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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 1 (Januar 1925)
DOI Artikel:
Lange, Karl Ernst: Eine falsche Schlußfolgerung: zum Artikel ''Das Zeichen in der Reifeprüfung" von Dr. Sebald Schwarz (1924, H. 5 S. 247)
DOI Artikel:
Voß, Karl: Zur Lehrplanfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0016

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Wer nicht ganz mit Froschsiitzen an der Obersläche
kl-bt, wirb eä erahnen.

Es wäre schier, u>n in Verzweiflung zu geraten,
wen» die Aussührungen nicht doch wenigstens einen
Lichiblick gäben. ^ .

gch meine nicht, die vechältnismäszig sreundliche
Stellungnahnie zuni Zeichnen inbezug auf die Aeife.
vrllfung. Datz die Pnlinge, dle sich einer Deu'-
leilung inbezug aus „Äeife" unterstellen, auch aus
Merte abgehorcht werden müssen, dielhnen durch alle
Disziplinen, die heute unter dem, unzulänglichen
^rainen „Zeichnen" gehen, eingeleitet, geweckl oder
„erpslegt" werden sollen, ilt mir und wohl allen Ein-
sichtigen, besler Tlef slchtigen, vollständig klar
und dlskutaoel nur eben deLhalb, weil Notwen-
Ligkeit bestebt, diese Tiesslcht auf der andern Seite
einnial erstehen zu lassen.

Neinl Die Hoffnungspunkte liegen an andrer
Stelle: in den einleitend angebrachten allaeineinen
Ausführungen über den Zeichenunterricht. Äan mutz
nur einmal die Erkenntnis ktar herauSschälen, um
zn sehen, was sür eine golüene Frucht sie ist.

Zeichnen Ist „nicht e I n e elnzelne DiSzi-
p l i n, so nd e r n D e r l r e l e r elnerganzan -
deren Art, die Welk aufzufafsen und
öem Ich Ausdruck zu gebena! s die WIs-
senscha.ften und verdlente In diesem
Sinne als Hauptfach gewertet zu
werde n." (Gesp. v. Derf.)

Bräche sich doch endlich einmal dle Erkenntnis
überall Bahn, dasi Zeichnen eben „nicht eine ein-
zelne Dlsziplin", ein „Fach" ift, sondern eine NeIhe
von Disziplinen, ein Bündel von Arbeits-
aebieten, ein Fächer von einzelnen „Fächern".
Sie aufzuzählen ist hier unnötig. Ungllickseligerwelse
umschliegl aile diese Gebiete der in feiner grotesken
llnzulänglichkeit majzlos irreführende Name „Zeich-
nen". Die Spannweite des Winkelmahes dieses
Fächers mit seinen Strahlungen von fast reln ge-
lllhlsnläbiger Einstellung lkünstlerisches Arbeilenl) über
„Äealien" hinwea bis zum matheinatischen Denken
(Aierspektive) isk^ groh, wie sie sich auf üer andern
Seite, bei den Wlsfenschaften, nur wiederfindet in
Lem Wege von Relitzion über Realien zu Mathe-
matik. Den Disziplinen der „Wissenschaft" stehen

gegenüber die Diszipllnsn Les „Zeichnens" lss
gibf eben noch kein anderes Wort) — wohlgemeikl:
In Anführungsstrichenl

Ienes ist die eine Art, Lieses die „andre Art,
die Welt aufzufassen".

Soweit steht Erkenntnis und Lrkeniitnis fask
gleich nebeneinander. Nur dllnkt mir, ziehen Lie Iin
Titel benannten Ausführiingen die Schluszfol-
gerungen falsch.

2ede „Art", die Welt aufzufassen, hat ihre Be-
rechtigung, und Wertunlerschiedlichkeitder Wege, die
zur Äett-Anschauung führen, gibt es nicht. Wor-
aus sich mit zwingendsr Folgerichligkeit ergibt, dasi
der Fächer der „Wissenschasten" g l e i 6) w e r t i g
dem Fächer der „zeichnerischen" Arbeilsgebiele ge-
genübersteht.

Also nlcht bloh: „eä mühte alä Hauplsach gewer-
tet werden, etwa gleichgestellt mit einec Sprache,
neln: es isk vlel mehr, In seiner vollen, unveikllm-
merten Auswirkung (die die Zukunft bringen wird)
nur gleichwertig der Summe „wissenschafllicher
Fächer".

So allein löst! sich daä .Problem" der Beurteilung:
Wertmah der Summe wissenschaftlicher Fächer
(eine Art, die Welt aufzufassen)

— Wertmaß der Summe „zeichnerischer" Fächer
(andere Art, die Welt aufzufassen)

ob äabresschluh oder Neifeprüfuna, isk gleich. —
Das Hallo auf der ganzen Linie der „Wissenschaftler"
ist vorauszusehen — gegen diesen „Gröszenwahn."
Äber das ist nicht zu fürchten; denn das wäre der
llbliche Wellenschlag an der Oberfläche. Wer tiefer
blickt und denkt, wer vor aliem in der Breile und
Tiefe sich um den sogenannten Zeichenunlerrlcht be-
müht, der wirü zu seinem Schrecksn gewahr werden,
dah er mir näher kommt.

Den ganz Trostlosen will ich aber verrakeii, dasz Ich
noch eine Komponenle der „Gesamtzenjur"
anerkenne, dle sich ergibt als Summe der Werle
aus all den (heute ebenfalls stark verkümmer-
ten) Disziplinen, die unter dem Namen Leibes-
übung gehen. Also kein bedauerlich enger Fach-
standpunkt, meine Herren!

Karl Crnst Lange.

Zur Lehrplanfrage

Krikische Bemerkungen

zu den Berllner Borschlägen und den Richtllnien
f. d. „Deutsche Oberschule".

1. Der pflichtmäbige Unterricht für Zsichnen ein-
schllejzllch Llnz und Kunstbetrachten nillszte ab
u II dretstündig sein, um dem reichen, fllr
alle Schlller wertvollen Stoff volt gerecht zu werden.

2. Elnseilig kllnstlerisch üder.technisch eingestell-

ter Unterricht würüe dem Prinzip der Persönlich-
keitsbildung nur unzureichend entsprechen; daher
darf das Lehrziel des Zeichen- und KunstunterrlchlS
nicht zu eng gefatzt werden. Bor allem lst -ie
Grlliidlage alles Zelchnens und Gestaltens, dte ge-
naue, idenkende und schauende Beobachtungj ideS
Degenständllchen, nicht zu mihachten. (Bertzleiche
den Bortrag HalmhuberS In Hannover.)

3. Berliefender wahlfreler Unterrlchl fllr künst-

terisch und technisch Weitsrstrebende ln enger Ber-
bindung mit Werkunterricht und Werkzeichnen ist
für alle Stufen dringend erwünschk, und zwar In VI
und V beginnend mik Paplerarbelt, Formr» unü
Basteln. (2 Wochenstunden.)

4. Der Schwerpunkt kunstbekrachtender und ge-
schmackhildender Ünlerwsisung liegt in der lebens-
vollen Wechselbeziehung zwischen belrachtender,
zeichnerischer und forinender Ausfllhrung. Äer Un-
ierrichtende muß die rechiiisch-klliisllerischeii Grund-
lagen dss Zeichnens, Malens, Formeiis uns Geslal-
tens beherrschen und eine tüchlige Geschmacksbil-
dung besihen, wenn er nlcht nur Workunlerrichl trei-
ben will; das gilt auch fllr dte sogen. „Querverbln-
dungen", z. B. mlk dem Deulschen (s. Nlchlllnlen s.
d. „Deutsche Oberschule unter „Schrifttum" u.
„Kunstbelrachlung").

5. Dl» Berteilung des kunsibelrachteiideii Stosfes
 
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