. Keine „bessere" Familie ist ohne
 
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