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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1901 - 28. Februar 1901)
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Donnerstag, 7. Fcdruar 1901. Erstes Blatt. XXXXIII. Jahrgang. — Xr. 32.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis

mit Familienblättern monatlich SV Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Änzeig enpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate aus den Prakattafeln der Heidelberger Zeitung
^ und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Wochen-Chronik.
(Vom 27. Januar bis zum 2. Februar.)
3an. 27.: Der berühmte Komponist Verdi stirbt.
„ 27.: Der Gouverneur von Kiautschou, Iäscbke, stirbt.
28. : Der deutsche Kronprinz wird in Cowes als
Ritter des Hosenbandordens investiert.
29. : Der Reichstag bewilligt nach lltägiger Disputation
vor leeren Bänken den Gehalt des Staatssekretärs
des Innern.
30. : De Wet soll wieder in die Kapkolonie ringe
drungen sein.
» 31.: Der österreichische Reichsrat wird eröffnet.
Gleich in der Eröffnungssitzung giebt es wüsten
Lärm.
Febr. 1.: In der w ü rtte m b e r g i s ch e n Abgeordnetenkammer
stimmen sechs Volksparteiler einer Resolution,
welche erhöhten Zollschutz für Getreide sor
dert, zu.
„ 2.: Die Leiche der verstorbenen Königin von E n g-
land wird nach Windsor übergeführt.
„ 2.: Tausend Buren haben den englischen Posten
in Modderfontein angegriffen und überwältigt.

Deutsches Reich.
^ -- In der Budgetkommission des Reichstages
^ntragte am 6. ds. Abg. Graf Oriola als Berichter-
r^ler, den Entwurf eines Gesetzes wegen Versorgung
j? Teilnehmer an der ostasiatischen Expedition und
Hinterbliebenen abzulehnen uno zwar mit Rücksicht
l die Erklärungen des Reichskanzlers vom 24. Januar
r d in Erwägung, daß der Weg einer allgemeinen ein-
^ ' tliche n Neureg el u n g des militärischen Versorgungs-
offen bleiben muß. Die Budgetkommission
^>nte dem Anträge des Grafen Oriola zu.
^.Deutscher Reichstag. Berlin, 6. Febr. Der Kom-
zMWnsantrag betreffend Nichterteilung der Ermächtigung
'.j strafrechtlichen Verfolgung der Abgeordneten Opisi-
>,^d-Pforztnjm und Dreesb ach-Mannheim wird ange-
i^Men. Ebenfalls wird angenommen ein Antrag be-
E"d Nichterteilung der Ermächtigung zur strafrechtlichen
ih^olgung der in der Münchener Zeitung „Odin" von
Legierung gefundenen Beleidigung des Reichstages,
der fortgesetzten Beratung des Gesetzentwurfes betreffend
Abhebung der Theaterzensur führt Abg. Basser-
u.lntl.) aus: Der Antrag Bargmann zerfalle in zwei Teile.
^Me Teil wolle die Zensur für Theatervorstellungen aufheben,

Non den Vermählungsfeierlichkeiten im Haag.
III.
> , Haag, 6. Febr. Heute nach dem Frühstück im Pa-
M zogen 50 Vereine und Arbeiterinnungen, erwa
"00 Mann mit Fahnen, Musik und fünf Ehrenwagen
.^s dem Fischerdorf Scheven in gen vor dem Palais
?rbei, auf dessen Balkon trotz der kalten Witterung die
dnigin und Herzog Heinrich dem Zuge einige Zeit
Mauten. Die Zugteilnehmer brachten Beiden wiederholt
Maste Kundgebungen dar. Vor dem Palais wogte eine
^reiche Volksmenge. Nachmittags halb 3 Uhr fuhren
^ Königin, die Königin-Multer und Herzog Heinrich nach
Ueveningen und Loosduiven, überall von der zahlreichen


enschemnenge begeistert begrüßt.

der zweite Teil für Varistss. Seine Partei empfehle, die Ar-
tikel zu trennen. Den zweiten Teil werde sie ablehnen. Sie er-
kenne an, daß bezüglich des Artikels 1 Mißstände vorhanden seien.
Es sei widersinnig, gleiche Stücke an verschiedenen Theatern ver-
schieden zu behandeln. Das abfällige Urteil über den Goethe-
bund sei ungerechtfertigt, denn ernsthafte, führende Geister gehören
ihm an. Redner schlägt vor, den Antrag einer Kommission zu
überweisen und beantragt die Einsetzung einer Kommission von 14
Mitgliedern.
Abg. Roeren (Zentr.) ist kein begeisterter Anhänger der
Theaterzensur, wie sie jetzt gehandhabt werde. Die Zensur ver-
fahre inkonsequent. Ihre Handhabung erfordere Abänderungen.
Die Kühnheit des Antrages erkläre sich ans der wenig rühmlichen
und schwächlichen Haltung der Regierungen gegenüber der lsx
Heinze. Das Zentrum stimme gegen den Antrag aus g sachlichen
Gründen, da die Theatcrzensur nicht unter die Zuständigkeit des
Reichstages gehöre. Die Vorschriften über die Ausübung eines
Gewerbes stünden den Einzelstaaten zu, dazu gehöre auch die
Zensur.
Adg. Dr. Pachnicke ifreis. Ver.) hält cs für sehr be-
zeichnend, daß das Zentrum den Antrag nicht einmal einer
Kommission überweisen wolle. Aufhebung der Zensur bedeute
nicht Zügellosigkeit, sondern Zügelung direkt durch das
Staatsgesetz.
Adg. Graf Limburg-Stirum (kons.) wird mit seinen
Freunden gegen den Antrag und gegen Ueberweisung an eine
Kommission stimmen.
Abg. Stadthagen (sez.) hält den Reichstag s zu-
ständig. Die Zensur sei an sich eine verkehrte Einrichtung.
Polen und Zentrum möchten sich in Acht nehmen, ob sie gegen
Ueberweifung des Antrages stimmen und sich damit die Ruten
selbst schneiden sollten, die sie später selbst fühlen würden.
Hoffentlich würden sie zu einer besseren Einsicht kommen.
E,n Antrag auf Vertagung wird angenommen.
Morgen 1 Uhr: Etat der Reichsjustizverwaltung und des
Reichsschatzamtes.
Baden.
L. H. Pforzheim, 6. Febr. Das Großherzogliche
Ministerium des Innern hat die Badische Fabrikinspektion
beauftragt, ein Werk herauszugeben über die soziale
Lage der Pforzheim er Bijouterie-Arbeiter.
Das Werk erscheint im Laufe dieses Monats in Karlsruhe
und hat zum Verfasser den Großh. Fabrikinspektor Fuchs.
Preußen.
Berlin, 6. Febr. Das Abgeordnetenhaus
hat gestern die Beratung der Kanalvorlage fortgesetzt.
Die Minister v. Thielen, v. Miguel und v. Hammerstein
traten für die Vorlage e>n. Die Linke sprach warm da-
für, während die Rechte sich wie bisher kühl zurückhaltend
zeigte. Die Weiterveratung wurde auf morgen vertagt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben die
aus den Geheimen Kirchenrat Professor Dr. Adolf Hausrath
gefallene Wahl zum Piorektor der Universitär Heidelberg für das
Studienjahr von Ostern 1901 bis dahin 1902 bestätigt, den
Kreisschulrat Vius Bo pp in Bruchsal nach Offenburg und den
Kreisschulrat Albert Säger in Tauberbischosshetm nach Bruch-
ul — beide in gleicher Eigenschaft — versetzt, sowie dem Pros.
Dr. Otto Bender an der Lehrerbildungsanstalt in Meersburg
die etatmäßige Amtsstelle eines KreiSschutrats für den Schulkreis
Tauberbrschofsheim übertragen.
— Dem Vernehmen nach wird neuerdings wieder da und
dort durch Mittelspersonen Auswanderungslustigen die Aus-
wanderung nach Sao Paulo (Brasilien) empfohlen, wo sie
angeblich als Arbeiter ui den umliegenden Kaffeepflanzungen
gutes Verdienst finden könnten. Da die Erfahrung gezeigt hat,

daß die Verhältnisse in und bei Sao Paulo für Einwanderer
im allgemeinen sehr ungünstig liegen und die von den
Agenten gemachten Versprechungen sich großenteils als trügerisch
erweisen, wird vor der Auswanderung dorthin nachdrücklich
gewarnt.
Karlsruhe, 6. Febr. Der Großherzog empfing
heute Vormittag den Generaladjutanten Generalleutnant von
Müller zur Vortragserstattung und nahm dann von 10 Uhr
an die Meldung von Offizieren entgegen. Hierauf erteilte
Seine Königliche Hoheit einer Anzahl von Personen
Audienz, welche bis gegen 1 Uhr dauerte, darunter dem
Oberförster Baumann in Eppingen und dem Bezirksarzt
Dr. Riesterer in Sinsheim. Heute Nachmittag treffen der
Erb großherzog und die Erb großherzogin aus
Coblenz hier ein. Um 5 Uhr 47 Minuten tritt der
Kronprinz von Schweden und Norwegen die Heimreise nach
Stockholm an.
Ausland.
Holland.
Utrecht, 6. Febr. Präsident Krüger wurde heute
noch quf dem rechten Auge operiert. Die Operation
gelang vollkommen.
Schweden.
Stockholm, 6. Febr. Die Königin muß fort-
dauernd wegen eines Halsleidens und Influenza das Bett
hüten. Fieber ist nicht vorhanden, die Kräfte sind
schwach.
Asien.
— Man telegraphiert dem „New-Iork-Herald" aus
Peking: In der Konferenz, die die Gesandten mit den
chinesischen Bevollmächtigten hatten, verlas der Doyen des
diplomatischen Korps eine vom französischen Gesandten
Pichon aufgesetzte Denkschrift, die die gegen die Man-
darinen während der Unruhen von Peking erhobenen An-
klagen aufzählt. Als Schlußfolgerung fordert er den Tod
von 15 von ihnen, darunter den des Prinzen Tuan und
des Herzogs Lan. Als Antwort verlas Li-Hung-
Tschang eine lange Depesche des Kaisers, die die Vor-
schläge des Hofes bekannt gab und die Mächte beschwört,
von China nicht mehr zu fordern, als es bewilligen könne.
„Wie könnt ihr an meinem guten Willen zweifeln," erklärte
der Vizeköuig, „ da ich eurem gerechten Unwillen, T s ch w a n g,
seinen Prinzen von Geblüt, geopfert habe, dem ich die
ilberne Schnur (zum Selstmord) sandte?" Der
Vizekönig erklärte sodann, vom Kaiser ermächtigt zu sein,
die geforderten Todesstrafen zu sanktionieren, ausgenommen
für den Prinzen Tuan und Herzog Lan, die degradiert
und verbannt werden sollten. Bezüglich Tungfuh-
siangs bat er, vorläufig von jedem Schritte gegen ihn
abzustehen. Die Gesandten Frankreichs und der Vereinigten
Staaten erklärten, den Vorschlägen Chinas zuzustimmen,
der deutsche Gesandte sagte, ec hoffe die Antwort seiner
Regierung in einigen Stunden zu empfangen. (Ein
Wolff'sches Telegramm meldet anscheinend über die gleiche
Sitzung: Peking, 5. Febr. Die heutige Sitzung der
Gesandten verlief zufriedenstellend. Es wurde eine Liste
von 11 Hauptschuldigen überreicht, deren Bestrafung

Populäres Symphonie-Konzert des
städtischen Orchesters.
T Heidelberg, 7. Februar,
war ein Stern allererster Größe,'welcher gestern
^ erstenmale am Heidelberger Kunsthimmel sich blicken
^ Ferrucio Busoni hat in kurzer Zeit sich den
ih errungen, einer unsrer besten Klavierspieler genannt
dE"- und wie sehr dieser Ruhm begründet ist, das
van im gestrigen Konzerte zur Genüge hören und
'jtlsMern. Daß ein Pianist von solchem Rufe über eine
Technik verfügt, für die Schwierigkeiten nicht
,1e Zitieren, das ist eigentlich selbstverständlich. Und
, ^sst - "'E besitz: Busoni im höchsten Maße. Weniger
^Mländlich ist aber eine solche hervorragende Vor-
^ ^ diesem Künstler eigen ist. Eine un-
? Skala von Schattierungen, vom mächtigsten For-
^ big zum delikatesten uno zartesten Pianifsimo war
^ ^ bewundern, ohne daß jenes zu derb, dieses zu weich-
?!iil>Mvtt. So eminent künstlerisch das Spiel, so un-
^»1 M ist die Art und Weise, wie Busoni sein Jnstru-
j^iff.^benbei gesagt, eines der idealsten, welche wir je
bfs ben!) behandelt. Mit Verzichtlcistung auf all'
^M-Mnten Viriuosenunarlen, schlicht und ruhig sitzt
,Mler am Klavier, auch für das Auge ein erfreu-
I, H,,
^rbindnng mit dem Orchester, welches ihm wacker
spielte Busoni Beethovens Ds-äur-Konzert. Ge-
wie dieses hehre Tonstück war auch die Wiedergabe.

Die majestätische Grütze des ersten Satz.s, die weiche
Schönheit des Adagio und das himmelslürmende Feuer des
Schlußroudos — letzteres in ungewöhnlich klarer und
durchsichtiger Ausführung — kamen prachtvoll zur Geltung.
Eine künstlerisch womöglich noch höhere Leistung waren
die drei Solostücke. Als Bach-Spieler ersten Ranges zeigte
sich Busoni in einer verhältnismäßig unbekannten Toccata
mit dem schönen Adagio-Mittelsatze und einer ungemein kom-
plizierten Schlußfuge. Wie plastisch traten hier de einzelnen
Glieder des Baues hervor! Nicht weniger entzückend
spielte der Künstler Liszt's „bsroiäs ölöAikryno", (übrigens
interessant durch ihre Verwandtschaft mit der kürzlich hier
aufgeführten Krönungsmeffe) und Chopins große Polo-
naise in ^.s-änr. Der nicht endenwollende Beifall mag
dem Künstler bewiesen haben, daß und wie das Publikum
seine Kunst zu^würdigen wußte.
Musikdirektor Ra big. den wir mit Freuden nach sei-
ner Krankheit wieder begrüßten, eröffnete das Konzert
mit Schumann's O-moll-Symphonie. Es ist hinlänglich
festgestelll, daß der Symphoniker Schumann nicht auf der
Höhe seiner Aufgabe steht. Er gebietet nicht über die
Eigenschaften, welche die Symphonie nach Beethoven noch
auf gleicher Höhe häiten halten können. Auch die gestern
gehörte, welche übrigens neben der jugendfrischen L-äur-
Symphonie noch am besten wirkt, leidet am Mangel einer
inneru Notwendigkeit und des straffen Aufbaues, an einer
ermüdenden Monotonie, an dem Fehlen richtiger Kontraste
und — an der farblosen Instrumentation. Immerhin ist
es erfreulich, dem Werk hin und wieder auf dem Pro-

! gramm zu vegegnen, schon wegen der wirklich hübschen
! beiden Mütelsätze, der stimmungsvollen Romanze und des
! Scherzo's. I. PH. Rameaus Musik gehört heute längst
! der. Vergangenheit an. Dennoch dürfte manches Werk
dieses vielseitigen Genies noch lebensfähig sein, wie ver-
schiedene seiner Klavierkompositioneu beweisen. Die gestern
zu Gehör gebrachten drei kleinen Orchesterstückchen sind
reizende Nippsachen, von denen besonders das mittlere
„taruchouim" mit seinem schäkernden Zwiegespräch zwischen
Oboe und Fagott ganz merkwürdig modern klingt. Die
Ausführung dieser Nummern war vorzüglich und auch die
Symphonie war trefflich einstudiert und kam wie die Tutti«
sätze im Klavierkonzert bestens zum Vortrag. 0. 8.

Kleine Zeitung.
— Metz, 4. Febr. Heute Morgen erschoß sich auf
seinem Bureau im Bezirkspräsidium der Regierungsbau-
meister Honsel. Da man auf dem Tisch einen bereits
am Tage vorher geschriebenen Brief an seine Frau vor-
fand, scheint der Unglückliche, der überdies vom Vater
her erblich belastet gewesen zu sein scheint, sich bereits
einige Tage mir dem Gedanken getragen zu haben. Honsel
war geborener Karlsruher und stand im 38. Lebensjahre.
Er Halle sich vor enva drei Jahren mit der. Tochter eines
hiesigen Lycealprofeffors verheiratet, der er ein Töchterchen
hinterläßt. Die Familie wird allgemein bedauert.
-- Metz, 4. Febr. Mit Bezug auf die Erschießung
des Hauprmanns Adams in Mörchingen durch den
 
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