Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 27-50 (1. Februar 1901 - 28. Februar 1901)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37096#0275

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Montag, 18. Februar 1901.

Grftes Blatt.

43. Jahrgang. — üir. 41.


c?^cs^>A



Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich SO Pfg. frei in's Hans gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anjschlag der Inserate auf den Plakattafeln
^ und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Pfg. Durch die^Post.be-
der Heidelberger Zeitung




Die „Heidelberger Zeitung" kostet nach wie vor frei in's Haus gebracht im Monat nur SO Pfg., in der
Expedition oder bei unseren Zweigstellen abgeholt nur 40 Pfg.



Zum preußischen Eisenbahnetat.
Berlin, 15. Febr. In der Budgetkommission des
Abgeordnetenhauses bedauerte ein nationalliberaler Redner,
°aß die Reform der Personentarife ruhe, eine
Vereinfachung durch Abschaffung der vierten Klasse und
^sprechende Ermäßigung der Preise für die andern Klassen
geboten; die anfänglich zu erwartenden Einbußen an
Annahmen würden sehr bald eingeholt werden. Der Mi-
nister der öffentlichen Arbeiten schätzte den Einnahme-
Ausfall, den eine solche Maßregel verursachen würde, auf
N5 Millionen, auch sei die vierte Klasse für den Lokal-
Nerkehr, namentlich den Marktverkehr, nicht zu entbehren.
Dagegen werde eine raschere und bequemere Abfertigung
Reisegepäcks angestrebt. Während die Konservativen
Redner des Zentrums dem Eisenbahnminister zu-
iiimmten, gab ein anderer nationalliberaler Redner dem
^dauern Ausdruck, daß die lang gewünschte Reform der
^Zonentarife nicht erfolgen werde. Bei der Besprechung
,er Gütertarife wurden wieder die oft gehörten Klagen
"ut, daß den Kleinbahnen nicht ein Teil der Abferti-
gungsgebühr zugestanden werde. Ein nationalliberaler
Redner trat für eine Herabsetzung der Tarife für Massen-
?bter ein, um die deutsche Industrie dem Auslande gegeil-
ter wettbewerbsfähig zu erhalten; insbesondere sei geboten,
^ Tarife zwischen Lothringen-Luxemburg und den nieder-
.ueinischen Industriegebieten bedeutend herabzusetzen. An
Einern Orten, wo keine Gasbeleuchtung besteht, sind mit
. ^olg Versuche mit Spiritusglühlicht gemacht, doch droht
g Neuerer Zeit scharfer Wettbewerb durch eine verbesserte
ttroleumlampe für Beleuchtung im Freien. Von einem
^iorialliberalen Redner wurde noch die Unwirtlichkeit
Sucher Bahnhöfe und Bahnhofsanlagen gerügt.

Die Beisetzung König Milans.
^ Karlowitz, 16. Febr. Zum Empfange der Leiche
Milans, welche mit dem Extrazuge dahier eingetroffen
war auf dem Bahnhofe eine Ehrenlompagnie ausgestellt,
h.Ache die militärischen Ehren erwies, während die Musik
^ serbische Königshymne spielte. Vom Bahnhofe wurde
^ Leiche aus dem sechsspännigen Galaleichenwagen nach
^ Metropolitan-Kirche übergeführt, wo die Einsegnung
den Patriarchen unter Assistenz einer großen Anzahl
Östlicher unter dem Geläute aller Glocken stattfand.
dV'chmittags fand die Ueberführung der Leiche nach dem
^"ster Kruschedol statt, wo die Beisetzung erfolgte.

Deutsches Reich.
^ — Der Zustand der Kaiserin Friedrich soll, wie
^'Klne Blätter melden, zur Zeit besorgniserregend sein.
j^?ere, anscheinend offiziös inspirierte Nachrichten bezeichnen
Meldungen als unbegründet. Daß die verwitwete
an einem sehr ernsten organischen Leide» erkrankt
n' dürfte wohl nicht zu bezweifeln sein. Und der Um-
daß das Kaiserpaar sich noch immer in Homburg
sZwdet, ist auch nicht geeignet, der pessimistischen An-
^Uung Unrecht zu geben.
sy.,Der Besuch des englischen Königspaares
"un amtlich angezeigt worden sein. Unser Kaiser ist
t>^""tlich am 7. Februar in Homburg eingetroffen; es
In Mtet nun, daß der Kaiser dort noch längere Zeit ver-
h wird; er und seine Gemahlin würden also in
M^durg das englische Königspaar erwarten. Unter diesen
Ständen dürfte es auch ausgeschlossen sein, daß König
tzz .dd und seine Gemahlin nach Berlin kommen werden.
,.8 Eduard wird sehnlich wünschen, seiner schwer

^"nkteii Schwester, der Kaiserin Friedrich,

"vcb - - , .. .
^mal die Hand zu drücken. Mit geradezu heroischer
erträgt die edle Frau ihr Leiden; selbst schwere
^ sdeklemmung und Atemnot haben ihr das lebendige
p„^esse für alle Vorgänge auf dem Gebiete der Kunst
>r,zc.Wissenschaft nicht rauben können. Bei der verhältnis-
"i>ch ^ geringen Nahrungsaufnahme ist es natürlich
^thj schwer, ein Zurückweichen der Körperkräfte zu
Wie lange das englische Königspaar in Hom-
"vK ^ilen wird, darüber ist selbstverständlich Bestimmtes
^>izbekannt geworden; aber das darf wohl als
lgyo "cher angenommen werden, daß der Aufenthalt nicht
ausgedehnt wird.

— Der Kriegsminister hat der „Freisinnigen Zeitung"
zufolge die Modelle für die neuen Uniformen im Reicks-
tag aufgestellt. Das eine zeigt einen Soldaten in der
Tropenausrüstung, das andere einen Soldaten in der neu
einzuführenden graugrünen Uniform, die in der Farbe
und Schnitt der heutigen österreichischen Jnfanterieuniform
ähnelt.
— Die Kommission des Reichstags für das
Schaumweinsteucrgefetz nahm am 16. d., wie bereits kurz
gemeldet, den 8 1 unter Zugrundelegung des Antrags
Müller-Fulda in folgender Fassung an: Der zum Ver-
brauch im Jnlande bestimmte Schaumwein aus Trauben-
wein, aus Obst oder Beerenwein, Fruchtwein oder schaum-
weiuähnliche Getränke unterliegen einer in die Reichskasse
fließenden Verbrauchsabgabe (Schaumweinsteuer).
Die Verwendung von Kunstwein bei Herstellung von
Schaumwein ist untersagt mit Ausnahme der Verwendung
von Alkohol, Bouquetstoffen und geringen Mengen von
Säuren. Schaumwein, welcher nachweislich der Verzol-
lung unterlegen hat, bleibt von der Abgabe befreit. Der
Reichskanzler kann unter Zustimmung des Bundestag mit
den zuständigen fremden Regierungen wegen Herbeiführung
einer den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechenden
Besteuerung des Schaumweins in den dem Zollgebiet ein-
geschlossenen Staaten und Gebietsteilen, wegen Ueber-
weisung der Steuer für den im gegenseitigen Verkehr über-
gehenden Schaumwein oder Begründung einer Steuer-
gemeinschaft Vereinbarungen treffen. In der Debatte
hatten sich Vertreter der verbündeten Regierungen nament-
lich gegen die nun angenommene Bestimmung gewendet,
daß das Kunstweinverbot bei Schaumweiuherstellung erlassen
werden solle.
— Abgeordneter Rickert, dem infolge eines Herzleidens
vor einigen Tagen vom Arzte vollständige Ruhe geboten
wurde, wird sich, wie die „Liberale Korrespondenz" hört,
zur weiteren Erholung nach dem Süden begeben.
— General v. Werder geht nach Petersburg
und zwar auf eine Einladung von dort, wie er schon
früher oft hingegangen ist, aber er geht nicht, wie in
einigen Blättern behauptet worden ist, zur Beseitigung von
Mißverständnissen hin, „denn, so wird offiziös kurz er-
klärt, solche Mißverständnisse bestehen nicht".
Zum Beweis hierfür wird u. A. darauf hingewiesen, daß
der Zar den nach Paris versetzten deutschen Botschafter
Fürsten Radolin sehr gnädig verabschiedet habe.
— lieber einen in einer ausländischen Wochenschrift
behaupteten angeblichen Konflikt zwischen dem deutschen
Generalkonsul in Kapstadt v. Lindequist und
dem Gouverneur des Kaplandes Mi ln er ist in Berlin
an amtlicher Stelle nichts bekannt. (Nach jener Miithei-
lung sollte der Gouverneur Alfred Milner Hrn. v. Linde-
quist, dem Generalkonsul des deutschen Reiches in Kap-
stadt, als dieser sich eines Deutschen annahm, die Thüre
gewiesen und sich geweigert haben, ihn fernerhin zu
empfangen. Trotzdem soll Hr. v. Lindequist sich um eine
weitere Unterredung bemüht haben. Die Unrichtigkeit einer
olchen Mitteilung liegt auf der Hand.)
— Ein Engländer bei den deutschen Husaren.
Wie das „B. T." aus London mitteilt, wurde ein eng-
lischer Kavallerieofstzier auf ein Jahr zu einer Dienstleistung
bei den Blücher-Husaren kommandiert, deren Chef König
Eduard VII. ist.

Deutscher Reichstag. Berlin, 16. Februar. Fort-
etzung der Beratung des Postetats.
Vor fast leerem Hause ermahnt Abg. Graf Oriola (ntl.)
den Staatssekretär, den Polen in der Adresscufrage kein Ent-
gegenkommen zu zeigen, und verweist auf die polnischen Agi-
tationen.
Abg. Fürst Radzt will (Polef wirft der Postverwaltung
vor, daß durch die Ueberweisuug aller polnischen Adressen an die
Uebersetznugsstellen ohne vorherige Entzifferungsversuche die pol-
nischen Briefe verschleppt würden. Der Redner verwahrt die
Polen gegen den Vorwurf der Agitation. Sie wollten nur ihrem
Volkstum und ihrer Muttersprache treu bleiben.
Abg. Oertel (kons.) stimmt dem Erlaß des Staatssekretärs
zu und meint, die durch den Umbau und die Uebersetzungsstelle
entstandene Verzögerung der polnischen Sendungen werde nur
erzieherisch auf die Polen wirken. Redner wünscht dann, daß
von den Zeitungen nicht eine zu frühe Auflieferung verlangt
wird und macht auf Mängel in dem Vororttarif aufmerksam.
In Erwiderung der Ausführungen des Abg. von Glebocki er-

klärt Staatssekretär von Podbielski, sdaß von polnischer
Seite ein förmlicher Terrorismus in Bezug auf das Thema
„volnisue Adressen" geübt werde, den man sich nicht gefallen
lassen dürfe. Wenn die Ucbersetzungsbureaus nicht zur Ein-
dämmung des polnischen Briefunwesens genügen, so werde man
die Briefe mit polnischen Adressen überhaupt als unbestellbar ari-
schen müssen.
Abg. Stöcker (wildst) wünscht Erweiterung der Sonntags-
ruhe und beschwert sich u. A. darüber, daß einmal in Frankfurt
wegen des, jüdischen Neujahrstages der Sonntagsdienst der Post
erwas verlängert worden sei.
Staatssekretär von Podbielski bekennt sich als An-
bänger ausgedehntester Sonntagsruhe, deren volle Durchführung
aber nicht möglich sei. Die Sonderbestimmungen in Frankfurt
habe er auch nicht für richtig gehalten und Remedur eintreten
lassen.
Abg von Tiedemaun (Rp.) wirft den Polen mutwillige
Herausforderung der Postverwaltung vor, auf die sie die richtige
Antwort erhalten hätten.
Abg. Müller-Sagan (freist Volsp.) schildert eingehend die
Nachteile, welche durch die verlangte frühe Auflieferung der
Berliner Blätter erwachsen. Abg. Ledebour (Soz.) verbreitet
sich über Mangel im Berliner Vorortverkehr und tadelt die
Postchikanen gegen die Polen und überhaupt die preußische Polen-
Politik, indem er den Kampf der Bolen für Erhaltung ihres
Volkstums mit dem Festhalten der Deutschen in Ungarn an ihrem
Deutschtum vergleicht.
Nach unerheblicher weiterer Debatte werden eine Anzahl von
Titeln angenommen und die weitere Beratung auf Dienstag
1 Uhr vertagt.
Württemberg.
Stuttgart, 13. Febr. Tue Kastenfächer für
abzuholende Briefe (Istter doxos), die jetzt bei
der Reichspost eingeführt werden sollen, bestehen auf dem
hiesigen Hauptpostamt schon seit zwanzig Jahren. Die
Behauptung verschiedener Blätter, daß dieses System für
Deutschland neu sei, ist also unrichtig. Die württcmber-
gische Postverwaltuug ist noch mit mancher anderen prak-
tischen Einrichtung der Reichspost voraus.
Bayern.
München, 16. Febr. Der „Niederbayerische
WaldboLe" wurde wegen eines Artikels über den deut-
schen Kaiser und General Roberts konfisziert.
Preußen.
Berlin, 15. Februar. Ein neuer Beweis
dafür, daß die Wa r e n h a ns ste ue r auch vornehme Ge-
schäfte trifft, auf die ste gar nicht berechnet ist, Geschäfte,
die gar keine Warenhäuser und erst recht leine Ramsch -
bazare sind, liegt in der Thatsache, daß das hiesige Hohen-
zol ler n-K n u stgew e r v eh a us, ein Haus, in dem
wirklich hervorragende Erzeugnisse des Kunstgewerbcs ver-
trelen sind, auch zur Warenhaussteuer herangezogen werden
soll. Die Firma teilt mit:
Wir sind aber begreiflicherweise durchaus nicht geneigt, uns
in die Kategorie der Warenhäuser zählen zu lassen, noch diese
Steuer zu tragen. Wir haben uns deshalb zu einer demnächst
beginnenden öffentlichen Versteigerung unserer kunstgewerblichen
Bestände sowie zu einer vollkommen neuen Organisation unseres
Betriebes entschlossen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hobelt der Groß Herzog haben dem
Wirklichen Geheimrat Freiherrn von Rotenhan, Ober-
kammerherrn des Großherzogs von Sachsen, das Großkreuz des
Ordens vom Zähringer Löwen, dem Maschineninspektor, Baurat
Ernst Behaghel in Freiburg das Ritterkreuz des Ordens
Berthold des Ersten verliehen, dem Ober-Postkassen-Rendanten
a. D. Rechnungsrat Schüler in Karlsruhe die Erlaubnis zur
Annahme und zum Tragen des ihm verliehenen Königlich Preu-
ßischen Kronenordens dritter Klasse mit der Zähst SO erteilt.
— Mit Giltigkeit vom 1. Januar 1900 ab ist eine neue
Eisenbahn-VerkehrSordnnng in Kraft getreten, mit
welcher geänderte Frachtbriefformulare zur Einführung
kamen. Znm Aufbrauch der alten Frachtbriefformnlare wurde
gemäß Bekanntmachung des Reichseisenbahnamts vom 1. Nov.
1899 eine Frist bis zum 31. Dezember 1900 einschließlich fest-
gesetzt. Da nach Ablauf dieser Frist noch größere Bestände von
alten Frachtbriefformularen vorhanden waren, wurde wegen Auf-
brauchs derselben beim Reichseisenbahnamt angefragt, worauf
dieses zunächst entschied, daß jene Formulare vom 1. Januar 1901
nicht mehr zuzulaffen seien. Nach einer Bekanntmachung des
Reichseisenbahnamts vom 11. d. M. ist nunmehr jedoch nachträg-
lich die Frist für den Aufbranch der alten Frachtbriefformulare
bis zum 31. Dezember 1901 einschließlich erstreckt worden.
Karlsruhe, 16. Febr. Der Großherzog hörte
heute Vormittag von 10 Uhr an bis halb 1 Uhr den
Vortrag des Piäsi'eatcn Or. Nico ai und empfing dann
den Geheimen Kricgsrat Hilspacb, Vorstand der Inten-
dantur der militärischen Institute in Berlin, welcher den
 
Annotationen