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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 12 (Dezember 1925)
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Braig, Adolf: Erklärungen und Leitsätze über die Bedeutung und Ausgestaltung des Zeichen- und Kunstunterrichts an den höheren Schulen
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Könitzer, Paul: Wege zur Seele des Kunstwerkes: Zeichnen und Kunstbetrachtung in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung und Befruchtung, ein Lehrgespräch auf der Oberstufe
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0341

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Mtiüs zu briiijM mlt der Anlchaffuug von Büchern.
ES sollen nur befle Nachblldungen gewählt werden,
schlechte als Gegenbeispiele.

Bemerkungen zom Lehrplan-Enlwurf.

Schlagworke vermögen nur ein dürres und ost so-
gar nur etn verzerrtes Btld von Lehrabstcht und
Lehrlnhalt zu geden. Aufgabenbelsplele sind für alle
Klalsen letcht in belieb ger Anzahl belzubringen.
Natur und Kunst bteten lie von allen Seiten her an.

Der vorgekragene Lehrstoff für den Kunstunterricht
steht mlt oem Zelckenunkerrlcht jeweils in engster
Berbindung. Dazu nommen die Unkerweisungen, Lie
stch auS den WÜnschen der Lehrer für jene Fächer
ergeben, mit denen der Zeichen- und Kunstunkerrlcht
nakurnotwendig tn Bernnüpfung gebracht werden
muh.

Der Unterrichk greife ln der Behandlung der Auf-
gaben nie zu hoch. Der Zeichenunkerricht brauchk
nichk ansvruchsvolls Kunstwerke hervorzubringen und
der Kunstunterricht überlasse der Aochsckule dle
Arbeit, die den reifen IZahren angemefsen Ist.

Der Lehrplan-Entwurf will kein starres tSefüge
aufstellen. Es können vielfach dieselben Aufgaben
in den oberen wle in den unteren Klassen gestellk
werden. Entscheidend ist die Einstellung öes Lehrers

aus die Altersstufe und die chr angemessene Behand-
lung der Lehrinhalte.

Die Berlebendigung deä Lehrstoffs liegt in der
Kraft des berufenen Lehrers. Dafür vermögen
Worke und Anleitungen nlcht vlel zu geben.

Mo Gegenftände und Gestalten nach ihrem Aufbau
und Ihrer Erscheinuna üurchgearbeitet werden, sollen
ie möglichst in eine stnngemast entsprechende Raum-
orm eingestellt werden. Es ist überhaupt aus Ge-
amtanschauung hinzuarbelten.

Znnerhalb der elnzelnen Klassen Ist die Arbeit
durchauS nicht auf einen „vorgeschriebenen" Umfang
zu beschränken. Es können nicht genug lebendige
Berbindungen gewonnen werden.

Das Ziei meines Lehrplan-Enkwurfs Ist dle mekho-
dlsche Durchleuchkung und der organlsche Aufbau deö
unS anverkrauken Bildungsgukes.

Er will den Forderungen dienen, dle wir auS An-
last der Schulreform stellen müssen, nicht aus Be>
weggrllnden äusterllcher Skandeshebung oder Fach-
gler, sondern aus dem Wlllen und Skreben, der
3ugend eine Seike des Daseins aufzuschliesten, die
ihr bisher mehr oder weniaer verschlossen blleb — zu
ihrem Schaden und zum Schaden dsr Bildung und
Kulkur des deutschen Bolkes.

Wege zur Seele des Kunstwerkes

Zeichnen und Kunstbetrachtung in ihrer gegenselkigen Wechselwirkung und Befruchtung,

ein Lehrgespräch auf der Oberskuse
Paul Köniher, Verlln-Oberschöneweide

Aaffael, dieser jugendfrische Genius der Re-
naiflance, krat wieder einmal, wle so oft schon, in
den Mittelpunkk des Unterrichts. Es galt senen
gehelmnisvollen Gesehen des Kunstwerkes nachzu-
spüren, die seine eigentliche Krafk ausmachen, senen
Gesetzen, die in das Dunkel der Künstlsrseele hinab-
führen, die mit der Kunst geboren wurden, enksvrun-
gen aus der Ewigkeit, die das Göktlicke des Kunst-
werkes bedeulen. Ün dem so verblüffend einfachen
Monumenkalbau der altägyptischen Pyramide spüren
wlr schon die Gewalt ikrer Kraft, bereiks vor 5000
lZahren, in dteser prackkvollen, einfachen Linie. dle
mik der Urkraft der Geraden slch zur einfacksten
Fläche, die wir kennen, zur Urform des Drelecks zu-
sammenschliestt, daS, viermal aneinandergestellt, mik
gewalkig emporziehender Svlhe den Blick nach oben
fükrt, oorthln, wo dle Ewigkeit ist. stn einem
Raffaelschen Gemälde feiern diefe Gesehe ihren
höchsten Trlumpb. stst auch die Fiäche, auf der sie
wirken, im Berhältnis zur ägypkischen Byramide
recht verfchwindend kletn, so bedeuten fle doch hier
wie dort die ganze Wucht der Komposiklon, den festen
architekkonischen Unterbau des Bildes, die Monu-
menlalität der dargestellken Erscheinungen. Die Six-
tinische Madonna spricht hierzu eine gar gewaltlge
Sprache. Von diesem Btld wollen wir daher bei
unseren Unterfuchungen ausgehen. Ohns Zwelfel ge-
bört dle Sirnna zu den bekannkesten Bildern der
Welt, neben ihr stnd es eigKnHÄ nur wenige Bilder
noch, die dlesen Welkruf genietzenl Das mag zu-
nächst daran liegen, datz gerade dieses Bilh in un-
gezählten Reproduktionen in allen Kulturländern
verbreitet wurde, das mag gewitzauch mit dem Skoff
deS BlldeS zusammenhängen. Doch Ist der lehtere

bestlmmt nicht von ausschlaggebender Bedeutung
gewesen, denn sonst häkten Biioer von glelchem 2n-
halk und gleicher Qualität dieselbe Weltbedeutung
erringen müssen, das ist aber keineswegs der Fall.
Dem Bilde müssen also noch andere Eigenschaften
gegeben seln, die eS zum festen geistigen Besih der
Kulkurmenschheit gemacht haben. Wir wollen an der
Aand einer guten Reprodukkion versuchen, dem Gc-
heimnis näher zu kommen. Drei Personen sind es,
die dem Bilde die Zauptnoke geben: die Madonna,
der Sirtus und dle Barbara, ein heOiger Dreiklang.
Das llnhalkliche des Vlldes ist dem Ckirlstenmenschen
sofort geläufig und bestlchk den Besckauer sogleich
auch durch den Liebreiz in der Darstellung der Ge-
stalten. Dlese Talsache ist freillch zugleich hinderlich,
zum mindesten trlffk das für visle Beschauer zu,
nach dsn wirkltchen Ilrsachen der überaus mächtiaen
Vlldwirkung aerade dieses Bildes zu sorschen. Die
Menge genietzt ledigllch daS Stoffliche der Kunst
und bletbt damit nur an der Oberfläche hängen. Der
Kunstlehrer darf dabei nicht stehen blelben, ihn mutz
das Geheimnis der Bildwirkung zu weikeren Unker-
suchungen reizen, zum Nachspürsn jener Blldgesetze,
deren Kennknis fllr eigene KomposilionSverfuche der
Scküler so autzerordentlich bedeutungsvoll tsk.

Zugegeben nun, die Behauptung sei richtig, datz
das rein Stofflicke des Kunskwerkss für die Beur-
teilung seiner künstlerischen Qualitäten von durchaus
untergeordneker Äedeulung Ist, so folgke daraus zu-
nächst, datz wlr diese Qualitälen an andercr Slelle
des KunstwerkeS zu suchen haben. Ls kann uns
daher durchaus nicht überrafchen, datz es Künskler
gegeben hat und heute noch glbt, die das rein Gegen-
ftundliche In ihren Aildern stark zuilickdrängen, ja
 
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