Mittwoch, 22. Mi Ml.
Erstes Blatt.
Ir. 118.
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^ und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Auschluß Nr. 82.
Wer jetzt für den-Monat Juni die
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^ichhaltige Blatt bis zum -1. Juni unentgeltlich ge-
eifert. Der Bezugspreis für Juni beträgt nur 4V Pfg.
^usschl. Bestellgeld und Trägerlohn.
^arteivetzsammlung der Thüringer NationaL-
likeralen.
H Der vor einigen Tagen abgehaltene uationalliberalr
K'lrteitag für Thüringen in Coburg nahm bei regster
Meiligung -einen übe r a u s befriedigenden
Zerlauf. Von den 12 Wahlkreisen Thüringens blieb
.Pr Reuß ältere Linie unvertreten. An der vormittags
r Uhr abgshaltenen Besprechung der Vertrauens-
männer beteiligten sich 46 Obmänner; sehr eingehend
die Verhältnisse in den einzelnen Wahlkreisen
M'brochen, wobei sich in den meisten Kreisen ein
ter F § r t s chritt der Organisation und gute
HMsichten für die nächsten Wahlen feststellen ließen.
^ ^sch dem gemeinschaftlichen Mittagsmahl folgte um
tr^?r öffentliche Hauptversammlun g, welche
st ^ ins Freie lockenden herrlichen Wetters ungemein
bM besucht war, namentlich aus den bäuerlichen
Marken per thüringischen Lande. Den Vorsitz der Ver-
wnmlung führte Abgeordneter Börner. Lebhaft be-
Akßt, besprach Abgeordneter Dr. Bassermann in
I1U stündigen Rede die gegenwärtige p o-
^ ^ Lage, sich zuerst über dis vom Reichstag
m> von der nationalliberalen Partei geleistete parla-
mentarische Arbeit verbreitend. Redner legte dabei Bgr-
^l>rung gegen mancherlei abfällige Kritik des Reichs-
su^ ebenso entschieden wies er auch etwaige Ver-
zur Herbeiführung einer Aenderung der Ge-
^chtsordnung des Reichstages ab: keine Winderheits-
H "ei darf hierzu die Hand bieten. Die bevorstehenden
Handelsverträge müßten auf der Grundlage
-IM besseren Schutzes Wr die Landwirtschaft ,abge-
!sen werden (Lebhafter Beifall.) In ihren
a r-
Massen werden (Lebhafter Beifall,.) In ....... ^ -
Na? Eerfreundlichen Bestrebungen werde sich die
lasstO^alliberale Partei nach wie vor nicht irre machen
H besonders lebhaftes Interesse schenkte die zahlreiche
v flammlung den Darlegungen des Redners über die
z'j r s ahrenheit der Ansichten innerhalb der so-
l d e m okratischen Partei und den Aus-
a^ungen, wie die Sozialdemokratie mit den Thatsachen
und der wirtschaftlichen und sozialen Entwickelung der
Gegenwart sich abzufinden beginnt. Es sei deshalb.
Alles in Allem genommen, k e i n Grund zu einer pes-
st mistis.chen Auffassung der allgemeinen politischen
Lage vorhanden. Aber — und dies legte der Redner
den Parteigenossen dringend ans Herz — -die national-
liberale Partei müsse und dürfe nur ihrer eigenen
Kraft vertrauen und diese vor Allem stetig und unbeirrt
weiter zu-entwickeln streben.
Wiederholter, lebhafter Beifall begleitete die Aus-
führungen Bässermanns. Die darauf folgende Diskus-
sion war nur kurz. In ihrem Rahmen gedachte Amts-
richter H o ßs el d-Meiningen der früheren Ver-
dienste Miguels um die Partei und um den preußischen
Staat. — Zahlreiche Begrüßungstelegramme waren dem
Parteitag zugegangen, dis auch sofort Erwiderung fan-
den. Der ganze Verlauf des thüringischen Parteitages
bekundete in erfreulichster Weise das durch regste Arbeit
der nationälliberalen Vertrauensmänner und Partei-
genossen Thüringens geförderte zunehmende Vertrauen
und die besten Beziehungen zwischen Stadt und Land.
Deutsches Reich.
Düsseldorf, 21. Mai. Der Kron-
prinz übernahm heute nach Ermächtigung durch Seine
Majestät den Kaiser das Protektorat über die Düsseldor-
fer Ausstellung im Jahre 1902.
Kiel, 21. Mai. Prinz Adalbert, der
dritte Sohn des Kaisers, hat heute an Bord des Schul-
schiffes „Charlotte" seine erste Uebungsfahrt nach der
Flensburger Föhrde angetreten. Dorthin folgen noch
heute die Schulschiffe „Moltke" und „Stein" nach.
Baden.
— In Pforzheim wurden von den sozialdemo-
kratischen Vertrauensmännern für den 43. Landtagswahl-
bezirk Pforzheim-Land Redakteur Emil Eichhorn in
Mannheim als Landtagskandidat proklamiert.
— In Sindolsheim (Amt Adelsheim) fand am
18. ds. eine stark besuchte nationa'.liberale Versammlung
statt, in welcher der Abg. Klein über den letzten Landtag
berichtete.__
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog, haben dem
Amtsvorstand in Freiburg, Geh. RegierungSrath Albert Muth,
das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom
Zähringer Löwen und dem Königlich Preußischen Generalmajor
von der Luhe, ipcriönlichen Adjutanten der Herzogs von
Sachsen-Altenburg, das Kommandeurkreuz erster Klasse des
Orden? vom Zähringer Löwen verliehen.
— Seine König!. Hoheit der G r oßhe rzo g haben den Refe-
rendar Kar! Miltner aus Karlsruhe zum Notar im Amts-
gerichtsbezirk Müllheim, den Referendar Otto Wunder aus
Mannheim zum Notar im Amtsgerichtsbezirk Bonndorf, den
Referendar Edgar Schreiber aus Zell a. H. zum Notar im
Amtsgerichtsbezirk Kenzingen, den Referendar Leopold Schwei-
zer aus Tauberbischofsheim zum Notar im Amtsgerichtsbezirk
Bucken, den Referendar Dr. Otto Weil aus Eichstetten zum
Notar im Amtsgerichtsbezirk Schönau t. W. und den Referendar
Hermann Huber aus Friesenheim zum Notar im Amtsgerichts-
beftrk Stockach ernannt.
— Das Justizministerium hat dem Notar Karl Miltn er
das Notariat Schlierigen, dem Nota: Otto Wunder das
Notariat Bonndorf, dem Notar Edgar Schreiber das Notariat
Endingen und dem Notar Hermann Huber das Notariat
Stockach I. zugewiesen.
Karlsruhe, 21. Mai. Der Groß Herzog
nahm heute Vormittag von 10 Uhr an den Vortrag
des Ministers von Brauer entgegen. Um halb 12 Uhr
traf der Reichskanzler Graf von Bülow aus Straßburg
hier ein. Derselbe wurde am Bahnhof von dem Flügel-
adjutanten Grasen von L-Poneck empfangen und zum
Grotzherzoglichen Schloß geleitet, wo Oberhofmarschall
Gras von Andlaw ihn empfing und zu der für ihn be-
stimmten Wohnung führte. Der Reichskanzler ist be-
gleitet von dem Wirklichen Geheimen Oberregievungs-
rat Freiherrn von Wilmowski, von einem Sekretär und
Dienerschaft. Derselbe beabsichtigt bis morgen Früh
hier zu verweilen. Bald nach erfolgter Ankunft be-
suchte der Großherzog den Grafen von Bülow in seiner
Wohnung und geleitete ihn zu der Großherzogin, von
wo die Großherzoglichein Herrschaften mit ihrem Gast
zum Gartensaal gingen, in welchem die Frühstückstafel
stattfand. Nachmittags verweilte der Reichskanzler
längere Zeit bei dem Großherzog. Später besuchte der
Minister von Brauer den Grafen von Bülow, welcher
hierauf einige Besuche machte Heute Abend 7 Uhr er-
warten die Großherzoglichen Herrschaften den Besuch
der Kaiserin und Königin, welche seit vorgestern
wieder in Baden verweilt. Ihre Königlichen Hoheiten
empfangen die Kaiserin am Bahnhof und unternehmen
von da eine kleine Umfahrt, worauf die Abendtafel im
Großherzoglichen Schlosse stattfindet. Ihre Majestät
beabsichtigt, um halb 10 Uhr nach Baden zurückzukehren.
Die Großherzogin besichtigte am gestrigen Tage in
Gerlachsheim die Ausstellung der Industrieschulen des
Bezirks, die Taubstummenanstalt, die katholische Pfarr-
kirche und die Kleinkinderschule. Zum Schluß nahm
dieselbe den Thee in dem Hanse des Kammerherrn und
Oberförsters Freiherrn von Buol.
Ausl aH -
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 21. Mai. Der Präsident der ungari-
schen Delegation hob in seiner Ansprache an den
Kai s e r hervor, daß die fern von Europa eingetretenen
Komplikationen die Eintracht der europäischen Mächte
nicht berührten. Seit Jahren bilde der Dreibund, der
dem Interesse Oesterreich-Ungarns so sehr entspreche,
den Grundstein der Außenpolitik. Der Kaiser er-
widerte, indem er aus das unveränderte herz-
liche Verhältnis zu den alliierten Reichen
hinwies, woraus dieHofsnung auf dieErhaltung desFrie-
dens abzuleiten sei. Er besprach ferner die Beteiligung
der Monarchie an der Wiederherstellung geordneter Zu-
stände irr China und betonte den maßvollen Charakter
der Forderungen der Kriegsverwaltung für das nächste
Jahr.
Rußland.
Petersburg, 21. Mai. Die russische Tele-
graphenagentur verbreitet nachstehendes zur Beschwich-
tigung der immer noch etwas aufgeregten Franzosen be-
stimmte Telegramm: Alljährlich feiern die Kaiser von
Oesterreich und Deutschland den Geburtstag und Na-
menstag des Zaren, ebenso feiert der Zar stets die
Geburtstage der beiden genannten Kaiser. Die bei die-
sen Gelegenheiten üblichen Festlichkeiten dienen dazu,
Zeugnis abzulegen von best freundschaftlichen Be-
ziehungen, welche seit undenklichen Zeiten zwischen den
Monarchen der genannten Reiche bestehen. Man darf
Kleine Zeitung.
Darmstadt, 20. Mai. Fürstin Lippe kam
bes/5 Nachmittag in einem badischen Hofwagen hier an,
st bMe ca. drei stunden die Ausstellung der Darm-
8 .Z t br K ü n st l e r - K o l o n j e und fuhr mit dem
tzJwr 42 Min. hier abgehenden Schnellzug, dem der
z,^?uwcigen angehängt wurde, wieder nach Karlsruhe
Man hört, daß sich die Prinzessin sehr aner-
"end über die Ausstellung ausgesprochen hat.
sto,.T' Wiesbaden, 20. Mai. Die kürzlich hier ver-
ihx^e Prinzessin Luise von Preußen hat das
^ gehörige, am Bodensee herrlich gelegene Schloß
Utfort, der „Kreuzztg." zufolge, ihrem Neffen,
Äxj ^ut der jüngsten Schwester des Kaisers verheirateten
Friedrich Karl von Hessen, vermacht.
Villa, in der sie die letzten zwei Jahrzehnte
pyPPe, vermachte sie der E rb p r in z e s si n Leo-
^onAnhalt, geborenen Prinzessin Marie von
20- Mai. Freudige Ueberraschung eines Schntz-
dgß Die „Metz. Ztg." hat vor einiger Zeit berichtet,
Biensl hinein hiesigen Schutzmann gelungen wäre, einen
Döm festzunehmen, der bei einem Juwelier in der
kau^Draße einen Diamanten von großem Werte zu ver-
gefz,, wchte. Es war dies ein ebenso geschickter wie
in /Ächer '
.Dieb, der seine Dienstherrin, eine reiche Dame,
»»-« »°«°. «r --
bei hEe er Wertpapiere in Höhe von 200 000 Mt.
. stch. Dieser Tage traf hier die Nachricht ein, daß
.auswärtige Regierung auf Ergreifung des Diebes
"b Belohnung von 10 000 Mk. ausgesetzt habe, die nun
unserem Schutzmannswachtmeister K. ausgehändigt werden
wird.
— Breslau, 21. Mai. Gestern fand in Klein-Oels
(Kreis OHIau) die Beisetzung des in China ver-
storbenen Obersten Grafen Aorck von Warten-
burg in der gräflichen Familiengruft statt.
— „Weil der Zensor verreist ist" — so wird allen
Ernstes berichtet — können in der Stadt Borger in Fin-
land seit einigest Tagen keine Zeitungen erscheinen,
— Journalistik nach — amerikanischem System.
Merkwürdige Verwandlungen machen die Burenbilder
der „Woche" durch. Wir erfahren davon durch eine Er-
klärung des Dolmetsch der Burensache, Vikars Scho-
walter, die in der Grotthuß'schen Monatsschrift „Der
Thürmer" (Heft 8) veröffentlicht ist:
1. In Nr. 10 bringt die „Woche" ein Bild: „Lord
Kitcheners Aufforderung zur Uebergabe wird im Buren-
lager verlesen". In Wirklichkeit ist das ein altes Bild,
ausgenommen im Lager vor Ladysmith, l sin
Jahr früher! Die darauf befindlichen Leute sind
heute zürnt eil in englischerGesangen-
schaft.
2. Ebenda: „General L. Botha, der sich nach dem
Norden Transvaals durchgeschlagen hat". Danach muß
man an eine neue Aufnahme denken. Der dargestellte
General ist aber nicht Botha, wie er aussah, als er sich
durchschlug, sondern die Aufnahme ist etwa 1ZH Jahre
alt.
3. In derselben Nummer: „Me heldenmütigen
Führer des letzten Burenaufgebots." Gariz abgesehen
davon, daß es einen General Hertzog nun gar nicht
giebt, sehen auch alle die genannten Führer anders
aus, als die auf dein Bilde vorgestellten Personen.
Das mag daher kommen, daß der Photograph, der diese
„Spezialaufnahmen" für die „Woche" machte, sichseit
langem in Europa befindet.
Es wäre interessant, zu erfahren, was für einen
photographischen Apparat Herr Scherl bei der Auf-
nahme dieses wesenlosen Generals verwenden ließ. Daß
Herr Scherl wohl imstande ist, negative Resultate
zu erzielen, das liegt ja am — „Tag".
Litterarisches.
— § Im Verlage der Heidelberger VerlagsanstalL und
Druckerei (Höriiiug L Berkenbusch) ist ein Büchlein
erschienen: „Kritische Gänge auf dem Gebiete der
neueren lat. Grammatik", von Karl Schütz, das
wirklich Beachtung verdient. Richtet es sich doch gegen
die jetzt in allen badischen humanistischen Schulen einge-
führte lat. Grammatik von Schmalz u. Wagener, indem
es deren Schäden aufdeckt und eine Heilung derselben an-
strebt. Mit Recht wirft der Verfasser am Schlüsse seiner
ein gründliches Studium verratenden Ausführungen die
Frage auf: „Wäre es nicht an der Zeit, unser» Schülern
eine lateinische Grammatik zu bieten, welche auf besseren
Grundlagen konstruiert, 'die Begriffe wirklich läutert und
die Denkkraft stärkt, so daß der lateinische Unterricht die
ihm zugeschricbene so wichtige Rolle der Vorbereitung auf
das höhere Studium in der That erfüllt?" Dieses für
jeden Freund des Lateinunterrichts sehr lesenswerte Schrift-
chen ist jetzt in allen Buchhandlungen hier zu haben.
Preis 80 Pfg.