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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 10 (Oktober 1925)
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Merwart, Fritz: Der Zeichensaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0286

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270

Der Zeichensaal

Melchs Awforderungell stelll 'der ueuzettliche Zei-
chenuirterricht an deii ZeichensMl? Bermuülich mird
üie Aeaiümoriuiig dieser Frage sehr verschiedcii aus-
faileir, da 'die Aiisichteii üder die Art uird Weise des
UirterrichlS jetzl' mehr mie sriiher nuselirander gehen.
Trohdeni mird es iiichls jchadeii, wemi nuch über die-
sen Punlit eiiimal eine lrleiue Aussprache eröfsiiet
mirü, bei >der die verschiedeneii Meiiruiigeii gelilärt
merdeir. Air iiieiiier Anslalt ist >die Frage insofern
von Bedeutuiig, als gegeiimärtig llberhaupk liein be-
soirdsrer Zeicheiirauiii vorhairde» ist. Es haiidelk sich
also darum, eineii solchen zu beschnffen. Die Zeichen-
säle, die ich an anderen Anstatten hatte, genllgteii
den heutigen Aiiforderungeii nicht, weil sie nach
friihereii Bedlirfirissen eiiigerichtet waren. Nordlicht
mar zmar vorhanden, abec breite Mauerflächen zmi-
schen den Fenstern verdunkelten viele Plätze. Be-
zllglich -der Bel.euchtung ist atso zu forderu, datz das
Licht »lögllchsli »iigehindert iind hoch geiiug n» einer
Seite einsällt, ein grotzer Uebelstand mar ferner inei-
skens die ^lusfiilluwg deS Zeicheiisaales mit Zeichen-
tischen. Man rechnete nur mik der Aufstellung von
Eiiizelmodellen sür jedeir Platz. Dieses mehr gewerbe-
schulmäszige Alo-dellstudium ist heute in den gtwter-
gruird gekreteii. Dafiir pflegt nran unisoniehr das
Studium der perspelrtlvischen Lrscheinungen nnch
grötzeren Gegeiiskänden, mie Tisch, Stuhl, Schranli,
Kiste, Truhe und dgl. Dnfiir mutz aber ein zienilich
grotzer sreier Liauni da sein, der enlmvder vor den
Tischreihen noch llbrig sein niutz, oder aber dadurch
geschaffeii iverdcn liaiin, datz statt der schmeren festen
Tische einzelne Zeichenböclie rind Staffeleien ge-
braucht merdeii, die beliebig angeordnet merden kön-
iien. Auch silr das klassen- oder grnppenmeise Ar-
beiten nach anderii Gegenstäiiden, gröjzeren Pftan-
zen, Tieren und besonderS nach üec menschlichen
Figur oder dem Kopf ist -iese Bewegungsfreiheit
uokmendig. Diesen Anforderungeii genügt unter Um-
ständen ein anderer Raum, sofern er nur leer ist,
besser als der iibliche Zeichensaal. Freilich wird ni-an
einige fesle Tische fiir gemifse Arbeikeii nicht enk-
behren köiinen, z. B. fllr solche die handmerksmäszige
Aekätigung verlangeii, mie Linoleunischnitt, Papp-
arbeiten, Holzarbeiten uitd dgl., fallS nicht autzer-

dem ein besonderer Werliunterrichlsiaum vorhandcn
ist. Nallirlich mutz man sich bei dem heuiigen Geld-
mangel bei Neneiiirichkniigen mil dem Allercinfach-
sten begnllgen.

2ch gedcnke deshalb in den unkeren Klassen, ivenn
möglich den Klassenraum selbst meiler zu beniitzen,
der ja bei kleinen Klassen und Klaslenuiiterrich!
schlietzlich genllgi. Fiir die oberen Sluseii habe ich
den Plan, einen Teil der Aula, die ich somieso sehr
oft als Ersah siir den> Zeichensaal beniihe, als Zei-
chenraum einzurichten. Sie hat auf L gegeniiberlie-
genden Seiten Fenster. Es märe nur nötig, den Teil
an den Nordseiistern durch eiiien Borhang von der
Decke her vow dem llbrigen Rauni nbzukrenneii. tzn
diesem Raum wäre leidliche Beleuchlung und Be-
wegmigsfreih-eit vorh-anden. Durch einige schlichte
aber in der Focni vorbisdliche Geräte z. Ä. Schrank,
Wandgalerie und Wandschmuck liesze er sich auch
einigermatzew moihwlich geflalten.

lledenfalis wäre mir diese Lölung noch sympalischer,
als die Zumutung — die friiher bei nieinem Bor-
gän-ger gemacht rvorden ist --- den Zeichens-a-al einer
10 Minutew entferwten BolkSschule mit zu beniitzen.
Abgesehen davow, dasz nallirlich auch hier die alte
Art der Eiwrichtung vorhanden und die Eiitfernung
hinderlich ist, ist es nach meiner Ansicht des Zcichen-
iinlerrichls der höheren Schule »ichl wiir-dig, menn
er aw einer a-nderen Schule nur sozusag-en g-aslmeise
g-eduldet und >auf Kompromisse mit freiwden Stundeii-
plünew angewiesen sein soll. Der Zeichenlehrer mutz
Lerr im Zause sein, öamil er seinen Raum nach
iseWew GriliiiÄ-sätzew kiinstlerisch ausgestalten und
schmücken, gemissermatzew eine Atmosphäre schafsen
kawn, die dem Schüler ein Gefiihl siir künstlerische
Kultur in bescheidensten Berhältnissen geben wird.
Die Eindrücke-, die er dort empfäwgt, wird er zeit-
lebenL nicht vergessew. Es gibt vielleicht wenig Kol-
le-gen, üie sich bezüglich des Zeichenraums in ähn-
lichen Schmterigkeiken befinden. Aber es märe mir
sehr interessant, von verschiedenen Seiten Aaischläge
und Ansichten zu hören, die fiir meine Anskalt ganz
besvnders. aber auch flir die Allgemeinheit merlvoll
sind. Fritz Merwart.
 
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