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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 3 (März 1925)
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Halmhuber, Gustav: Die zeichnerische Bildung als wichtiger Faktor im neuen Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0062

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Die zeichnerische Bildung als wichtiger Faktor
im neuen Deutschland

Dorkraa voir Professor Dr. ing. e. h. Dultav Salmbuber. Geh. Negierungsrat i» tzannover,
auDer Taguna deS Landesvereins akädemW gebiideter Feichenlehrer und .Lehrerinnen Preuhms.

zo. 2unt 162-i in Hannover')

Die neue Zeit, >die neuen Menschen brauchen
neueSrganezu ihrem Daiei», und alleS kommt
-arauf an, dleses Wachstum durch Einsicht auf die
gesunoe Bahn zu leiten. Dah diese Eigenschaften
PerslSndnis für öie sederWare Innewohnende Wahr.
helt, EchSnheit und Kraft des AuSdrucks nur lang.
sam und syslematisch durch Reformen bei der Bolks-
masse zu erreichen sind, Ist elnleuchtend. Sie rnhen
vornehmllch im lSefühl und in der slnn.
lichen Wahrnehmung, die erzogen werden
milssen, wie ich sogleich zsigen werde. Die grosie rö-
mische Ktrch-e hat dies sei't Zahrhunderten klar er.
kannt und mit Ersolg in der ihr zugehörigen Mensch.
heit entwickeii tÄvmunen).

So liegen die Dinge praktisch. Die beiden denk-
nolwendigen Mechselbegrlffe Form und Stoff,
die nicht ohne einander sein oder gedacht werden
können, bilden die Grundlage unserer Lrkennknis
überhaupt. Die Form als üas Höhere der beiden
zeigt uns auch dle Art, wie die Bestandstücke elneS
WesenS >ln einem Dinge verknüpfk sind sKant).
Dlefe Loglk der sinnlichen Form kann weder mit
Worten noch Zahlen vermittelt werden sondern nur
durch Anschauen und Bilden im Stoff. Diese Denk-
art vermlttelt uns den Formbsgriff unmitlelbar und
viel genauer, als dies beschreibende Worte vermögen.
Sie besiht ebenso Vedächtnis, Erinnerung und Re-
produktion mik Hilfe der Phankasie, wie die Sprache
inWorlen. Diese Formensprache musi. wie die Work.
sprache auch, nach und nach erlernk iverden. Sie
wird durch aufmerksames Wahrnehmen, und durch
Nachbilden Zug um Zug unseren Sinnen einge-
vrägt. „Dein inwendlger Mensch muh vollrr Blld
sein- sDürer). Nur durch forkgesetzke, apperzeptive
Destalkung setzen sich die Lrinnerungsbildrr fest. Das
Zeichnen hat darum zunächst den Zweck. einen
geelgnetein Formenkreis zu bilden
und ferner unsere Vorf1eIIkunsg>skriast zu
üben und zu stSrken. Die Borsteltungen
flnd dabei immer blasier, lückenhafter «nd slüchtiger
als die Empfindungen vor dem Obfekke deshalb
mutz man sie memorieren. Auch erneu-
ert keine Reprodukkion elne frühere Vorstellung
unverändert. Der Begrtff der Borstellung «lnes
DingeS ist deshalb mit oem Begrlsf der Wahrneh.
mung und des Phankasiebildes stets verbunden. Ein
Umstand, auf dem alles ruhkl Nämlich auf der
Schöpferkraft.

Um diese zu wecken, haiMt es sich darum, dem
Schüler von Kindesbeinen aiP'geeignete Dorstel-
lungen lebhaft «nd deuklich ins GedSchtnis «in.
zuprLgen. Die Borstellung kann dann enr pringen:
l. einem wirklich vorhandenen und auf die Sinne
wlrkenden Gegenstand, 2. ekner früheren Wahrneh.

*) Wir st»d RaummangsIS halbrr grzwunaen, dte einleiten»
den AuSIührungen über unsere heulige wirtschaitiich« und Nultur-
lag« vegzulaste», beginnen deShalb mit dem Leil d«S DortrageS,
der unler ArbettSgebiet unmittelbar betrisst. Di« Schristteitung,

immg, b. einem aus verschisdenen Wahrnebmungs-
bestandkeilen zusammengesehten Phantasisgebilde.

2« nach Zweck des Gegenstandes, Älter und
Begabung der Schüler werden diese Bilder hervor-
gerufen und es gehört vor allem genügend Musei
dazu, die Wiederholungen oder freien Produkkionen
in der Schule oder zu Hause zu e rz e u g e n m i!
HerzundHand. Besonders bcgable Schüler ver.
mögen sich sür Form- und Farbenwerle flark zu
konzenkrieren, sie behalten, was sie vielleichl nur
einmal gesehen haben, ofk sllr das ganze Lebe».
2hre Auffassungsgabe befähigt sie, nach und nach,
nichk nur einzelne Formen. und Farbenwerte, son-
dern ganze Stimmungsbilder mit allem Detail im
Gedächtnis sahrelang aufzubewahren
sBöcklln z. B.) und im Bilde wiederzu-
gebe n.

Aus diesem, nach und nach aufgestapelten Besitz
zieht die Phantasie ihre Nahrung. Das innere
Schauen,wledas Projizieren imWerk
hat vornehmlich in einem geübten Ge-
dächtnls seine Äurzel.

Bis zu einem hohen Lrade kann dies jeder Schü-
ler durch Memorieren der Form und vielfaches
Nachbtlden vor der Nakur erlangen. Aierauf muh
sich üle Schule einstellen. Naturstudium und
Memorieren desselben ist eonciitio
»i ne c> ua non eKI für allc ^lnfänger

llndividulle Deranlagung. Die verschiedenen
Begabungen.

2e nach Begabung und Znteresse des Schlllers
fallen nun diese wichtigen Gedächtniswerte sehr ver°
schieden aus. 1. N a ch a h m u ng st a l e n t. Es
gibt Schüler, die ein bewundernswerles Nach-
ahmungstalent fürdie Formen allerZeiten undBöl-
ker besttzen. Sie habe» meist gar keine Phantaste,
vermögen aber alke Meister vollkommen getreu zu
wiederholen. Sie stnd auch willkommene Mikarbeiter
der Wlffenschaft, indem sie das Naturbild ohne jeg°
liche persönliche FSrbung wiederzugeben vermöaen.
lMikrolkopische, kunstgeschlchkliche, archäologische
Darstellungen.) 2hre Genauigkeit und Treue ist
manchmal erstaunlich. 2. K on str u k t e u r e. Eine
zweite Ark besteht aus Schülern, die den logischen
Bau aller Dinge konstrukliv erfassen. 2hre Äahr°
nehmung Ist auf den inneren Zusammenhang der or°
ganlschen Form gerichtek. Sie übsrsehen die Einzel-
heiten und geben mit wenigeii Slrichen mehr geo-
mekrischer Art den Typus der Dinge lreffend wieder.
2hre Formensprache ist die des Berstandes: hark,
klar, daS dem organischen Körper aufgeprägke Ge.
setz erkennend. Sie karrikieren und lresfen immer
daS Wesentliche. Es ist die Sprache des Archikekken
im weikeren Slnne, auch in der Malerei und Blld-
hauerel, in Handwerk und Technik. 3. Dekora-
ttve Beranlagung. Ls gibt ferner Schüler,
welche dl« gegebene Form fchmücken, indrm
 
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