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Heidelberger Zeitung (43) — 1901 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar 1901 - 28. Februar 1901)
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Donnerstag, 28. Februar 1901

Erstes BlüLt.

43. Jahrgang. — üir. 50


WkMlM

s-L.»
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Erscheint täglich^ Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 60 Pfg. frei in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40,'Pfg. Durch die Post ^be-
zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.
Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum- Für hiesige Geschäfts- und Privatanzcigen ermäßigt. — Anschlag der'Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung
und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anschluß Nr. 82.


Bestellungen
auf die
Heidelberger Zeitung
für den Monat


März
dwlle man sofort bei unseren Trägern, in den Zweig-
stellen, bei den kaiserlichen Postanstalten oder bei den Post-
boten machen.
Der Preis der „Heidelberger Zeitung" für den Monat
beträgt SV Pfg. von unseren Trägern in's Haus ge-
bracht, 4V Pfg. bei Abholung im Verlage oder bei
Unseren Zweigstellen.
I>er Mertag.

Die Fürsorge für die invaliden Krieger.
In der Budgetkommission des Reichstags wurde vor-
gestern drei Stunden hindurch der Etat des Jnvaliden-
vnds beraten.
Der Berichterstatter Graf Oriola beantragte bei dem
Titel, der die Unterstützung der hilfsbedürftigen Kriegs-
teilnehmer vorsieht, eine Erhöhung dieses Titels,
4 080 000» Mk., um weitere 800 000 Mk. in der An-
nahme, daß damit allen Ansprüchen der hilfsbedürftig an-
erkannten Veteranen genügt sei. Der Staatssekretär
v. Thielmann erklärte jedoch, daß die Voraussetzung
des Berichterstatters insofern irrig sei, als die Zahl der
inzwischen als bedürftig anerkannten wesentlich größer
lei, als man bisher vermutet habe. Bis zum 1. Februar
seien nicht weniger als 7342 anerkannte Kriegs-
teilnehmer vorhanden gewesen, die bisher die Unter-
stützung von 120 Mk. nicht hätten erhalten können; dabei
sei Preußen mit ganz besonders hohen Ziffern, mit 6145,
>M Rückstände, während Hessen nur 6, Mecklenburg-Strelitz
Nicht einen einzigen Veteranen habe, der als hilfsbedürftig
erkannt worden sei und die Unterstützung nicht erhielte.
Die Abgg. Speck und Graf Oriola beantragen auf
Grund dieser überraschend hohen Zahlen eine weitere Er-
höhung des Titels und einigten sich schließlich auf einen
Betrag von 5 200 000 Mk. Graf Roon, der sonst mit
Warmen Interesse für die Kriegsteilnehmer eingetreten war,
wachte jedoch seine Bedenken geltend, ob man diese Summe
weiter dem Jnvalidensonds entnehmen könne. Man solle
lieber einen bcsondern Titel in den Ausgaben vorsehen,
Um den Jnvalidensonds seiner eigentlichen Bestimmung zu
erhalten. Der Abg. Dr. Paaschebat den Staatssekretär
Um möglichst genaue Angaben darüber, wie viel anerkannte
Beteranen in den einzelnen Staaten vorhanden seien; er
wachte nicht mit Unrecht darauf aufmerksam, daß, wenn
bie oben mitgeteilten Zahlen bekannt würden, zu leicht
Ein wahrer Wettlauf bei den anderen Staaten entstehen
könne, um aus dem gemeinsamen Säckel möglichst viel
sür die bedürftigen Veteranen herauszuschlagen. Die Ge-
fahr liege unbestreitbar vor, daß dann jede Gemeinde-
Und Kreisverwallung für ihre Angehörigen thatkräftig
sorgen wolle, und die Verpflichtungen können ins Un-

Stadt-Theater.

T Heidelberg, 28. Februar.
„DasNachtlagerinGranada", romantische Oper
w 2 Akten von Konradin Kreutzer. Zum Benefiz für Frl.
Elsa Hesch.
Fräulein Hesch gehört mit Recht zu den beliebtesten
Mitgliedern unserer Oper. Sie hat sich während der Zeit
wres Hierseins durch ihre stets von künstlerischem Geiste
öctragenen Leistungen, durch ihre stimmlich und darstellerisch
öleich treffliche Wiedergabe der verschiedenartigsten Partieen,
"Urch ernstes Streben und völliges Aufgehen in ihrer je-
weiligen Aufgabe die aufrichtigste Anerkennung des Publi-
Mms erworben. Sollte sie, wie wir hören, mit dieser
Saison von hier scheiden, so wird man im nächsten Winter
!'e ungern vermissen, und ihre Nachfolgerin dürfte einen
IHwcren Stand haben, sie vollständig zu ersetzen. Wie
lEhr man sie hier schätzen gelernt, war aus dem zahlreichen
Gesuch ihrer gestrigen Benefizvorstellung, dem warmen
Wpfang und dem rauschenden Beifall, der ihr zu Teil
Wrde, deutlich zu ersehen. Die Gabriele gehört wohl zu
Eh bxstxi, Partieen der Künstlerin; ihre schönen Stimm-
ittel, ihr graziöses, ausdrucksvolles Spiel kommen hier
Wz besonders zur Geltung, und es ist aus diesem Grunde
!? Wahl des „Nachtlagers" für ihren Ehrenabend sehr
öNnstig gewesen.
. Kreutzers „romantische Oper" gehört jener Kategorie
^N Bühnenwerken an, welche man zu bezeichnen pflegt als
^ „Philistertum" in der Oper. Zwischen den unerreich-

gemessene wachsen, wenn man nicht ungefähr statistische
Grundlagen habe, um wie viel es sich handeln könne.
Staatssekretär v. Thielmann erklärte demgegenüber,
daß genaue Zahlen über die noch lebenden Kriegsteilnehmer
ihm nicht bekannt seien. Nach seiner Schätzung könnten
es noch etwa 600 000 sein, und wenn davon bereits
42 000 als hilfsbedürftig anerkannt seien, könne man
wohl annehmen, daß man mit der Definition „hilfs-
bedürftig" nicht allzu engherzig sei. Der Etat für 1902
werde um 50—70 Millionen ungünstiger abschließen als
der bisherige. In einer derartigen finanziellen Lage
würde man nicht die ordentlichen Ausgaben des Reiches
noch weiter belasten wollen, sondern müsse sich nach wie
vor an den Jnvalidenfond halten, wenn auch vorherzu-
schen sei, daß dieser, wie auch Abg. Dr. Paasche schon
hervorgehoben, in etwa zehn Jahren verbraucht
sei würde, wenn jetzt die vom Reichstag gewünschte Er-
höhung der Jnvalidenpensionen durchgeführt würde.
Die Kommission nahm aber den Antrag auf
Erhöhung des Titels auf 5200000 Mk. einstimmig
an, wobei als Maßstab für die Verteilung die Zahl der
am 1. April 1901 vorhandenen hilfsbedürftigen Veteranen
maßgebend sein solle. Die Kommission nahm ferner einen
Antrag Speck an, möglichst neues Material zur Beurtei-
lung der Frage beizubringen, und ebeMv einen weiteren
Antrag, den einmal Anerkannten möglichst bald die Rente
zu zahlen. _
Neue Chinavorlage.
Berlin, 27. Febr. Den Abendblättern zufolge ging
dem Bundesrat der Nach tra gs kredi t für 1901 zu,
enthaltend die zweite Forderung für die China-Expe-
dition in Höhe von 120 682 000 Mk., sowie eine Forde-
rung von 2 302 733 Mk. für andere Zwecke. Von den
chinesischen Forderungen fallen auf das Heer 100200 000,
die Marine 17500000, Post und Telegraphen 1285 000,
Pensionen u. s. w. 43? 000, Denkmünzen 160 000, Unter-
stützung von Familien der Teilnehmer 700 000, Kabel-
verbindung Tsintau-Tschifu und Tsintau-Shanghai
400 000 Mk.
Die Erläuterung besagt, die Ziele der Expedition seien
unverändert; das Eingreifen der Mächte besserte die
Lage in China langsam, aber möglichst und stetig.
Der deutsche Oberbefehl brachte Einheitlichkeit
in die militärischen Operationen; die g ünsti ge Wirkung
blieb nicht aus. Größere militärische Unternehmungen
über das besetzte Gebiet hinaus werden nicht mehr erforder-
lich sein, nur noch kleinere beruhigende Streifzüge
innerhalb desselben. Nachdem China die Note der Mächte
angenommen hatte, erscheint eine befriedigende
Beendigung der Wirren nunmehr gesichert, wenn
auch über den Zeitpunkt der Erreichung dieses Zieles be-
stimmte Voraussetzungen noch unmöglich sind. Die weiteren
Verhandlungen betreffen Einzelfragen, namentlich die Ent-
schädigungen und entsprechende finanzielle Veranstaltungen.
Behufs des hierzu nötigen militärischen Druckes ist die
un v er ände rte Bel as s u ng derdeutschen Streit-
kräfte in China vorläufig unerläßlich und daher der

Kostenbedarf aufeinvollesRechnungsjahr veranschlagt.
Wenn die Streitkräfte, was aller Wahrscheinlichkeit nach
anzunehmen ist, vor dem 31. März 1902 ganz oder teil-
weise zurückbefördert werden, so treten entsprechende Erspar-
nisse ein.
Unter den anderen Forderungen des Nachtragsetats be-
finden sich 100 000 Mk. zum Erwerb von Grundstücken in
Peking zur Erweiterung und Sicherung der deutschen Ge-
sandtschaftsanlage, 60 000 Mk. als persönliche Zulage an
die Gesandtschafts- und Kansulatsbeamten in China,
163500 Mk. für Gebäudeankauf für die Gesandtschaft in
Bern, 93000 Mk. für die Erweiterung der Dienstwohnung
des Staatssekretärs des Auswärtigen und 224 000 Mk.
zur Instandsetzung der Dienstwohnung des Reichskanzlers.

Rußland und die Mantschurei. H
' Durch die Times wird jetzt der Wortlaut des russisch -
chinesischen Vertrags vom 11. November 1900 bekannt,
durch den die Mantsckurei thatsächlich an Rußland aus-
geliefert worden ist. Man kann sich eines Lächelns nicht
erwehren, wenn man in dem Vertrag liest, daß Rußland
den Wunsch hegt, die chinesische Regierung möge in der
Mantschurei ihre frühere „bewundernswerte Verwaltung"
wieder aufnehmen. Der Sinn des Vertrags ist dann der,
daß der Tatarengeneral, der die Zivil- und Militärgewalt
in sich vereinigt, nach Mukden zurückkehren soll, während
dort zugleich ein russischer Resident mit allgemeiner
Aufsichtsvollmacht an gestellt wird. Rußland sichert
sich eine feste militärische Stellung und ist berechtigt, jeder-
zeit einzugreifen, wenn die dem Tatarengeneral zur Ver-
fügung stehende Polizei- und Militärgewalt nicht ausreicht.
Die Vereinbarung wird als eine zeitweilige bezeichnet, doch
ist eine Frist nicht gesetzt und man darf sicher sein, daß
Rußland eine neue Vereinbarung nur treffen wird, wenn
es dadurch noch mehr gewinnt, als es durch diesen Ver-
trag schon erreicht hat.
Im englischen Unt-rhause hat die Regierung die
Richtigkeit der Angaben über den Vertrag im wesentlichen
zugegeben. Die englische Presse und das englische Publi-
kum, soweit es sich mit Politik beschäftigt, sind durch das
Bekanntwerden des Vertragsinhalts aufs neue in Erregung
versetzt. Bezeichnend sind folgende Bemerkungen der Daily
Mail: „Dies Abkommen gibt Rußland einfach alles.
Die Mantschurei wird thatsächlich, wenn auch nicht dem
Namen nach, russische Provinz. Die offene Thüre wird
uns einfach vor der Nass zugeschlagen. Wir haben kein
entsprechendes Entgelt für unsere stille Genehmigung dieses
Zustandes erhalten; wir hofften eine Anerkennung unserer
heute ziemlich schattenhaften Anrechte im Jangtsethale er-
halten zu können, die nunmehr vielleicht morgen von
Rußland kühn angefochteu werden. Es bleibt uns nur
die ergötzliche russische Zusicherung, daß die Vereinbarung
nur zeitweiliger Natur sei; wir möchten dabei daran er-
innern, daß das ganze chinesische Reich nur zeitweiligen
Charakter hat und nur bestehen wird, bis Rußland sich
bereit fühlt, es aufzusaugen und zu verdauen."

ten Höhen des Gluck'schen, Mozarl'schen und Wagner'schen
musikalischen Dramas plätschert hier selbstzufrieden und ver-
gnüglich das seichte Bächlein billiger Melodik und süßlicher
Lyrik, und siehe da! über ein halbes Jahrhundert alt bis
auf den heutigen Tag, als ob nie eine „Iphigenie in
Tauris", nie ein „Don Giovanni", nie ein „Ring des
Nibelungen" geschrieben worden wäre, erfreut sich das
„Nachtlager in Granada" einer erstaunlichen Beliebtheit.
Üonn^ ooit, <fui wal ^ xsnss. Neben der hübsch durch-
geführten Mädchenfigur Gabrielens kann höchstens der
incognito reisende Prinzregent Interesse erwecken, und das
nur musikalisch. Herr v. Keller wurde den Anforderun-
gen seiner Partie in vollem Maße gerecht; wie immer
wußte er durch seine schöne Stimme zu wirken, insbesondere
in der großen Szene des zweiten Aktes, wobei allerdings
einige Unsicherheit störte. Herr Schade sang den jungen
Hirten recht wacker, und das Trio der drei Bösewichter, die
Herren v. Hunyady, Runskyund Pa ul, war musikalisch
und mimisch von guter Wirkung. Besonders erfreulich waren
wieder unter Radigs Leitung die orchestralen Leistungen
an §ros st sn ästail, z. B. die temperamentvolle Wieder-
gabe der Ouvertüre und das von Konzertmeister Grau
mit tadelloser Reinheit gespielte Violinsolo.
Daß man die Verwandlungsszene des zweiten Aktes
mit ihrem mehr als erlaubt in der „Liedertafelweis'" gehen-
den Jägerchore der Vergessenheit entriß, scheint mir eine
unnötige Pietät zu sein. 0. .8.

Kleine Zeitung.
— Lambrecht (Pfalz), 25. Febr. Einen nachahmungs-
werten Beschluß faßte gestern die eigens zu diesem Zwecke
einberufene Bürgerversammlung unseres Fabrikstädt-
chens. Sie stimmte nämlich ausnahmslos für Aufnahme
eines Darlehens von 60000 Mark zur Beschaffung ^on
Arbeiterwohnungen. Der Betrag soll dem ge-
meinnützigen Bauverein zur Behebung der großen Woh-
nungsnot zur Verfügung gestellt werden.
— Aus Thüringen, 24. Febr. Nach einer der „Franks.
Ztg." zugehenden Mitteilung würde in den Adern des
Burenpräsidenten Krüger thüringer Blut fließen. Danach
stammt der Vater des Präsidenten aus Ohrdruf. Als
der Sohn des dortigen Apothekers Krüger verließ er mit
19 Jahren das elterliche Haus, ohne daß seine Angehörigen
wußten, wohin er sich gewendet hatte. Er wanderte nach
der Kapkolonie ans und wurde Farmer. Zu Kölleda
am Khffhäuser lebe eine Base des Präsidenten, die mit ihm
auch in brieflichen Beziehungen stehe.

— Boshaft. A.: ..
geisterter Vegetarianer?"
ein.Früchte!'!"

. Also der Assessor ist so ein be-
B.: „Gewiß! Sogar sein Sohn ist

Von der Welt, der unbequemen,
Willst du keine Lunde nehmen —
Herzchen, sei auch nicht ergrimmt,
Wenn sie von dir keine nimmt.
Friedrich Rücker t.
 
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