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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 6 (Juni 1925)
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Ullrich, Karl: Der sogenannte Zeichenunterricht in der allgemein bildenden Schule
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Schwemer, Paul: Entwurf zu einem Lehrplan für den Zeichen-, Kunst-, und Werkunterricht an den höheren Schulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0154

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147

deicke auch den Miderstand gegen dle Gelkung der
Tllriinoke uiid den Verlusl, den die Zeichenlehrer an
Len Lvzeeii dadurch erhalten haben, daß die Kunsk-
geschichke gefallen ist.

AiSher ist von dem Nückgrak unsereS Faches, dem
Lehr- ilnd Lernbaren die Nede gewesen. Vei pflicht-
beivuszker Durcharbeitung der einzelnen Punkke und
der Linfiigling in den OrganiSmus der höheren Schule,
gleich fern von unseren beioen Hauptfeinden: schul-
iiielslerlicher Engherzlglreit und genialischem Gekue,
sind ivir ivohl imskande, bald die äutzere und innere
Stelliing zu erreichen, die dem Werle unseres Faches
eiiksvrichk. ,

Wenn so das Lehr- und Lernbare, das Schul-
mäszige, fest umrissen dasteht, dann ist In fester Ver-
binöung mit ihm daS nicht Lehr- und Lernvare, das
eigenillch Kllnstlerische zu pflegen. Nicht zuleht oder
alS Vnhängsel, wie es hier scheinen lrönnke, s o n-
dern im Gegenkeile als kostbarstes
S t ii ck, uiii das herum die härteren und festeren Be-
stnndteile »nserer Arbeit, zu dessen Schuh und Stär-
li»»g, gelagert sind.

Lcisliingeii auf diesem Gebiete liönnen niemals mik
Wertniigen wie gut oder schlecht angesprochen wer-
den oder bei der Versehung schädlich in die Wag-
schale fallen. Hier stehen wir vor öem Geheimnis
mid dem Merke der Eigenart auch des lrleinsten Schii-
lers, dle von uns mik sorgsamer Hand zu pslegen ist.
Diese Stelle meinte auch der Gesehgeber, als er vom
Werke der Zsichennuinmer als Ausgleich bei hervor-
ragenden Leistungen sprach. stn, da soll die sehr sel-
lene hervorragende Leistung selbstoerstäiidlich nur In
gutein Sinne mitsprechen. Arerliwürdig ist nur, dah
sie nicht auch fiir jedes andere Fach, ebenso selten wie
beim Zelchnen, ausdrücklich vorgesehen war.

Mit diesen Ausflihrungen glaubt der Versasser
nichts wesenklich Neues zu sagen. Seine Vorschläge
sinö zwar in langer Praxis erprobt, müssen aber kri-
llsch unkersucht werden. Sind die Grundgedanken
nlcht salsch, dann müssen auch die enksprechenden Fol-
gerungen gezogen werden. Bisher haben wir es in
oer Hauptsache mit mehr oder weniger leidenschaft-
lichen Ver uchen In iinserem für die Allgemeinbllöung
ivlchligen und schönen Fache zu tun gehabt. Wir
müssen ihm endlich seinen Stil geben. Stil ist künst-
lcrisch das Höhere. Wir brauchen ihn drlngend.

Leitsätze:

1. Der Zeichenunterricht an den höheren Schulen
ist ein gelstlg werkvolleS, lehr- und lernbares
Pslichkfach für jeöen Schüler.

2. Er steht zur bildenden Kunst im selben Verhält-
nis wie der Ankerrichk in den Sprachen, insbe-
sondere der deutschen Sprache, zur Dichtkunst.

!). Er hat als Ziel:

ri) Mut und Mlllen zu elgenem selbständigem

Ausdrucke zu entwickeln, _

b) sachlich sehen und darstellen zu lehren,

c) den Sinn für Wahrheit und innere Wahr-
haftigkeit zu fördern und damit
ä) die Grundlagen zu echtem Kunstempfinden zu

4. stn/Zeichenunterrichle der höheren Schulen be-
finden sich alle Grade der Vegabungen, vorwie-
gend aber geringe. Deshalb hat der Zeichen-
lehrer folgende Aufgaben:

a) Alle, insbesondere die durchschniktlich Ve-
gabten sachlich fehen und folgerichtig darstel-
len zu lehren. (Wahrheit), fWirklichkeit und
Natur),

b) allen, insbesondere aber den guk Vegabten
im Anschluh daran Anregung und Gelegen-
heit zu ilnbeeinflujzkem eigenem Schaffen zu
geben, (Wahrhafkigkeit), fKunst),

a) allen mindestens die Kennknis und ein ge-
wisses Verständnis der bedeutendsten örtlich
vorhandenen Werke der bildenden Kunst
oder des Kunstgewerbes zu vermikkeln.

b. AuS erzieherischen Grllnden lit das Lehrver-
fahren fo zu orönen, dah es sich relbungslos in
das Gefüge der betreffenden Schulark einpaszk.

0. Der je nach den örklichen Verhältnissen ver-
schiedenarkige Lehrstoff isb so zu gliedern, dnh er
sich einem in grohen Zügen aufznstellendeii, im
ganzen Neiche gültigen Lehrplan einordiiet.

Der Ilebergang von einer Schule zu einer
andern derselöen Art muh ohne Schwierigkei-
ten möglich sein.

7. Der in UeblliigSgruppen gegliederte Lehrstosf
ist gekeilt in

a) allgemein vorbildliche siehe 4a) und
^b) völllg freie, unverbindliche Aufgaben (s. 4b).

8?Die Leiskungen in 7a sind so zu werken wie die
jedes andern Pslichlfaches von derselben Skun-
denzahl und sind einwandfrei durch Probe-
arbeiken zu belegen. Hervorragende Leiflun-
gen in 7b können als Ausgleich dienen.

ö. Der Lehrer arbeitet grundsählich nichts in die
Schülerleistung hinein. Vervesserungen und Er-
klärungen, wenn diese einmal auSnahmsweise
nökig sein sollten, müssen als Lehrerarbeit ge-
kennzeichnet seln.

Die Einwirkung des Lehrers !n 7b hat sich
auf Anregung und pflegliche Schonung der Ei-
genart des Schülers zu befchränken.

10. Äie Ilnterrichkssprache muh einheitlich sein.

11. An jeder Schule ist Gelegenheit zu Handfer-
kigkeiksunterricht zu schaffen. Hier ist der Ort,
wo in enger Verbindung mit dem Zeichenunker-
richtgewisse Techniken u. Fertigkeiten, Schrifk-
und Skilisierübungen in Pappe, Papier, Holz
und Metall, Druckverfnhren, Modellieren
u. a. m., zu denen der Zeichenunterricht An-
regung gegeben hat, ln aründlicher Weise ge-
lernt und geübt werden können, (siehe 4b).

Mühlhausen (Thür.) K. Ullrich.

Enlwurf zu einem Lehrplan für den Zeichen-, Kunst-
und Werkunterricht an den höheren Schulen

von Pau-l Schwemer, Hamburg.

Vorbemerknngen und Nückbllck.

Wohl keiins der Schulfächer hat eine so bewegte
ivilderspruchsoolle Geschichte wie der Zeichen-Unter-

richt. So uralt die Knnstbetätigung der Menschen
ist, über so viele Höhen der Weg schon fiihrte (alt-
agyptilsche, gciechlsche Kunft, Gokik) — so jung ist
 
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