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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-76 (1. März 1901 - 30. März 1901)
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Samstag, 23. März IM.

Erstes Blatt.

43. Jahrgang. — ür. 7V.




Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 4(HPfg.
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeig enpreis: 20 Pfg. für die Ispaltlge Petitzeile oder deren Raum. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Anschlag der Inserate auf den Plakattafeln der
und dm Plakatsäulen. — Fernsprcch-Anschluß Nr. 82.

Durch die Post be-
Heidelberger Zeitung

Vom Burenkrieg.
London, 22. März. Dem Parlament find die
Schriftstücke über die Friedmsverhandlunge« mit den
Bme» nunmehr zugegangen. Nach diesen Schriftstücken
waren die Bedingungen, welche den Buren ange-
boten, von Bot ha aber ab ge lehnt wurden, folgende:
Sobald sich alle Burenstreitkräfte ergeben haben, gewährt
die englische Regierung in den Kolonien Transvaal und
Oranje e ne Amnestie. Gegen die Engländer aber, die aus
Natal oder der Kapkolonie stammen, soll nach den in diesen
Kolonieen während des Krieges zur Anwendung gelangten
Ausnahmegesetzen verfahren werden. Die auf Helena, Cey-
lon und anderswo in Kriegsgefangenschaft befindlichen
Buren sollen in die Heimat zurück befördert werden. Die jetzige
Militärbehörde soll durch eine Zivilverwaltung ersetzt wer-
den. Es soll ferner im weitesten Maße Selbstregierung
Augestauden werden.
Die gesetzgebende Körperschaft solle zusammengesetzt wer-
den aus einer bestimmten Zuhl von Mitgliedern, die teils
von der Reichsregierung bezeichnet, teils von den Burghern
gewählt werden, mit einem Vertreter der Krone an der
Spitze jedes Staates. Das Kircheneigentum und der Be-
sitz öffentlicher Gesellschaften, sowie die Fonds für Waisen
sollen respektiert werden. Die englische und die holländische
Sprache sollen in gleicher Weise zur Anwendung gelangen.
Die englische Regierung kann nicht verantwortlich gemacht
werden für die Schulden, welche die letzten republikanischen
Verwaltungen gemacht haben, sie ist aber bereis, eine
Summe von nicht über einer Million Pfund St-eclstg zur
Deckung von Schadenersatzansprüchen zu bewi^igen. Den
Farmern soll für ihre Verluste im Kriege S Beistand dirch
eine Anleihe gewährt werb-m. Kriegssieuep/ sollen die F,r-
Wcr nicht bezahlen. Diejen.J-' Pvr.<tzhers, welche dz
Schutzes durch Feuerwaffen bedüt^ck, sollen die ErlWhM
erhalten, Waffen zu tragen, wenn sie sich sillln EAndnis-
schcin geben und sich in eine Liste eintragen lassen. Den
Koffern soll in beschränktem Maße das Stimmrecht ge-
währt werden. Wenn eine das Volk vertretende Regierung
eingerichtet wird, soll die gesetzliche Stellung der Farbigen
i« ähnlicher Weise geregelt werden, wie in der Kapkolonie.
Dem „Daily Chronicle" zufolge ist das Haupthinder-
nis des Abschlusses der Verhandlungen zwischen dem Buren-
sührer Botha und L ord Kitchen er gewesen, daß letzterer
es ablehnte, den Häuptern der Aufständischen am Kap voll-
ständige Amnestie zu bewilligen. Die haupt-
sächlichsten angebotenen Bedingungen seien folgende: Eine
den beiden früheren Rcpublcken zu bewilligende Autonomie,
Wie sie auf Jamaika bestehe, die unmittelbar nach dem
Aufhören der Feindseligkeit n eintreten sollte.

Deutsches Reich.
— Der Kaiser unternahm gestern (Freitag) Mittag
seine ersteAussahrt und fuhr mit derKaiserin
Ul geschlossenem Wagen zum Mausoleum in Charlotten-
durg, wo die Majestäten, anläßlich des Geburtstages
Kaisers Wilhelm des Ersten einen Kranz niederlegten.
Darauf kehrten die Majestäten nach dem Schlosse zurück.

— Das Präsidium des Reichstages wurde gestern um
drei Viertel ein Uhr von Seiner Majestät dem. Kaiser
empfangen und sprach die Gefühle der Entrüstung des
Reichstages über den Anschlag in Bremen, sowie seine
Glückwünsche zur Genesung aus. Der Kaiser, dersehr
wohl aussah, nahm die Glückwünsche huldvollst ent-
gegen und unterhielt sich längere Zeit mit den drei Prä-
sidenten. Um 1 Uhr empfing der Kaiser das Präsidium
des Abgeordnetenhauses.
Bade».
L.6. Karlsruhe, 22. März. Die Einnahmen der
Bad. Staatsbahnen weisen im Monat Februar gegen-
über dem gleichen Monat des Vorjahres einen bedenk-
lichen Rückgang auf. Während dieselben im Februar
1900 nach provisorischer Feststellung 4 853 950 Mk. be-
trugen, sind sie Heuer provisorisch auf nur 4 444 000 Mk.
berechnet. Gegen die definitiven Einnahmen im Februar
1900 würde sich das Defizit sogar auf 531105 Mk.
stellen. Der Rückgang ist hauptsächlich auf die Minder-
erträgnisse des Güterverkehrs zurückzusührcn und diese
wiederum auf die Eisenbahnpolitik Preußens, das Baden auf
jede Weise zu umgehen bestrebt ist.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
bisherigen Direktor der Deutschen Waffen- und Munitions-
fabriken, Obersten a. D. Alphons Casten Holz in Karlsruhe, das
Kommandeurkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen und dem als Prosektor an das anatomische Jnftiiut der
Universität Heidelberg berufenen Privatdozenten Dr. Hermann
Braus den Charakter eines außerordentlichen Professors ver-
liehen.
— Die Postpraktikanten Hans Al brecht aus Tborn und
Johann Diederichs aus Saarlouis wurden zu Postsekretären
ernannt.
— Es wurden die Finanzassistenten Josef Merklin bei
dem Großh. Steuerkommissär für den Bezirk Meßkirch und
Josef Rei n b o lz bei dem Großh. Steuerkommiffär für den
Bezirk Lahr als Steuerkommissärasstsientm etatmäßig oogestellt.
Karlsruhe, 22. März. Die Prinzessin Amölie zu
Füistenberg kehrte heute Früh nach Baden zurück. Die
Großherzogsichen Herrschaften brachten den heutigen Vor-
mittag mit dem Prinzen und der Prinzessin von Sachsen-
Weimar vereint zu bis gegen 11 Uhr. Hierauf besuchten
Ihre Hoheiten noch die Fürstin Sophie zur Lippe und be-
gaben sich dann mit der Großherzogin zum Hauptbahnhof,
von wo die Abreise Nach Stuttgart 11 Uhr 42 Minuten
erfolgte. Der Vortrag des Ministers Dr. Büchenberg«
konnte heute nicht stattfinden, da der Minister schon einige
Tage unwohl ist. Der Großherzog hörte heute Vormittag
den Vortrag des Geheimen Legasionsrals Dr. Freiherrn
von Babo. Nachmittags und abends nahm Seine König-
liche Hoheit die Vorträge des Majors von Schwerin und
des LegationsratS Dr. Scyb entgegen.

Ausland.
Frankreich.
Paris, 22. März. Eine Gruppe von 45 in Peters-
burg lebenden Schriftstellern, darunter hervor-
ragende Persönlichkeiten, verbreitet ans Paris einen
I^r^rm^n^^^r^tz^e^esamtN^Welt^vorin^ie^a^

die Zensur sie daran hindert, auszusprechen, was sich vor
ihren Augen abspielte, zur Veröffentlichung des folgenden
Berichts über die von ihnen festgestellten Roheiten
der russischen Polizeigewalt auffordert.
Am 17. März sprengte in Petersburg auf dem Kasan-
platze die Polizei auf eine friedliche, wehrlose Menge von
mehreren tausend Personen ein und schlug mit unmensch-
licher Grausamkeit um sich. Kosaken umstellten die Menge,
schossen auf sie, schlugen mit Knuten drein und die Pferde
traten aus die Unglücklichen, die gestürzt waren, die Po-
lizei schlug rücksichtslos zu mit Fäusten und Säbeln. Die
Personen, die gegen diese Roheit Einspruch erhoben, dar-
unter Offiziere in Uniform, wurden mißhandelt und ver-
haftet.
England.
— Die Wirkungen der L y d d i t g e s ch o s s e, auf
die man in England für den Burenkrieg so große Hoff-
nungen gesetzt hatte, haben dort wenig befriedigt, ma«
will es daher mit anderen Mitteln versuchen, um die Her-
stellung des Pulvers für Artilleriezwecke zu übertrumpfen^
Das Kriegsamt hat ein Rundschreiben an die Fabrikanten
von Explosivstoffen erlassen, in welchem dieselben aufgr-
fordert werden, neue Sprengstoffe zum Zwecke vertrau-
licher Prüfung vorzulegen. Zugleich empfiehlt das
Rundschreiben den Genannten für England eine ähnliche
Einrichtung zu schaffen wie die von Interessenten gegrün-
dete „Zentralstelle für wissenschaftliche Untersuchungen i«
Berlin"; das Rundschreiben giebt eine Uebersicht über
das Entstehen der Zentralstelle und eine eingehende Be-
schreibung der Einrichtung und der Leitung sowie der
Kosten.
Spanien.
— Der Finanzminister richtete ein Rundschreiben an
alle Steuereinnehmer mit der Aufforderung, für die richtige
Besteuerung der Klöster zu sorgen. Der Madrider
HandelsWrband wandte sich an alle Handelsverbünde und
Arbeitervereine Spaniens mit dem Ersuchen, sich seinem
Gesuch, daß den Klöstern überhaupt Industrie und Handel
untersagt werden, anzuschließen. Der Unterrichtsininister
unterbreitete dem Mmisterrat ein Rundschreiben an die
Rektoren der Universitäten, das die vollständige Religions-
freiheit der Professoren wiederherstellt.
Asien.
— Die „Kölnische Zeitung" meldet aus Peking
vom 21.: Ein gelber kaiserlicher Erlaß, wie er
in Nr. 10 der Friedensbedingungen vorgesehen ist
(Strafandrohung für fremdenfeindliche Gesellschaften), ist an
allen Mauerecken der Stadt angeschlagen. Die Volks-
haufen drängen sich vor die Anschläge, um den Erlaß zu
lesen.

Die Erbauung zweier neuer Bolksschulhäuser
in Heidelberg.
i.
Unter den Vorlagen, welche der Stadtrat dem Bürgeraus»
sckuß für die nächste Sitzung unterbreitet, befinden sich zwei,
welche die Erbauung neuer Volksschulhäuser betreffen. Es
handelt sich um den Ersatz des V o lk s s ch u l hau s e s 1,
das dem Neubau der Universitätsbibliothek zum Opfer fällt,
und um den Bau eines Volksschulhauses im Stadtteil Neuen-
heim.
Was den Ersatz des Volksschu ! hauses I anbetrifft,
so ist bekw'ntlicb mit Rücksicht auf denselben seinerzeit das

Kleine Zeitung.
— Dortmund. 19. März. Der Streit zwischen
Eisenbahnsiskus und dem Landwirt
^chillinginHukardebei Dortmund, der mit der
Anem westfälischen Bauern eigenen Zähigkeit an seinem
Necht sesthält, fängt jetzt an, erst recht interessant zu wer-
den. Nachdem der Gerichtsvollzieher seinen Auftrag,
sich aus das vollstreckbare Urteil stützte, wie mitge-
Mt, nicht ausführen konnte, da er der Gewalt, die ihm
"w Eisenbahn beim Aufreitzen des Schienenstranges ent-
Jegenbrachte, weichen mußte, wurde hiergegen sofort Be-
schwerde eingelegt. Du zweite Zivilkammer
hiesigen Landgerichts hat heute Morgen darauf hin
?ern Gerichtsvollzieher vollständig Recht gege-
ben und einen Beschluß dahin gefaßt, daß der Eisenbahn-
Verwaltung auszugeben sei, innerhalb einer be-
sttwmten Frist das Schilling'sche Grundstück von Schutt
Und Schienen zusäubern, widrigenfalls der Beschluß
?uf Kosten der Bahn durchgeführt werde. Man darf ge-
wannt daraus sein, wie sich die Eisenbahn jetzt zu der
D>ache verhalten wird. Die Schienen kurzer Hand ver-
legen, geht nicht, da es sich um das Hauptgeleise der Em»
Aerthalbahu handelt, das täglich gebraucht wird. Die
J?ohn wird sich jetzt auch jedenfalls Wohl hüten, den Ge-
^Vollzieher an seiner Arbeit zu hindern; auf Grund
^ Beschlusses des Landgerichts müssen auf Anordnung
Sicherheitsorgane, das heißt, die Lokalpolizeibe-
^orden, dem Gerichtsvollzieher bei Erledigung seines Auf-
Zvges Schutz angedeihen lassen. Die Bahn wird, wenn
sisiZws dieser unangenehmen Situation herauskommen
E, dem Landwirt Schilling das Grundstück für jeden

Preis, und sollte letzterer auch noch so hoch sein, abkaufen
müssen.
— Ermordung eines Dresdener Komponisten in der
Straßenbahn. Eine Künstlertragödie hat sich gestern in
Dresden abgespielt; der bekannte dortige Kammermusi-
ker Gungl wurde das Opfer eins Racheattentats seiner
ehemaligen Geliebten. Der Berliner Lokalanz. erhält
über den bedauerlichen Vorfall folgendes Telegramm:
Dresden, 21. März. Nach der gestrigen Premiere von
Bungerts „Nausikaa" bestieg Gungl, der Primgeiger
des Dresdener Hoftheaters, nach der Vorstellung, in der
er seinen Part glänzend spielte, eine elektrische Bahn,
die nach Blasewitz führt. Während der Fahrt nahm eine
Dame, die ihm gefolgt war, einen Revolver und richtete
diesen vor allen Fahrgästen gegen den Künstler. Ein
Schuß und Gungl sank, tätlich getroffen, zusammen. Die
Dame wurde verhaftet, sie ist die geschiedene Frau eines
Eisenbahndirektors; die Scheidung erfolgte auf Grund
ihrer Beziehungen zu dem Künstler, den sie mit einer ge-
radezu schwärmerischen Neigung verfolgte. Als Gungl
die Beziehungen abbrach, folgte sie ihm überall hin; sie
schwor Rache für ihr verlorenes Liebes- und Lebensglück,
und gestern führte sie die That aus. Gungl war ein her-
vorragender Violonist und hat sich auch als Komponist
der Oper „Attila" einen Namen gemacht. Er war mit
der Konrposition einer neuen Oper beschäftigt, zu der
Maurice, der ausgezeichnete Regisseur der Dresdener Hof-
oper, das Buch schrieb. Der Ermordete war unverhei-
ratet und lebte bei seinen Eltern. Die Mörderin ist
Mutter mehrerer Kinder, ihre älteste Tochter ist bereits
16 Jahre alt.

— Die Pcnsionsanstalt deutscher Journalisten und
Schriftsteller (E. V.) veröffentlicht soeben einen Auszug
aus ihrem demnächst erscheinenden Geschäftsberichte für
1900. Wir entnehmen dem Berichte, daß die Anstalt im
abgelaufenen Jahre nach verschiedenen Richtungen hin er-
freuliche Erfolge erzielte und mit einem Gesamtüberschuß
von 38 400 -F abgeschlossen hat. An Mitgliederbeiträgen
und Eintrittsgeldern wurden 56 300 an Zinsen
19 500 -ckk, an außerordentlichen Einnahmen 18 000 «4k
vereinnahmt. Das Vermächtnis des Schriftstellers A.
Demmin-Wiesbaden, das zum ersten Male in dem Rech-
nungsabschluß erscheint, beziffert sich auf 21 300 Die
Zinsen der „Demminstistung" dienen zu einer weiteren
Erhöhung der Zuschüsse zu den Alters- und Invaliden-
renten. Das Gesamtvermögen der Anstalt betrug Ende
des verflossenen Jahres 574 000 (470 000 «F i. V.)
und hat sich bis zur Fertigstellung des Berichtes auf
600 000 «F erhöht. Von dem Vermögen der Anstalt
waren Ende 1900 616 000 -F in pupillarisch sicheren
Hypothekdarlehen angelegt. Die Anstalt zählte Ende des
verflossenen Jahres 656 ordentliche Mitglieder mit 565
Versicherungen, 22 Pensionäre und 189 außerordentliche
Mitglieder. Das Ergebniß der technischen Bilanz ist wie-
derum als ein durchaus günstiges zu bezeichnen. Herr
Professor Dr. Wolf, der bekannte Versicherungstechniker,
schließt sein Gutachten mit den Worten: „Ich darf nach
bestem Wissen und Gewissen der Ueberzeugung Ausdruck
geben, daß die Pensionsanstalt deutscher Journalisten und
Schriftsteller in München sich fortgesetzt als gut fundiert
erweist und strengen versicherungstechnischen Ansprüchen
voll genügt." — Der Auszug, sowie die übrigen Druck-
sachen der Anstalt, werden jederzeit kostenlos vom Bureau,
 
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