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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 1 (Januar 1925)
DOI Artikel:
Müller, F. A.: Kunst und Uebung
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0013

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Schülerarbelt der Sbsrrealschule in Kolberg
... lZelchenl. Fritz Muller)

taner und Ler Primaner, >ni't Lem gieichen „Stoff"
lresaht werden, beispielsweise niit der Darstellu-ng des
Alenschen, die sich ja durch alle Altersstusen hln-
zieht, so slnd ldoch dle Aufgaben kelneswegs die-
lelben sondern grundverschieden.

Ich kann es daher nlcht verstehen, wle Herr Dr.
Sebald S6)warz in feinem Anfsatz „das Zeichnen in
der Neifeprllfung" (Kunst u. Zugend, Hefk 5 1924) da-
von sprechen kann, dah im Zelchnen, „wo iedsr Schü-
lsr für sich arbsitet nnd gestaltet, die ver chiedensten
Schuler nebeneinander in einer Klaffe sitzen können,
ohne sich zu fördern oder zu hemmen" und „datz der
Sextaner vor derselben Ausgabe stehe wie der Pri-
maner." Nichts davon ist richkig. Und darum ist
auch die Schchlutzfolgerung falsch, datz das Zeichnen
tür das Fortschreiten von Klasse zu Klasse von keiner
vesoirderen Bedeutung sein dürfe, dog also elne 4
im Zeichnen dle Bersehung nicht hindern dücfe. Der
Verfasser zieht nur diese eine Schlutzfolgerung, weil
'ie gerade zu seineni Gedankengang geyört. Es lietzen
ich aber aus jener Voraussetzungiwch'mehr Schlüsse
lehen, z. B. datz inan beliebige Klassen lnr Zeichnen
lombinieren könne, datz die Schüler zu jeder belie-
blgen Zeit — da sie ja in allen Klassen vor denselben
Aufgaben stehen — mit dem Zeichnen beglnnen und
aushören können, Folgerungvn, di«, ln dl« Tat umge-
setzt, das wüsteste Cyaos lm Zeichenunterricht er-
zeugen mlltzten.

Doch, wie gelagt, die Boraussetzung stimmt »ichi.
Es können nicht die verschisdensten Schüler neben-
einander ln einer Klasse sitzen, ohne sich zu fördern
oder zu heminen. Zede Stuse der Enlwicklung des
jugendlläzen Menschen erfordert besonders geartete
Bildungswerte, erfordert ihre desondere Sprache
nnd Lehrweise. ersordert ihre spezisischen Aufgaben,
wen n über y -a u p t a u f d er g l e i ch e n Dinge
noch Wert gelegt werden soll.

Das freilich ist richtig, und ich hebc das bcsonders
hervor, datz das Fortschreiten der Schülsr iin Zeich-
nen von Klasse zu Klasse nicht in dein Sinne an die
Bcwältigung von L i n z e l a u fga b e n gebunden
ist wie ln den Sprachen und in der Nralhematik. stn
diesen Disziplinen baut sich streng eineS auf das an-
üere und das ganze Lehrgebäude wird hinsällig, wenn
der Grund unsicher ist. Bon dieser logischen Strenge
ist im Kunstunterrichk nicht die Nede, und doch forderl
auch er, weil er wie alle erziehlichen Einwirkungen
sich an den lebenden Menschen wendel und dessen
Lebens- und Wachstumsgesehe berücksichtigen inutz,
datz alles zu rechter Zelt gelehrt und
i n naturgemätzer A uf s i n a nd c r fo lge
dargeboten werde. Nichl ist er kleinlich
darauf bsdacht, ja keinen „Stoff" zu versäumen, aber
er ist unablässig bemüht, alle Gestalk»ngskräfte der
Seele an geeigneken Äufgaben zur rechten Zeit zu
entwickeln. Wird diese rechke Zeii verpatzt, dann ist
es >in der Kunst wie im Leben: das Bersäumle ist
nicht wieder vollkommen einzuholsn. Die phantasie-

Schülerarbeit der SberreaMule in Kolberg
(Zeichenl. Fritz MSller)
 
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