Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0198

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
schurei gebracht. Offenbar im Verfolge des umfassenden
Planes, die Provinz so rasch als möglich zu kolonisieren,
wird dies ini bisherigen Maßstabe fortgesetzt. ,So wer-
den, ehe der für die endgültige Räumung festgesetzte Zeit-
Punkt da ist, etwa 10 000 russische Zivilpersonen, die in
der Mantschurei, in Port Arthur und Dalui Lebenden
eingeschlossen, vorhandeu sein.

46. Sitzung des Badischen Eisenbahnrats.

Den vorläufigen Mitteilungen lassen wir nachstehenden
weiteren Bericht folgen:

1. Mitteilung derGeneraldirektion über
den 4. Nachtrag zum Verzeichnis der Aus-
nahmetarife. Der Gegenstand gibt zu Erörterungen
kcinen Anlaß. Erwähnt sci die seit 1. Mai d. I. eingcführte
neue Frachtberechnung für Langholz des Sp.-T. 2 und Lang-
eiscn bci Verladung auf cin Paar Schemel- und Kuppelwagen.
durch welche Neucrung in bielen Fällen einc nicht unwesentliche
Frachtermäßigung, sowie eine Erleichterung in der Wazenge-
staltung eintritt. Die Generaldirektion berichtet ferner über
die Erfahrungen mit dem seit 10. August giltigen Expreßgut-
Ausnahmetarif für landwirtschaftliche Erzeugnisse und gibt
über den Umfang der Benützung ziffernmäßigen Aufschluß.
Schwierigkeiten für den Betrieb haben sich nicht ergeben. Jn
Aussicht genommen sei die Hinaufsetzung des Höchstgewichts
des einzelnen Frachtstückes von 25 auf 50 Kilozramm, die Auf-
nahme von Setzlingen aller Art in den Ausnahmetarif und
dessen Cinführung im Wechselverkehr mit Württemberq, wo-
selbst der Tarif ebenfalls bestehe.

2. Beratung des Entwurfs zum Winter-
fahrpl a n 1003-04. Die Generaldirektion führt aus, daß
der vorliegende Entwurf zum Winterfahrplan im Gegensatz
zu den vergangenen Jahren die Aufhebung nicht nur der für
den stärkeren Reise- und Ausflugverkehr im Sommer vorge-
sehenen, sondern auch einer Reihe anderer Züge aufweise. Es
seicn dies Züge,^ für welche sich bei den infolge des niederen
Standes der Eisenbahnrente angestellten Erhebungen eine so
geringe Benützung erzeben habe, daß ihre Ausführung, die zur
Zeit einer Hochgehenden Geschäftskonjunktur zur weiteren Er-
leichterung des Verkehrs beschlossen und beibehalten werden
könnte, nicht mehr länger gerechtfertigt erscheine. Die Wah-
rung des finanziellen Jnteresses sei um so dringender not-
wcndig, als eine wesentliche Hebung des Verkehrs vorläufig
kaum zu erwarten sei. Jm Berlauf der sich hieran anschlie-
ßenden Einzelberatung des Fahrplan-Entwurfes wurde bei
einer Rcihe der zahlreichcn Anträge und Wünschc crneut cin-
gehende Prüfung zugesagt.

Außerhalb der Tazesordnung tciltc dic Gencraldirektion
mit, daß mit der vor einer Reihe von Jahren auf zahlreichen
Strccken durchgcführten Abschaffung der 1. Wagen-
klasse auf Grund neuerdings angestellter Erhebungen
w e i t e r g e g a n g en werden soll. Diese Klasse werde i n
den Personenzügcn sämtlicher Strecken mit
vcrcinzclten Ausnahmcn (durchgchende Wagcn, Gemeinschafts-
strecken) wegfallen. Man erhofft von dieser Maßregel den
Vortcil ciner bcsseren Wagenausnützung, währcnd sich etwa
auftretenden Unzuträglichkeitcn in Bezug auf Fahrkarten-
lösung und -Benützunz wohl werde begegncn lassen. Dem
Vorgehen wurde aus der Mitte der Versammlung zugestimmt.

Bus Stadt uud Land.

Heidelbsrg. 29. Juli.

— Das Schloßfest, welches gelegentlich der Zentenarfeier
dcr Erncucrung der Univcrsität am Donncrstag, den 6. August
abends stattfindet, wird mit zestern eingetroffener Geneh-
mitzung der Großh. Domänendirektion am Samstag, den 8.
und am Montag, dcn 10. August wiederholt werden.
damit größcre Kreise der Bevölkerung an demselben teilnehmen
können. Aus Anlaß der bciden Wiederholungen wird cinc
entsprcchende Zahl von Karten gcgcn Eintrittsgeld ausgegcben
wexdcn. Das Nähere hicrüber wird in den nächsten Tagcn
bekannt gegeben werden. i" : ., ..,

X Die Heidclbtrger Straßenbahn wird vom 1. August
d. I. ab für alle Sonderwagen, welche nach Schluß des V«-
triebes gefahren werden, wie die Wagen zu den Theater- und
Zirkusvorstellungcn und bei Schloßbeleuchtungen usw. einen
Einheitstaris von 20 Pfennig, auch für Abonnenten ohne Rück-
sicht auf die Länge der zu durchfahrenden Strecke, zur Ein-
führung bringcn.

— Gruiidstiickskäufe i»i Mouat Juui 19L3. (Schluß).

Verkäufer: Friedr. Aug. Grün, Färbcreibcsitzer, Käufcr:
Rudergesellschaft Heidclberg, Objekt: 4 Ar 40 Qm. Bauplatz
an der Schlierbachcrlandstraße. Preis: 2640 Mark.

V.: Franz Ehmann, Schreiner hier, K.: Ludw. Mcnzer
Ehefr., Kaufmann hier, O.: Haus Nr. 1 Fifchcrgasse 64 Qm.
Pr. 14 000 Mark.

V.: Gebr. Ammann hier, K.: Stadtgcmcinde Hcidclberg,
O. 8 Ar 84 Qm. Hofraite mit Gebäude Nr. 3—5 der Zwin-
gerstraßc. Pr. 68 000 Mark.

V.: Friedrich Mayer Wwe. Erben von hier, K.: Gz. Holtz-
mann Ehcfrau, Kaufmann hier, O.: Haus Rr. 14 Klingen-
tcichstraße, 26 Ar 47 Qm. Pr.: 56 500 Mark.

V.: Joh. Ad. Gamber, Lokomotivführer hier, K.: Joh. Gg.
Bartmann Ehel., Bäckerei hicr, O.: Haus Nr. 30 der Kaiserstr.,
2 Ar 59 Qm„ Pr.: 100 000 Mk.

V.: Sebastian Jollasse, Kaufmann Ehel., K.: Firma Kasp.
Sauter hier, O.: 40 Qm. Hausgarten an der Ladenburgerstr.,
Pr.: 800 Mk.

V.: Martin Rimmler, Lokomotivführer, K.: Alfr. Tansel,
Privatmann, O.: Haus Nr. 39 Speyererlandstr., 2 Ar 28 Qm„
Pr.: 30 000 Mt.

! bruch und Körperverletzung 13 Mk. Geldstrafe; Georg Schenk
Ehefrau von hier wegen Betrugs 16 Mark Geldstrafe; Sofie
Karoline geb. Spiegel wegen desgleichen 15 Mk. Geldstrafe;
Philipp Jakob Fießer von Eppelheim wegen Körperverletzung
5 Mark Geldstrafe; Friedrich Bcrgmann, Kutscher von hier,
wegen Beleidigung und Uebcrtretung der Paragraphen 360
und 361 Abs. 10 R.-St.-G.-B. 11 Mark Geldstrafe; Georg
Barth von hier wegen Bedrohung 10 Mark Geldstrafe; Egidius
Schwab von Gaiberg wegcn Bedrohung und Uebertretung des
Paragraphen 366 Abs. 7 R.-St.-G.-B. 3 Tage Haft und 2
Wochen Gefängnis; die Verhandlung gegcn Anton Erles von
Gauangelloch wegen Diebstahls wurde vertagt.

/X Weinheim, 28. Juli. (Der billige Mann) hat
seinen Rotwein zu 30 Pfg. das Liter nicht zur Einweihung des
Rodensteinerbrunnens angeboten, sondern durch Jnserat im
Lokalblatt allgemein offeriert, wodurch die Polizei auf ihn
aufmerksam wurde usw. Der Wein für das Fest war längst
angeschafft; es war hiesiges Gewächs und wie der Schreiber
dicses, dcs cs am Brunnen selbst zekostet hat, rühmen muß.
ein exquisiter Tropfcn.

Mannheim, 28. Juli. (Zu dem Regattaunglück
in Mainz.) Die Leiche des ertrunkenen Freier ist bei
Bingen geländet worden. Sie wird nach Mannheim ver-
bracht wcrden.

UI Rastatt, 28. Juli. (Fubiläum.) Sein lOOjähriges
Bestehen konnte das „Rastatter Tageblatt" am heutigen Tage
begehen. Aus dicsem Anlaß überreicht die Geschäftsleitung
allcn Abonnentcn eine Schrift, die den Entwicklungsgang dcs
Blattes, die Entstehung und Entwicklung des Zeitungswesens
und einen kurzen Ueberblick über den Betrieb der Zeitung dar-
legt. Fernc« ist der Jubiläumsgabe eine Faksimileausgabe der
ersten Nummer des „Rastatter Wochcnblattcs" vom 28. Juli
1803 beigelegt.

Wertheim, 28. Juli. (H aup t v e r s am m l u n g des
badlschen Hiauptbereins der Gustav-Adolf-
stiftung.) An Stelle des wegen Geschäftsüberhäufnng von
der von ihm seit 25 Fahren vorzüglich geführten Leitung zurück-
getretenen Obcrkirchenrats Zäringer ist Stadtpfarrer Zandt
in L a h r zum 1. Vorsitzenden auf 5 Jahre gewählt worden.
Damit wird der Vorort des Vereins von Karlsruhe nach Lahr
verlegt.

Konstanz, 28. Juli. (Vor dem hiesizen Schwur-
gericht) begann gestern Vormittag die Berhandlung gegen
den 65 Jahre altcn Seidenbandweber Gottfried Brenner
von Rippolingcn wcgen Ermordung dcr cigencn
15jährigen Tochter, und den 19jährigcn Schühmacher-
lehrling Fridolin Brenner von Rippolingen, einen Bruder
der Ermordctcn, wcgen Beihilfe zum Mord. Als Sach-
verständige sind anwesend Bezirksarzt Dr. Löff von Säckinzen,
Dr. Baer-Waldshut und Prof. Dr. Hoche, Dircktor dcr Psycho-
logischen Klinik in Freiburg. ' Der Sohn ist schwerhörig unö
war 6 Wochen in Freiburg zur Beobachtung seines Geistes-
zustandes. Währcnd die Geschworenen dcn Eid leisten, lächelt
er wiederholt. Beide Angeklagte sind noch nicht vorbestraft.
Gottfried Brenner hat bekanntlich vor einigen Tagen ein Ge-
ständnis abgelcgt, dasselbe abcr dann vor Abfassung dcs Pro-
tokolls zurückgezogen. Er leugnet auch heute die Tat. Zucrst
wird in Abwesenheit des Vaters der Sohn vernommcn. Er
kämpft sichtlich lange mit eincm Entschluß; endlich sazt er:
„Der Vater hat's halt gcmacht, wie ich es angegeben habe."
Aus dem Verhör geht hervor, daß Brcnner alt seine Angehöri-
gcn wicderholt mißhandclt und mit Ermordcn gcdroht hat.
Mit der Tochter Agathe, die nach dem Tode der Muttcr die
Haushaltung besorgen mußte, war er besonders unzufrieden.
„Er muß auch sonst etwas mit ihr gchabt habcn," mcinte dcr
Sohn. Ain Freitag, den 30. Mai, sagte der Vater, jetzt sei es
Zeit; es müffe sein. „Am Samstag Morgen, nachdcm die
übrigcn Geschwister in die Fabrik zcgangen warcn, und die
Agathe mit Bettmachen beschäftigt war, rief mich der Vater.
Jch mußte unter der offenen Kammertür aufpafsen, ob nie-
mand komme. Der Vater faßte die Agathe von hin-
ten am Hals, warf sie auf den Boden und erwürgte
sie. Er rief mich, ihr die Füße und Hände zu halten. Der
Kampf dauertc ctwa 5 Minutcn. Jch sagtc vorhcr wicdcrholt,
er solle sie dach gehcn lassen, abcr der Vatcr drohte, wenn ich
nicht helfe ging es mir auch schlecht. Es m üsse geschehen.
Rach der Tat befahl er, die Leiche liegen zu lassen, bis sie kalt
werde, damit sie kein Blut verliere." Rach vollbrachter Tat
frühstückten beide. Am Nachmittag fägte Brenner die bciden
Füße ab, damit die Leiche besser in einen Sack ginge. Der Sack
kam in einen Korb, dieser wurde zugedeckt und an die Seite ge-
stellt. Die abzesägten Füße, Kleider uno Schuhe wurden ver-
brannt. Später habe ich die Leiche vergrabcn. Als die Schwe-
stern am Abend nach Hause kamcn, fragten sie gleich nach
Agathe; ich erwiderte, sie sei fortgegangcn. Sonntag früb
ging ich zur Kirchc, am Abend in die Maibetstunde. Wieder-
holt äußerten die Schwestern Zweifel, ob Agathe wirklich fort-
gegangen sei. — Fridolin Brcnner hat nach der Tat Reue em-
pfunden und dreimal einen Selbstmordversuch gemacht. Der
wieder vorgeführte Brenncr leugnet trotz des Geständnisses
seines Sohnes: „Und wenn Sie mir den Kopf abschneiden,
blcib' ich dabei, ich hab' sie nicht getötet." Nach der Mittags-
pause Ipird das Verhör Gottfried Brenners fortgesetzt. Es
werden ihm verschiedene Widersprüche in seinen Aussagen nach-
gewiescn. Jn die Enge getricbcn, erklärt cr stereotyy: „Jch
hab' sie nicht getötet, nicht töten sehen und weiß nichts von ihr."
Der Untersuchungsrichter von Waldshut, Landgerichtsrat Gut.
rcferi'ert über dic Voruntersuchung und übcr dic von dcn bci-
den Angeklagten während derselben gemachten Angaben. Gott-
fried B. sei geistig normal, jcdoch cynisch und roh; Fridolin B.
sei geistig sehr schwach und jedenfalls sich der Strafbarkeit und
Schwerc der Tat nicht voll bewutzt. Bürgermcister-Ww. Gaß-
mann macht verschiedene Angaben, die Gottfried B. als roh
und grob hinstcllcn.

Aus Baden. Jn Berlin und Breslau ist dem „Don. Wochen-
blatt" zufolge je eine Uhrgrohhandlung in Konkurs geraten.
Der Schwarzwald soll mit ca. 150 000 Mk. beteiligt sein.
Der Platz Villingcn ist nicht dabei engagiert.

V.: Wilhelm Reis, Fabrikant, Erben von hier, K.: Stadt-
gcmcindc Hcidelberg, O.: 1. Häuscr Berghcimerstr. Nr. 7 uud
Eppelheimerstr. Nr. 24, 44 Ar 57 Qm.; 2. 19 Ar 17 Qm.
Acker und Wiese Ncckarspitz; 3. 19 Ar 17 Qm. Acker und Wiese
allda; 4. 15 Ar 64 Qm. Ackcr und Wiese allda; 5. 10 Ar
64 Qm. Acker und Wiese allda; 6. 25 Ar 10 Qm. Acker und
Wicse allda; Pr.: 236 000 Mk.

V.: Oskar Schepp, Kaufmann hier, K.: Martin Schweikart,
Kaufmann hier, O.: Haus Nr. 77 Hauptstr., 4 Ar 64 Qm„
Pr.: 235 000 Mk„ Jnventar 5000 Mk.

V.: Gg. Hauck hier, Karl Vcth hier und Alois Veth hier,
K.: Joh. Friedr. Wcismehl, Hauptlehrer Ehel. hier, O.: 3 Ar
60 Om. Bauplatz in der Zähringerstr., Pr.: 12 000 Mk.

V.: Jakob Schelling, Lokomotivheizer hier, K.: Joh. Jak.
Hock, Privatmann hier, O.: Haus Nr. 47 der Speycrerlandstr.,
2 Ar 85 Qm„ Pr.: 35 000 Mk.

— Berichtigung. Jn den Mitteilungen der hiesigen Han-
dclskammer im gestrigen 2. Blatt ist Zeile 18 von oben zu
lcscn: die „v e r t r a g l i ch e" Regelung, statt „vortreffliche"
Rcgelung.

V Schöffengerichts-Sitzung vom 27. Juli. Adam
Mcrz, Karl Mcrz und Otto Friedrich Hubcr von
hicr sind wegcn Körpervcrletzung angeklagt, es erhieltcn A.
Mcrz 20 Mark, K. Mcrz 10 Mark und O. Huber 5 Mark
Geldstrafe; Paul Max Hobjan in Haft erhielt weg. Diebstahls
2 Wochen Haft; Jakob Hilpel von hier wegen Hausfriedens-

Handel und Verkehr.

Mannsteim, 23. Juli. Oberrhsinische Bank 96.00 G.,
B. Rhein. Creditbank 139.25 B.. 139 00 G. Rhein. Hyp.-
Bank 190.25 B- 190.50 G„ Branerei Kleinlein, Heidelberg —B.,
178.— G. Schroedl'sche Branerei Heidelberg —.— B., 190.— G.
Portland-Zement Heidelberg —.— B„ 105.— G_

Wafferstandsnachrichten.

N e ck a r.

Heidelberg, 29., 1,26 gef. 0,04 m
Heilbronn 28.. 0.69, ger. 0.10 m
Mannheim, 28,4.93, gef.0.03w

R b e i n.

Lauterburg 28,5.12, gei. 0.18m
Maxan 28.. 5,22, gef. 0.20w

Mannhetm. 28., 5.09, gef. 0.04w

Neuette Nachrichten.

I' Köln, 28. Iuli. Ter „Köln. Ztg." wird aus Fez
über Tanger bom 24. ds M. telegraphiert: Wie erwartet,
ist der Sultan mit den Vorbereitungen zum Abmarsch nach
Tazza nicht fertig geworden. Er hat vorläuftg ein offe-
nes Zeltlager an der alten Sebu-Brücke bezogen außer-
halb der Stadt und 5 .Ailometer östlich von Bab-el-Ftoh.
Alle Ministec und der gesamte Hofstaat sind ebenfalls

dort. Der Sultan ist wahrfcheinlich entschlofsen, sein ver-
Ivrenes Ansehen wieder einzubringen durch volkstümliche
Maßregeln. So wnrde dem englischen Festungs-Jnstruk-
teur, Sir Harry t>Rac Lean, nnd allen ynderen sremden
Beamten verboten, die Stadt in der Richtung des Zelt-
lagers zu verlassen. Die Europäer beginnen jabzureisen,
um der befürchteten Ausweisung znvorzukommen. Tie
Stellung der europäischen Hofbeamten gilt sür erschüttert.

6 Bcrlin, 28. Juli. Die Abendblätter melden: Ter
Kaiser überwies den königlich e- n Museen
als Geschenk ein äußerst wertvolles Gemälde von Ru-
bens, darstellend Diana und .Nymphen, von Satyren
verfolgt.

K Chnr, 28. Juli. Am Sonntag stürzte beim Edel-
weißpflücken vom Piz Julier der in St. Moritz beschäf-
tigte, 21jährige Elektriker Max Schwippert aus Koblenz.
ab und kam ums Leben.

II Pnris, 28. Juli. Jn Notre-Tame wnrde hente
vom Nuntius Lorenzelli ein seierticher Trauergottesdienst
sür den Papst äbgchalten. Loubet, Combes imd mehrere
Minister hatten Vertreter zur Teilnahme gesandt. Unter
den Anwesenden befanden sich Telcasse, Minister Andr^,
Z-ran Loubet sowie die Mitglieder des diplomatischen
Korps, Deputierte, Senatoren und Vertreter von Ver-
einen. > Vor der Kirche hatten sich trotz des Regens einigs
Neugierige eingefundsn; eine Person, die Schmähruse aus
die Geistlichkeit ausstieß, wurde verhaftet.

I Paris, 28. Juli. Wegen der nach der Trauerseier in
Notre-Dame vor der Kirche vercmstalteten Kundgebungen wur--
den 8 Personen verhaftet. Die Verhaftungen wurden jedoch
nicht aufrecht erhaltcn.

O London, 28. Juli. (Unterhaus.) Jn der heutigen
Beratung der Bill betr. die Brüsseler Zuckerkonvention führte
der Handelsminister, Gerald Balfour, aus, die bona sides-
Englands erfordert die Annahme der Bill, und wir können von
dcn eingegangenen Verpflichtungen nicht, ohne in Mißkredit zu
zeraten, zurücktrcten. Wir habcn die Konvcntion ratifizicrt
mit der ausdrücklichen Reserve bezüglich der Anwendung Ler
Strafbestimmung auf Prämicnzucker aus unseren Kölonien„
Bei der Erörterung der Entscheidungen der ständigen Kommis-
sion bemerkte der Minister, wir haben allen Grund, zu glau-
ben, datz Oesterreich-Ungarn und Frankreich ihr Zuckersteuer-
system in Einklang mit den Bcstimmungen der Brüsscler
Konvention bringen werden. Wir haben nur die Bestimmun-
gen der Bill anzuwenden, welche der Eiufuhr von Prämien-
zucker aus Rußland, Argentinien, Chile und Peru verbietet,
vorausgesetzt, daß keines dieser Länder der Konvention bei-
tritt oder seine Zuckersteuergesetzgebung entsprechend ändert„
Aber die zesamte Zuckereinfuhr aus diesen Ländern beträgt
nur cin Dreißigstel der gesamten Zuckereinfuhr Englands..
Jch glaube, die Brüsscler Konvention wird eine Pcriode mä-
ßiger und stabiler Preise zur Folge haben und dcn Zuckerhan-
del von den heftigen Schwankungen befreien, welche das Prä-
micnsyftcm verursacht hat. Die Konvention hat dem Kartcll-
shstem einen furchtbaren Schlag versetzt. Lough und Gibson
Bowles sprechen sich gegen den Beitritt zur Brüsseler Konven-
tion aus. Lehtcrer fragt an, welche Gründe dcr Handclsmini-
ster für seine Annähme habe, daß Oesterreich und Ungarn
ihre Zuckergesetzgebung abändcrn würden, und ob die Re-
gierung dic Zuckcrcinfuhr aus Lcstcrreich-Ungarn vcrbicten
würde, wenn diese Abänderung nicht erfolgt.

Rom, 28. Fnli. Tie Königin-Witwe Margheritn
ist hier eingetroffen. Morgen srüh wird der König ein-
ireffen, um der aus Anlaß des Jahrestages des Todes-
des Königs Humbert siattfindenden Gedächtnisfeier beizu-
wohnen.

Petersburg, 28. Jnli. Der Kommandant des deut-
schen Schulschifses „Stein", Fregattenkapitän Dom-
browski, folgte gestern einer Einladung des Kai-
sers zur Besichtigung des Feldlagers in Krasnoje Sselo.
Nach der Bestchtigung wurde der Kömmandant zur Tasel
und nach derselben zur Theateroorstellnng zngezogen. Vor-
her hatte er sich beim Kaiser gemeldet.

Reichenhalt, 28. Juli. Wie der hier erscheinende
„Grenzbote" meldet, befindet sich der Bu renobe r st
SchieI wieder schwer leidend im hiesigen Krankenhause.
Sein Zustand soll hoffnnngslos sein.

Belgrad, 28. Juli. Neuerdings werden in der Pro-
vinz Rundschrei'ben verbreitet, die alle wahren Bauern
auffordern, eincr n e u z u b i l d e n d e n Bauern -
partei beizntreten, deren Programm sein soll, gegen
das am Mark des Landes zehrende BeamtentuM
Front zu machen.

Zur bevorstehenden Papstwahl.

Das Kollegium der Ltardinäle hat den Beginn des
Konklaves anf den 31. Jnli festgesetzt. Der Hos
von San Tamaso ist in eine große Werkstätte umgewan-
delt, und es wurde auch am Sonntag gearbeitet. Der
Kardinalkämmerer Oreglia erscheint oft nnter den Ar-
beitern und spricht mit ihnen aüs das leutseligste. Er fühlb
sich ganz als Soüverän und kiebt es, sich in der Sonn^
seiner vielleicht nnr kurz währenden Macht zu betrachten
und auch bewundern zu lassen. Der päpstliche Hof ist
von ihm entzückt. Hinge,es von den Prälaten ab, so wäre
er der künftige Papst. Die Blätter ergehen sich in zahl-
losen Vcrmutuugen über den Ausgang des Konklaves, n»d
wie in früheren Zeiten wird auch jetzt auf diesen und
jenen Kandidaten fleißig gewcttet. Auf die W e t t b a » "
ken des 15. und 16. Jährhunders hinweisend, die in der
Straße der Banchi Vecchi während der Konklaveu
Pius' IV. und Sirtus V. ein schwunghaftes Wettgr-
schäft vermittelten, ist ein Bookmaker gestern öei der
lizei um die Erlaubnis eingekommen, auf der Piazza
Colonna ein Wettbureau zu eröffnen. Er wurde aber,
trotzdeni er die Hälfte des Ertrages den Armen zuwendru
wollte, abgewiesen mit dem Bedeuten, datz nach deM
16. Jahrhiindert die Wetten ans den kommenden Papi
von der Kirche nnt schweren wetttichen und geistlichen Stra"
fen belegt nnd verboten wnrden.

Rom, 28. Juli. Heute Morgen wurde eine gche""
Kardinalversamnilnng abgehalten 'nnd danach uui r
lthr in der Sixtinischen Kapelle der erste der drei von
 
Annotationen