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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 8 (August 1925)
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Buchbesprechungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0230

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Buchbesprechungen.

Der MeM der Urzeit. Kunde über Lebensweise,
Svrache rmd Kultur des vorgeschichtlichen Menschen
in Europa und Asien von Heinrich Drien-
m ann: mit 4 Tafeln und 9ü Abbildungen im Text.
tsiinfte, neu bearbeitete Auslage (Verlag Strecker v.
Schröder in Stuttgart). Dein Werk üt em Wort von
Paul de Lagarde vorangestellt: „Bei weitem den
grösjken Teil seiner Bildnng erwirbt der Mensch vor
seinem sechsten Jahrv, vor dem Anfange des eigent-
lichen sog. Lernens: üei weitem den grösften Teil der

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lagen A,n Schlick koinmen, aute Auaabeu_ü1ier,^LU

noch Neste viner Urbevölkerung leben, deren Nassen-
typus und Nasseninstinkte in der alten wie in der
modernen Kulturmenschheit wieder durchgeschlagen
sind. An der Hand der Zusammenstellung des Vildes
von Tolstos mit dem eines alten Alno von der
Znsel Iesso wird die überraschende Aehnlichkeit nicht
nur im Typus, sondern auch in der Neigung zu vri-
miiiver Lebensweise sichtbar, wie sie einem Tolstos
eignete. Weiterhin wird dieser „Urrassengeist" bei
den grosten Philosovhen, Religionslehrern und Den-
kern, wie Üaotse, Buddha, Sokrates,
Plato, Schopenhauer, Jüsen, Nuskin,
Larli) le verfolgt, denen insgesamt die Anflehnung
gegen die sie umgebende Kulturwelt und ein Zug
zum Primitivismus, bzw. Vereinfachung nnd Ur-
sprünglichkeit des Lebens gegeniiber der Unnatur,
dem gleißnerischen Schein und der Lüge des Kultur-
ebens gemeinsam ist. Sie werden als wiederdurch-
chlagenve geistige Jnstinkte einer Urrasse ange-
prochen, die in vorgeschichtlicher Zeit von den Her-
renvölkern der Nrier und Eermanen in Eurasien, so-
wie der Akongolen nnd Malayen (Japaner) in Ost-
asien verdrängt und zersprengt worden sind. Preis
des empfehlenswerten Vuches M. 4.60. geL.

Willielm Albert: Kind als Eestalter. 2. Auflage.
VeMg der Frievr. Kornschen Vuchhandlnng, Nürn-
berg 1026 Eanz im Sinne hentiger Anschaunng ist
dem Vebfässer das Kind ein ganzer in sich abgeschlos-
sener Mensch. Man darf nicht mit Erziehungstheorien
an das Kinv herantreten, denn sie sind meist auf Ve-
obachtungen an Erwachsenen aufgebaut. Im 2. Ka-
pitel beschreibt er eingehend seine Veobachtungen auf
dem Eebiete des eideiischen Sehens und stellt daraus
Ernndsätze für erzieherische Maßnahmen aus. Leider
lätzt dieses Kapitel wegen der grotzen Fülle der Ein-
zelheiten viel an klarer Linienführung vermissen.
Dazu scheint mir eine Abweichung vom allgemeinen
Sprachgebranch bei den Begriffen Denken, Vorstellen,
Sehen für eine Klärniig der Erscheinung nicht vor-
teilhaft zu sein. Jm näcWen Kavitel spricht der Ver-
fasser vom „äutzeren" Sehen. Wird dem^WM gls
jolchem in seinem üildenden Wert fiir bewutztes
Sehen nicht zu viel Vedeutung beigemessen? Eründ-
liches Sehen erlvrnt man eben doch ans Eestalken.
Sehr wichtig ist der Teil: Kind als Bildgestalter. Der
Verfasser befindet sich hier anf dem richtigen Wege:
Miioerzeichnuiig ist Ausdruck, ist ein Stück Kunst,
ohne Hemmungen irgendwelcher handwerklicher Art
iiledergeschrieben. Die „Methode' ist geradezu ge-
snhrlich. Dazu folgen eine Reihe langatmiger Vei-
schristen jür die zahlreichen, lobenswerten Bildbei-

"UL^-WÄ!LRWTMILWMg,asls- dem.Ceüiet

oes^ewetj.sch.en Sehens und der. stindewcuiMmvLgung.

NMotige Vreite verminoert die Stotzkraft der gulen ^
Eedankeii. Es ist erfreulich, datz diese Eedanken
eirdlich auch in Kreisen autzerhalb des Faches erfntzt
werden. Fiir den Fachmann sind sie jn schon lange
zu linbestreikbaren Binsenwahrheiten geworden.

Von Unsterblichen. Ein KUnstlerkalender von
H a n s W o l f gan g S i n ger, mit 64 Kupferdruck-
tafeln. (Müllersche Verlagshandlung Rudolstadt und
Leipzig.) Der als Deuker graphischer Kunst rühm-
lichst üekannte Verfasser ging bei Abfassung dieses
Werkes von dem Eedanken aus, dem Nichtfcichmann
ein Vuch über Kunst zu schenken, das ihn zum Lesen
anlockt, dessen Verständnis also nicht zu viel Zeit,
Energie und Voraussetzung an kunstgeschichtlichem
Wissen erfordert. „Eine halbe Stunde der Wochc kann
und »icig jeder Eebildote der Kunstbetrachtnng wid-
men. So werden hier die Arkikel als Wochengaben
gereicht: Für iode Woche des Jahres einer über einen
Kiinstler, der in der betreffenden Woche geboren oder
gestorben ist." Jedem Künstler ist ein bezeichnendes
Vlatt im Knpferdruckverfahren in vollendeter Aus-
führung beigegeben. Die Texte sind anspruchslos be-
schrieben und gerade deshalb besonders sympathisch.
Das schön ausgestattete Werk eignet sich für Eeschenk-
zwecke.

Die Altnordische Kunst. Eriindprobleme vorhisto-
rischer Kiliistenkwicklung von F. Adama von
Scheltema. (Mauritius-Verlag Berlin.) 2. Auf-
lage. Das Werk ist ein Versuch, das unerschöpflich
reiche Eebiet der vorgeschichtlichen Kunst für die wis-
senschaftliche Kunstforschung zu erschlietzen und eine
Annäherung zwischen Kunstgeschichte und Prähistorie
anzubahnen. Es will nicht ver Tatsachensorschung
dienen sondern der Aufhellung des Erundgesetzes,
das den Ablanf der künstlerischen Entwicklung be-
stimmt. Für die Kunst der vorgeschichtlichen Zeit ver-
steht es sich von selbst, datz Eeräteplastik und alles
Ornamentale an erster Stelle stehen. Das Werk ist
ungemein anregend und aufschlutzreich, namentlich
sür primitive Ornamsntik. Einige Bemerkungen:

Der Verscrsser deutet die Kinderzeichnung nicht
richtig, wenn er sagt, sie beabsichtige die blotze Natur-
nachahmung, führe aber zu allerhand Mitzbildungen
sowohl durch die bereits eingetretene Entfernnna von
der Natur als auch durch die mangelnde Beobachtung
und technische Ceschicklichkeit. Das Kind will nicht die
Natur nachahmen, sondern seinsn Vorstellungen Aus-
druck geben. Es ist nicht schon entfernt von der Natur,
d. h. von der objektiven Naturanschauung, sondern
noch gar nicht zu einer solchen gekommen, weil es erst
mit der Pubertätszeit allmählich die Fertiakeit des
Objektivierens erlangt. Von der zeichnerischen Dar-
stellung der Erwachsenen, auch des primitiven Men-
jchen, unterscheidet es sich allerdings durch mangelnde
technische Geschicklichkeit. Der Schlutz des Verfassers,
datz es sich bei der Kinderzeichnung nur um eine
verkümmerte „physioplastische" Kunsttätigkeit handle,
ist nicht zutresfend Der Hinweis auf die Zeichnungen
eines imbezitlen Kindes, die überraschend natura-
listisch sind, ist sehr gewagt. Dann wäre ja die gute
naturalistische Darstellung ein Beweis von Schwach-
sinn oder Vlödsinn. Was will man Uberhaupt mit
einer derartigen Zeichnung, deren Entstehung man
 
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