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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 101 - 125 (1. Mai 1901 - 31. Mai 1901)
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Mittwoch, 8. Mai Ml.

Westes VLsKtt.

43. Jahrgang. — Ar. M.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. frei in's HauS gebracht, bei der Expedition und dm Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Ansprache des Engeren Ausschusses
der Nat.-lib. Partei an die Bezirks-
vereine.
Die Zeit, in welcher die L a n d t a g s w ah l en
fällig werden, naht heran, und wir halten es für Pflicht
unserer Parteigenossen, jetzt schon in die Vorbereitung
dieser Wahlen einzutreten und mit aller Energie dafür
zu wirken, daß unsere Partei aus denselben neu ge-
kräftigt hervorgeht.
Die Ziele, welche wir verfolgen, sind die gleichen,
wie seit vielen Jahren: Festhaltung und Stärkung des
nationalen Gedankens und zeitgemäße Weiterentwicke-
lung unserer staatlichen Einrichtungen im sinne eines
gesunden, besonnenen und maßvollen Fortschritts.
Liegt auch die unmittelbare Entscheidung der großen.
Las Wohl Gesamt-Deutschlands berührenden Fragen in
der Hand der Organe des Reichs, so können doch auch
die Volksvertretungen der E i n z e I st a a t e n auf eine
entsprechende Gestaltung dieser Verhältnisse erheblichen
Einfluß üben. Die Nationalliberale Par-
tei unseres Landes wird denselben stets in der Weise
geltend zu machen suchen, daß sie für die Aufrechterhal-
lnng der verfassungsmäßigen Rechte des deutschen Vol-
kes, für ein starkes Heer und für eine leistungsfähige
Flotte, für eine in vernünftigen Grenzen sich haltende
Kolonialpolitik, sowie für eine Gestaltung des Zolltarifs
eintritt, welche den Abschluß von Handelsverträgen auf
längere Dauer ermöglicht, aber nicht nur den Interessen
des Handels und der Industrie, sondern auch jenen der
Landwirtschaft gerecht wird, und den besonderen Ver-
hältnissen dieses Erwerbszweigs durch eine entsprechende
Erhöhung der Getreidezölle entgegenkommt. Auch die
Bestrebungen, welche auf thnnlichste Beseitigung der
zur Zeit noch bestehenden Schwankungen in dem finan-
ziellen Verhältnis des Reichs zu den Einzelstaaten ab-
heben, diirfen auf unsere Unterstützung rechnen, wie wir
auch zu einem weiteren sachgemäßen Ausbau unserer so-
zialen Gesetzgebung gerne die Hand bieten werden.
Die Verhältnisse unseres -engeren Heimat-
landes sind dank der weisen und gerechten Fürsorge
unseres edlen und hochsinnigen Landesfürsten, der im
nächsten Jahre auf eine fünfzigjährige, reich gesegnete
Regierung zurückblickt und dessen rastloses Wirken für
das Wohl seines Volkes von der nationalliberalen Par-
tei auf einer Reihe von Gebieten aufs Wirksamste unter-
stützt worden ist, in einer Weise geordnet, welche den an
einen modernen Rechts- und Kulturstaat zu stellenden
Anforderungen Rechnung trägt und andern deutschen
Staaten vielfach zum Vorbild gedient hat. Durch un-
sere Gesetzgebung und Verwaltung geht ein frischer und
freier Zug, den wir erhalten und weiter entwickeln
wollen, von der lleberzeugung durchdrungen, daß reak-
tionäre Bestrebungen im badischen Volke auf die Dauer
keinen Boden finden können und daß dasselbe stets wie-
der zur Pflege der liberalen Traditionen unseres Landes
zurückkehren wird.
Wir sind demgeinäß nicht gewillt, die Grundlagen
unserer bewährten, die Staatshoheitsrechte
Mit Nachdruck zur Geltung bringenden Gesetzgebung
auf dem Gebiete des Verhältnisses von Staat und Kirche
sowie auf jenem des Unterrichts und des Stiftungs-
Wesens in Frage stellen zu lassen, und werden etwaigen
Persuchen, an diesen Grundlagen zu rütteln, mit Ent-
schiedenheit begegnen. Dagegen wird die für das Volk
so wichtige und bedeutsame Erfüllung der hohen Auf-
gaben unserer Kirchen auf sittlich-religiösem Gebiet
auch in Zukunft unsere nachhaltige Unterstützung er-
sohren, wie denn auch die von dem Landtag 1897—98
auf zehn Jahre hinaus beschlosfeve Gewährung bedeu-
tender staatlicher Mittel zur Besserstellung der Geistlichen
Unter wesentlicher Förderung und einstimmiger Ge-
nehmigung unserer Partei zustande gekommen ist.
Der aus dem letzten Landtag auf Anregung der na-
tionalliberalen Partei beschlossenen Aufhebung der Wit-
wenkassenbeiträge werden sich aller Voraussicht nach auf
dem bevorstehenden Landtage weitere Maßnahmen an-
reihen, welche aus eine Aufbesserung der Bezüge der Be-
amten und Volksschullehrer abzielen. Wir stehen den
desfallsigen Ansichten wohlwollend gegeüüber und wer-
den begründeten Anliegen ans diesem Gebiet Erfüllung
SU verschaffen suchen. Insbesondere sind wir auch mit
der Einreihung der Volksschullehrer in den Gehalts-
tarif einverstanden, wie uns denn auch die Aufhebung
des- Z 38 des Elem.-Unterr.-Ges. eine Notwendigkeit
Zu siiin scheint.
Den Verhältnissen von Händel und Industrie, von
Gewerbe und Landwirtschaft unsere fortdauernde Auf-
merksamkeit zuzuwenden, an der ökonomischen Hebung
dieser Berufszweige mitzuwirken und den hierauf sich
Achtenden Maßnahmen der Gesetzgebung kräftige För-
derung angedeihen zu lassen, halten wir für eine Haupt-
aufgabe der nationalliberalen Partei.
Wir werden daher auch zu einen: gerechtenAus-
lll e i ch der verschiedenartigen Interessen derAngehörigen
dieser Stände auf steuerlichem Gebiete, wozu die be-
vorstehende Gesetzgebung wegen Einführung einer Ver-
mögenssteuer ausgiebige Gelegenheit bieten wird, gerne

mithelfen und überhaupt Alles befördern, was zur Er-
haltung und Stärkung eines leistungsfähigen Mittel-
standes beitragen kann.
Mit Rücksicht daraus, daß es aber vielfach mehr die
mit dem Gemeindeverband als die mit dem Staats-
verband verknüpften Abgaben sind, welche
von den: Einzelnen als lästig empfunden werden,
werden wir die von uns schon auf dem letzten Landtag
begonnenen Bemühungen fortsetzen, durch eine starke
staatliche Subvention der Kreise zugunsten bestimmter
gemeinnützigerUnternehmungen eine indirekte Entlastung
der Gemeinden herbeiznführen und besonders bedürf-
tigen Gemeinden durch Zuwendung reichlicherer Bei-
hilfejn zur Bestreitung des Gemßindeaufwands eine
erhöhte staatliche Unterstützung unmittelbar zuteil wer-
den zu lassen.
Ein günstiges Fortschreiten unserer wirtschaftlichen
Verhältnisse versprechen wir uns namentlich auch von
einem weiteren Ausbau unseres staatlichen
Eisenbahnnetzes, von einer rationellen För-
derung unseres Kleinbahnwesens, sowie von
einer gesunden Eissnbahntarifpolitik, in
welchen Richtungen nichts versäumt werden soll, was
mit der Aufrechterhaltung geordneter Zustände in un-
serem Staatshaushalt vereinbar ist. Zwei schwere Un-
fälle, von denen unsere Eisenbahnverwaltung im abge-
laufenen Jahre betroffen worden ist, werden selbstver-
ständlich zu eingehender und gewissenhafter Prüfung
der Frage Anlaß zu geben haben, ob diö Einrichtung
unseres Eisenbahnbetriebes den Anforderungen des
mächtig gestiegenen Personen- und Güterverkehrs noch
überall genügen, oder ob wesentliche Aenderungen auf
diesem Gebiet erforderlich sind. Es scheinen uns aber
die erwähnter: Unfälle die absprechende Beurteilung un-
seres einheimischen Eisenbahnwesens überhaupt, wie
solche in der letzten Zeit wiederholt zu Tage getreten ist,
nicht gä rechtfertigen, und wir sind der Meinung, daß
unsere badischen Bahnen dem Vergleich mit anderen
Bahnen noch lange nicht aus dem Wege zu gehen brau-
chen, und daß zu einem Aufgeben unserer Selbständigkeit
im Eisenbahnwesen keine Veranlassung vorliegt.
Wir sind von partikularistischer Gesinnung weit ent-
fernt und geben dem Reiche freudig, was des Reiches ist.
Wir wollen aber auch auf der anderen Seite die Ein-
richtungen, welche nach der Reichsverfassung dem Ein-
zelstaat zur selbständigen Fortführung verblieben sind,
ihm zu erhalten und eine den Anforderungen der Zeit
entsprechende weitere Ausgestaltung derselben zu er-
reichen suchen.
Wir werden indeß nicht auf wirtschaftlichem, sondern
auch auf politischem Gebiet für eine, zwar jede
Ueberstürzring vermeidende, aber auch überlebte Formen
preisgebende Weiterentwickelung unserer Institution ein-
treten. Was insbesondere die Ersetzung des indirekten
Landtags Wahlrechts durch das direkte an-
belangt, so hat sich mit diesem Schritt die am 20. Januar
d. I. in Karlsruhe abgehaltene Landesversammlnng
unserer Partei mit der Maßgabe einverstanden erklärt,
daß die Städte, welche mehrere Abgeordnete zu wählen
haben, in Wahlbezirke eingekeilt werden, in denen je
ein Abgeordnete^ gewählt wird, daß alle vier Jahre eine
Gesamterneuerung der Kammer erfolgt und daß eine Re-
organisation der Ersten Kammer im Sinne einer stär-
keren Vertretung der Interessen des Handels, der In-
dustrie, der Landwirtschaft und der größeren Städte
des Landes in dieser Korporation bewirkt wird. Wir
werden an diesem, nahezu einstimmig gefaßten Bei
Wusse, dessen Durchführung uns keine wichtigen Staats-
interessen zu gefährden scheint, aus den von uns des
Oefteren dargelegten Gründen festhaltan und können
nur wünschen und hoffen, daß auch die Großh. Regierung
die Hand zu einer befriedigenden Lösung dieser Frage
bieten möge.
Die in verschiedenen Landesteilen immer noch vor-
handene Unzufriedenheit darüber, daß die Wahl der
Bürgermeister und Gemeinderäte nur in
Gemeinden von weniger als 1000 Einwohnern von
den Bürgern direkt, sonst aber durch die Bürgeraus-
schüsse zu vollziehen ist, wird uns zu neuerlicher
Prüfung der Frage Anlaß geben, ob nicht ohne
Schädigung wichtiger Interessen die betreffende Einwoh-
nerzahl höher gegriffen werden kann. Unter allen Um-
ständenmüssenwiraberdaran festhalten,daß dieGemein-
den in erster Reihe wirtschaftliche Jnter-
e s sen verbände sind und daß daher auf ihre Ver-
fassung und Verwaltung die Grundsätze, welche, im Po-
litischen Leben als maßgebend angesehen werden, nicht
ohne weiteres übertragen werden können.
Im klebrigen wird in allen Fragen, die an uns heran-
treten, unser Bestreben allezeit darauf gerichtet sein, das
Wohl des Landes zur Richtschnur zu nehmen, stets die
Sache im Auge zu behalten und mit allen Kräften dazu
beizutragen, daß die Volksvertretung sin Verein mit den
beiden anderen gesetzgebenden Faktoren gute, unserem
Lande nützliche, positive Arbeit schasst.
Der Wortlaut dieser Ansprache wurde vom Engeren
Ausschuß und den Abgeordneten der Partei an: 21.
April in gemeinsamer Beratung festgesetzt. Der eigent-
liche Wahlaufruf wird erst im Spätsommer erscheinen.

Deutsches Reich.
— Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das folgende
Handschreiben des Kaisers an den Staatsminister
v. Miquel:
Ihrem wiederholten Gesuche um Entlassung aus den Aemtern
als Vizepräsident des Staatsministeriums und als Finanzminister
habe ich durch Erlaß vom heutigen Tage Folge gegeben. Mit
Bedauern sehe ich Sie aus Ihren bisherigen Stellungen scheiden,
in denen Sie sich so große Verdienste um mich, mein Haus und
das Vaterland erworben haben. Wenn es bisher gelungen ist,
den großen und neuen Aufgaben auf allen Gebieten der Staats-
verwaltung gerecht zu werden, so ist dies nicht im geringsten
Teile Ihnen zu verdanken, der Sie mit sachkundiger, glücklicher
Hand die neue finanzielle Grundlage für den preußischen Staat
geschaffen haben, auf deren Festigkeit auch in der Zukunft ge-
rechnet und gebaut werden kann. Es ist mir ein herzliches Be-
dürfnis, Ihnen für die treue und segensreiche Arbeit und Ihre
aufopfernde Hingebung, womit Sie Ihrer verantwortungsvollen
Aemter gewaltet haben, meinen wärmsten Dank auszusprechen.
Um aber Ihre großen Erfahrungen und Ihre hervorragende
Kraft dem Staate ferner zu erholten, habe ich Sie als Zeichen
meines besonderen Vertrauens auf Lebenszeit in's Herrenhaus
berufen. In steter Dankbarkeit verbleibe ich allerzeit Ihr wohl-
geneigter Wilhelm. R.
— Für den Norddeutschen Lloyd wird wieder
ein neuer 10 000 Tonnen-Dampfer in Fahrt gestellt, und-
zwar der Dampfer Neckar. Dieser zählt zu den Dampfern
der Rhein-Klasse, zu der außerdem noch der „Rhein" und
„Main" gehören. Der Brutto-Raumgehalt beträgt etwa
10 200 Registertonnen, die Wasserverdrängung etwa 17 700
Tonnen. Er erhält Einrichtungen für 140 Passagiere
erster, 150 zweiter Klasse und ist zugleich imstande, bei
voller Ausnutzung der Räume etwa 2600 Passagiere dritter
Klasse zu befördern. Diese volle Personenzahl ist beim
ersten deutschen Truppentransport nach China auf dem
Schwesterschiff „Rhein" geladen worden.
— Die Reichstagskommission für das Süßstoff«
gesetz beendete die zweite Lesung und nahm mit ÜK
gegen 7 Stimmen das ganze Gesetz an.
— Der Seniorenkonvent des Re ich 8«
tages beschloß, die wichtigsten Vorlagen noch in diese«
Session zu erledigen, und setzte die PfsingstferieN
vom 14. Mai bis 4. Juni fest,
— Viel besprochen wird in politischen Kreisen dev
dem Oberpräsidenten von Brandenburg V.B ethman n-
Hollweg, erteilte vierwöchentliche Urlaub. Viel-
leicht nicht mit Unrecht wird dieser „Urlaub" -darauf
zurückgeführt, daß Herr v. Bethmann den ihm thatsächlW
angebotenen Posten eines Ministers des Innern abge-
lehnt bezw. die Uebernahme von gewissen, auf diel
Wahrung seines konservativen Parteiinteresses
bezüglichen Bedingungen abhängig gemacht hat. Daß
man aus diese Bedingungen an maßgebender Stelle
nicht eingegangen ist, wird in politischen Kreisen als
ein Beweis dafür angesehen, daß die extrem-konserva-
tiven Neigungen und Forderungen vorläufig keine
Aussicht Haber:, Gehör zu finden.
— Es soll unlängst gegenüber den auch in der Re-
gierung befürworteten Wünschen, für die Reichstags-
abgeordneten Diäten zu bewilligen, das Wort gefallen
sein: „Den Kerls auch noch Diäten. Ich gebe den Kerls
keine Diäten."
— Der jetzige Bestand an kriegsinvaliden Offi-
zieren und oberen Beamten aller Kriege beträgt 2760.
Deutscher Reichstag. Berlin, 7. Mai. Der Präsi-
dent teilt mit, daß der Abg. Moeller-Duisburg infolge
seiner Ernennung zum preußischen Handelsminister sein
Mandat niedergelegt habe.
Es folgt eine Interpellation Albrecht, die lantet: Ist
dem Reichskanzler bekannt, daß die für Errichtung und Betrieb
chemischer Fabriken geltenden Vorschriften gegenüber den chemi-
schen Fabriken i n Gri es h ei m außer Acht gelassen sino?
Was gedenkt der Reichskanzler zu thun, um derartige Ungesetz-
lichkeiten künftig zu verhindern?
In Begründung der Interpellation führt der Abg. Hoch
(Soz ) aus: 24 Personen seien bei dem Unglück in Griesheim
umgckommen. Dieser Unfall habe gezeigt, daß für die Genehmigung
konzessionspflichtiger Anlagen die zuständige Behörde in Wies-
baden diejenigen Pflichten außer Acht gelassen habe, die ihr durch
das Reichsgesetz auferlegt sind. Die Behörde hätte zu prüfen,
ob die geplanten Anlagen erhebliche Gefahr für das Publikum
herbeiführen können. Nur der günstigen Windrichtung sei es zu
danken, daß die in der Nähe befindlichen großen Benzinbehälter
nicht in die Luft geflogen seien. Die Hydranten hätten fast völlig
versagt. Die Arbeiter nennten diese Fabriken Schlachthäuser.
Für 2000 Arbeiter sei nur ein Arzt angestellt, der »och eine
große Privatpraxis ausübe. Deshalb hätten die Fabriken fort-
während Arbeitermangel. Die Arbeiter würden überangestrengt.
Der Unfall'sei frivol provoziert durch Nachlässigkeit der Behörde.
Es sei die Untersuchung eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen.
Staatssekretär Dr. Graf v. PosadowSky erklärt: Da die
Untersuchung eingcleitet sei, hätten die Sozialdemokraten doch
»och einige Wochen mit ihrer Interpellation warten sollen- Viele
Zeugen lügen krank, deshalb könne auch ein objektiver Bericht
noch nicht vorliegen. Im vorliegenden Fall werfe sich die Frage
auf, ob etwa die Konzessionierungsbedingungen chemischer Fabriken
zu wenig scharf gestellt seien. Pikrinsäure an sich sei kein Explo-
sivstoff, werde aber zur Herstellung solcher verwendet. Die Ge-
fahr der Explosion besteht nur während des Trockenprozesses für
Pikrinsäure. Nach dem derzeitigen Stande der Untersuchung sei
die Explosion in einem Stadium erfolgt, in dem man bisher
die Pikrinsäure nicht für explostonsfähtg gehalten habe, also
im Stadium der Feuchtigkeit. In einem Teile der Fabrik, in
 
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