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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 101 - 125 (1. Mai 1901 - 31. Mai 1901)
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Donnerstag, 2. Mai 1901. Erstes Blatt. 43. Jahrgang. — hr. M.


Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 8V Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.3S Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltigc Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate aus den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Auschluß Nr. 82.

Das Realgymnasium und das Studium
_ der Rechte.
M Von gut unterrichteter Seite wird der „Kölnischen Ztg."
bestätigt, daß der Kronprinz in der That der
Bahnbrecher für die Einreihung der Realgymnasial-Abitu-
rienten in die juristische Fakultät der Rheinischen Friedrich
Wilhelms-Universität geworden ist. Es ist eine Thatsache,
daß der Kronprinz auf der Prinzenschule zu Plön das
Mituricntenexamen nach der für preußische Realgymnasien
geltenden Ordnung abgelegt hat. Er ist von den beiden
alten Sprachen dort nur im Lateinischen unterrichtet und
geprüft worden; griechischen Unterricht aber hat er nicht
genossen, und ebensowenig hat die juristische Fakultät von
ihm eine Nachprüfung im Griechischen verlangt. Damit
hat die Fakultät den Grundsatz, daß ausschließlich Gymnasial-
abiturienten zum juristischen Studium zugelasscn werden
sollen, als für die Bonner Hochschule nicht mehr zutreffend
anerkannt, und es dürfte demgemäß in Zukunft von der-
selben Hochschule gegen die Zulassung von weiteren Real-
gymnasial-Abiturienten kein grundsätzlicher Widerspruch zu
erwarten sein.

Deutsches Reich.
— Die Reichstags kommission beendete
am 30. v. M. die dritte Lesung des Weingesetzes und
nahm eine Resolution Baumann und Genossen an, die
verbündeten Regierungen zu ersuchen: 1. dem Reichstag
baldthunlichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den
Verschnitt von Weißweinen mit Rotweinen zwecks Her-
stellung von Rotweinen und den Vertrieb dieses Weines
verbietet, 2. die Verwaltungen der öffentlichen Kranken-
pflege, Pfründneranstalten, Militär- und Marinever-
waltungen zu veranlassen, den Bedarf von Rotwein nur
von Produzenten und Händlern zu decken, bei denen
ein solcher Verschnitt ausgeschlossen erscheine, dabei wenn
möglich deutsche Rotweine zu bevorzugen. Ferner nahm
die Kommission eine Resolution des Abg. Preiß-Colmar
an, den Bundesrat zu ersuchen, den zuzulassenden
niedrigsten Satz von Extraktstoffen bei Weißweinen auf
1,6, bei Rotweinen auf 1,8 festzusetzen.
— Ueber die nächsten Reisepläne des Kaisers
verlautet: Der Kaiser kehrte Dienstag von der Wartburg
nach Berlin zurück und reist am 3. Mai nach Schlitz.
Von Schlitz gedenkt der Kaiser sich zu kurzem Besuch des
Großherzogpaares nach Karlsruhe und von da zur Auer-
hahnjagd beim Fürsten zu Fürstenberg nach Douaueschingen
zu begeben. Im Anschluß an diesen etwa viertägigen
Jagdaufenthalt wird er am 10. Mai auf drei Tage
Strahburg besuchen. Der 10. Mai, an welchem Tage
bekanntlich bot 30 Jahren die Reichslande endgiltig an
Deutschland fielen, soll, dem Vernehmen nach, durch eine
größere Festlichkeit begangen werben. Am 11. Mai wirb
der Kaiser voraussichtlich von Straßburg aus einen Aus-
flug nach Schlettstatt zur Besichtigung der Hohkönigsburg
unternehmen und am 12. Mai zu etwa achttägigem Auf-
enthalt nach Schloß Urville Weiterreisen, wo auch die
Kaiserin an dem Tage mit den beiden jüngsten Kindern
eintreffen will.

Kleine Zeitung.
— Griesheim, 1. Mai, 11 Uhr. Von den anläßlich
der Katastrophe noch vermißien 7 Personen sind bis jetzt
ö todt-aufgefunden worden.
— München, 30. April. Die neue „pneuma-
tische Feuerleiter" von Baumeister Schapfer in
Frankfurt, die nur 2 Mann zur Bedienung erfordert,
mit Preßluft betrieben wird und in 2 Minuten sich
aufrichten läßt, hat hier ihre Probeversuche glänzend be-
standen. Sie kostet freilich auch 12 000 Mark, doch ist
bereits geplant, nach günstigem Verlauf der Proben noch
eine zweite solche anzuschaffen.
— Frauenftudium. Aus Hamburg wird ge-
schrieben: Die Gymnasial-Klafsen für Mäd-
chen in Hamburg, welche im kommenden Monat mit
einer Obertertia eröffnet werden, verdanken ihre Ent-
stehung dem vor einigen Monaten gegründeten „Ham-
burgischen Verein zur Förderung von Frauenbildung
und Frauenstudium". (Zweigverein der Hamb. Orts-
gruppe des Allgemeinen deutschen Frauenvereins). Diese
thatkräftige, in den wenigen Monaten seit ihrer Ent-
stehung bereits zu einer ansehnlichen Zahl von Männern
und Frauen angewachsene Gemeinde geht von dem
Grundsatz aus, daß es zeitgemäß und einer Stadt wie
Hamburg würdig sei, den durch Befähigung und Neigung
sich zu einem wissenschaftlichen Berufe eignenden Mäd-
chen die gleiche Gelegenheit zur Vorbildung zu schaffen,
wie sie für die Söhne vorhanden ist. Der Lehrplan die-
ser, einen fünfjährigen Kursus umfassenden Gymnasial-
klassen lehnt sich im allgemeinen an den derRealgymnasien
an, läßt jedoch von Sekunda ab auch durch fakultativen -

— In Köln wurde gestern die wort errichtete Handels-
hochschule eingeweiht. — Der Kronprinz traf um 2.10
Uhr von Bonn in Köln ein, um an den späteren Feier-
lichkeiten teilzunehmen. Er stattete bei dieser Gelegenheit
dem Erzbischof Simar, sowie dem Regierungspräsidenten
v. Richthofen Besuche ab.
— Der deutsche Dampfer „Stuttgar t",
der 325 Soldaten aus China zurückbringt, ist am 30.
v. M. in Neapel eingetroffen.
— Aus Hamburg, 30. April, berichtet der „Berl. Lok.-
Anz.: Die Werftarbeiter, sämtliche Gruppen des Metallarbeiter-
verbands, die Schuhmacher und Zimmerer beschlossen wegen der
hohen Beiträge den Austritt aus dem Hamburger Ge-
werkschaftskartell. Durch diesen Beschluß wird die
Existenz des Arbeitersekretariats gefährdet.
Deutscher Reichstag. Berlin, 1. Mai. Der Präsident
erbittet und erhält die Ermächtigung dem Kronprinzen
zu seinem Geburtstage am 6. Mai. an dem er das neun-
zehnte Lebensjahr vollenden wird, die Glückwünsche des
Hauses auszusprechen.
Fortsetzung der dritten Beratung des Urheber- und
Verlagsrechtes.
Die 88 12 bis IS werden ohne Debatte und 8 16 wird mit
einer von Dr. Arndt (Reichsp.) beantragten redaktionellen
Aenderung angenommen, ferner die §8 17 und 18 nach den Be-
schlüssen der zweiten Lesung. Zu § 19 beantragt der Abgeordnete
Wellstein (Zentr.) folgenden Zusatz: „Zulässig ist die Ver-
vielfältigung, wenn die Gedichte nach dem Erscheinen in eine
Sammlung ausgenommen sind, die die Werke einer größeren An-
zahl von Schriftstellern vereinigt und ihrer Beschaffenheit nach
zur Benutzung bei Gesangsvorträgen bestimmt ist." Der Antrag
sei bei der zweiten Lesung versehentlich abgelehnt worden. Durch
den Antrag sollen Kommers- und Liederbücher geschützt werden.
Abg. Hasse (natl.) begründet seinen Antrag, wonach die
Vervielfältigung zulässig ist in Sammelwerken zu einem eigen-
tümlichen litterarischen Zwecke.
Nach kurzer Erörterung wird der Antrag Hasse mit dem Zu-
satzantrag Müller-Meiningen und Oertel (kons.) angenommen, wo-
nach § 19 folgender Zusatz zu geben ist: Bei der Veranstaltung
zu einem eigentümlichen litterarischen Zweck bedarf es, so lange
der Urheber lebt, seiner persönlichen Einwilligung.
Ebenso wird der Antrag Wellstein angenommen.
8 20—33 werden nach den Beschlüssen der 2. Lesung an-
genommen.
Abg. Richter (freis. Vp.) beantragt, von 8 33 ab die Be-
ratung des Urheberrechts heute auszusetzen, da die nächsten
Paragraphen sehr wichtige, prinzipielle Bestimmungen enthalten
und namentliche Abstimmung beantragt werde.
Das Haus beschließt demgemäß.
Das Verlagsrecht wird auf Antrag des Abg. Wellstein su
bloo angenommen.
Es folgt die Abstimmung über eine Reihe zum Rcichshaus-
halt für 1901 gestellter und diskutierter Etatsresolutronen.
Es folgt die 2. Beratung des Entwurfs über Unfall-
fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes.
Das ganze Gesetz wird durchberaten und in der Kommissons-
fassung genehmigt.
Morgen 1 Uhr: Dritte Beratung des Gesetzes betreffend
Privatversicherungen; Fortsetzung der Beratung des Urheberrechts
Mtd Versorgung der Kriegsinvaliden.
Baden.
80. Durlach, 1. Mai. In einem Artikel „Zur
Landtagswahl in Durlach-Land" wird im
„Durl. Wochenbl." festgestellt, daß sich in zwei großen
Orten des Bezirks die politische Konstellation zu gunsten
der Sozialdemokratie verschoben hat und daß

Unterricht im Griechischen seinen Schülerinnen die Mög-
lichkeit, das Ziel der humanistischen Gymnasien zu er-
reichen. Daß die ganze Idee auf einer den örtlichen
Verhältnissen und Bedürfnissen durchaus entsprechenden
gesunden Grundlage ruht, zeigt nicht nur die recht zu-
friedenstellende Zahl von Schülerinnenanmeldungen,
sondern das rat- und thatkräftige Mitthun weitester
Kreise. Nur durch das Wohlwollen, welches sowohl
behördlicherseits, wie auch aus den verschiedenartigsten
Gelehrten-, Kaufmanns- und Schriftstellerkreisen dem
neuen Unternehmen entgegengebracht wurde, gelang es
in so kurzer Zeit, die notwendigen Vorarbeiten zu er-
ledigen. _
— Höchst bequem. Dame (zur neuen Köchin): „Sehen Sie
hier, Minna, diese elektrische Leitung führt vom Salon nach der
Küche". — Minna: „Det is schön, Madame, da klingle ick
immer, wenn ick meine Taille nich alleene zukriege".
— Die kleine Verräterin. Klein Elschen und seine Mama
sitzen im Wartepavillon der Straßenbahn. Da fragt die Mutter
ihr Töchterchen, ob es denn auch wisse, warum man diesen Raum
Wartepavtllon nenne. Elschen! „Weil unser Kindermädchen,
wenn es mit uns ausgeht, hier immer auf ihren Bräutigam
wartet."

Wenn Thorheit thäte weh, o welch' erbärmlich Schret'n
Würd' in der ganzen Welt in allen Häusern sein!
Logau.
* * *
Rasten lähmt dich,
Fasten grämt dich,
Fleiß ernährt dich,
Schweiß aber ehrt dich.
Ernst Ziel.

neuerdings in vielen Orten sozialdemokratische Wahl-
vereine organisiert worden sind. Es werde daher sei-
tens der natlib. Partei der größten Anstrengung, ziel-
bewußter und vorsichtiger Arbeit bedürfen, soll der Be-
zirk nicht an die Sozialdemokraten verloren gehen«
Voraussichtlich werden sich 4 Kandidaten (natlib., kons.«
dem. und soz.) gegenüberstehen.
Anhalt.
Dessau, 1. Mai. Der heute über das Befin-
den des Herzogs ausgegebene Krankheitsbericht
besagt: Der Zustand hat sich nicht wesentlich verändert«
Die Schwäche der linken Körperhälfte besteht fort.
(Der Herzog hat in diesen Tagen seinen 70. Geburtstag
begangen.)

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Revisionsvorstand beim Oberschulrat, Oberrechnungsrat Paul
LambinuS, das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom
Zähringer Löwen verliehen, dem Amtmann Alexander Schaible
in Karlsruhe die Erlaubnis zur Annahme und zum Tragen des
ihm verliehenen Königlich Preußischen Roten Adler-Ordens vierter
Klasse erteilt, den Vorstand der Evangelischen Kirchenbauinfpektio»
Karlsruhe, Kirchenbauinspektor Rudolf Burkhardt, zum Bau-
rat ernannt und den Professor Dr. Leonhard Sadöe am Gym-
nasium in Freiburg auf sein Ansuchen bis zur Wiederherstellung
seiner Gesundheit in den Ruhestand versetzt.
Karlsruhe, 1. Mai. Der Grotzh erzog
erteilte heute Vormittag von 10 Uhr an Audienzen.
Nachmittags 2 Uhr begaben sich der Großherzog und die
Großherzogin nach Baden zum Besuch der dort weilen-
den Fürstlichkeiten und einer Einladung des Großfürsten
Michael Nicolajewitsch zur Abendtafel folgend. Ihre
Königlichen Hoheiten beabsichtigen, um halb 9 Uhr
Baden zu verlassen. Dieselben werden aus dem Bahnhof
mit dem um diese Zeit dort ankommenden Herzog von
Sachsen-Altenburg Zusammentreffen.

Ausland.
Asien.
Peking, I.^Mai. Die „Times" meldet: Die Ar-
beiten, die den Schutz des Gesandtschafts-
viertels bezwecken, sind sehr schnell fortgeschritten.
Die deutschen Kasernen sind fertig gestellt. Eine sechs
Fuß dicke, mit Schießscharten versehene Mauer bildet
die westliche Grenze der neuen amerikanischen Gesandt-
schaft und beherrscht den Haupteingang zum Kaiser-
palast.
Afrika.
Kapstadt, 1. Mai. Während der vergangenen
14 Tage sind große Anstrengungen gemacht worden,
um einen Kordon um die Streitkräfte der Buren in
den mittleren Gebieten der Kapkolonie zu ziehen«
(Es sind also immer noch Burenkrieger in der englischen
Kapkolonie!) Sie umfassen 180 Mann in Sneewberg
unter Scheepers, 40 Mann unter Malan — diese sollen
noch morgen abziehen —, ferner 60 Mann unter Swa-
nepoel bei Neu-Bethesda und einige unter Fouche bei
den Zoutbergen. Wie es scheint, ist kaum zu zweifeln,
daß Kruitzinger innerhalb einer Woche den Oranjefluß
überschreiten werde. Major Crewe hatte vor einigen
Tagen zwei Gefechte mit Fouche, bei welchen sich letzterer
jedesmal mit Verlusten znrückzog. Die Ieomanry kam

Litterarisches.
—8 Aus der Kunststadt Karl Theodors. So betitelt sich
das soeben erschienene neueste Buch des hiesigen Kunstschrift-
stellers Max Oeser. Dasselbe enthält zahlreiche Studien über
das Kunstleben Mannheims, die einen Zeitraum von nicht
weniger als 200 Jahren umfassen. Vor Allem giebt das Buch
eine Schilderung der Entwickelung der Mannheimer Malerei
bis zur Gegenwart und es wendet sich hauptsächlich auch der
modernen Kunstbethättgung Mannheims zu. Das Verhältnis
unserer Stadt zu Künstlern wie Hans Thoma, Feuerbach,
Trübner, Lugo, Mannfeld wird festgestellt, ebenso auf die eigenen
modernen Künstler der Stadt Mannheim, wie Wilhelm Frey,
Joh. Hoffart, Vhilipp Klein, Michel Koch, Wilhelm Nagel,
Ernst Noether, Otto Propheter und Andere mehr hingewiesen.
Ein größerer Aufsatz über Arnold Böcklin soll für den Ankauf
eines Werkes des Meisters für die städtische Galerie wirken
und dürfte daher gerade jetzt wieder an der Zeit sein. Dem
Mannheimer Schlosse und der groß angelegten Publikation über
dasselbe von Rudolf Tilleffen ist ein besonderes Kapitel ge-
widmet. Die Bestrebungen Mannheims auf kunstgewerblichem
und verschiedenen anderen Gebieten werden ebenfalls eingehend
gewürdigt. Des weiteren sind die Mannheimer Sammlungen
als Mittel zur künstlerischen Erziehung inbetracht gezogen. Um
auch einen Ausblick auf Süddeutschland überhaupt zu gewinnen,
ist dem Buche eine Studie über einen Hauptvertreter süd-
deutscher Art und Kunst, über M. G. Conrad beigegeben. Der
Verfasser M. Oeser, der sich seit mehr als 12 Jahren mit dem
Studium Mannheimer Kunst befaßt, hat mit diesem neuen Buche
wieder auf ein bisher noch unbebautes Feld heimatlicher Kunst-
kritik hingewiesen. Möge das Buch den gleichen Beifall finden»
welcher der desselben Verfassers rasch bekannt gewordenen
„Geschichte der Kupferstechkunst in Mannheim" zuteil ge-
worden ist.
 
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