Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 9 (September 1925)
DOI Artikel:
Groth, H.: Gedanken über Fachberatung
DOI Artikel:
Grothmann, Heinrich: Zu den preußischen Richtlinien für den Zeichen- und Kunstunterricht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0255

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
arllgen Eiiistellung der Lehrkräfke auf die Unter-
rlchtsauffassung und -durchführung darum sehr ver-
schieden fein. Wenn es auch einerfeiks nötlg ift,
dah der Lehrerpersönllchkeit keine binoenden Fesseln
in bezug auf die Erkeilung des Unterrichts angetegk
werden, so bestehk, anderseiks durch ein völliges
Auherachtlassen der als allgemein nokwendig oder
wünschenswert erkannken Neubestrebungen die Mög-
lichkeit, dasz die Leiskungen der Schüler, die nichk
mit Gegenwarksbestrebungen bekannt gemacht wur-
den, zurückstehen gegen solche, bei denen Anregungen,
die durch den Fachberater oder von anderer Seike
erfolgten, beobachtet wurden. Auch müßte bel der in
Frage kommenden Beförderung der Kunstlehrer das
Ilrteil der Fachberater die weikgehendste Beachtung
finden und als Grundlage dienen für die Beurteilung
ihrer Persönlichkeit und ihrer Leistungen, da letztere
oftmals bee!nträ6)kigt werden durch ungünskige ört-
liche und persönliche Einwirkungen.

Menn bisher von manchem Bertreker des Kunst-
unterrichks die Fachberakung als nicht erwünscht an-
gesehe» wurde, so enksprang diese Abneigung zum
grohten Teil dem Amstande, datz die Förderung durch

den Fachberater bei dem seltenen Besuch derselbc»
jo geringfügig war, datz sie tatsächlich als iiberfillssig
angesehen werden konnte, besonderS von den Lehr-
kräfken, die sich bemühten, den Geskalkungsniikerrlchi
aufder gewünschten Zöhe zu halten.

Durch dle Neuordnung des höheren SchulwesenS
in Preutzen isk dem Kunstunkerricht eine grötzere Be-
deutung zuerkannt worden, er ist als wesenllicher
Teil der Erziehung zur harmonischen Persönlichkeils-
bildung bezeichnet worden. Dementsprechend sind dle
Anforderungen an den Gestaltungsunterricht erheb-
lich gewachsen, wodurch ein Ausbau desselben nol-
wendig geworden ist. Zu dem gewünschten Erfolge
wttrde deshalb eine Persönlichkeit, die als Fnchbe-
rater das v e r m i tk e l n d e Glied zwischen den
Ausbildungsstätken und den im Beruf tätigen Kunsl-
lehrern bildet, erheblich beikragen können, aber n u r
dann, wenn die vochin angeführken Bedingungeii
erfüllt werden und besonders auch die drIngent
ewordene Forderung der weiblichen Fach-
erakung für Lehrkräfte an den Bildungsanslal-
ten für die weibliche tzugend die nokwendige Beach-
kung findet.

Zu den preußischen Richtlinien
für oen Zeichen» und Kunstunterricht

Bon Heinrich Grothma n n. ^

I.

Es ist nicht meine Absicht, an den preutzischen
„Nichtlinien fllr den ZeicheN- und Kunstunterricht an
den höheren Schulen" Kritik zu üben. öch möchte nur
zu einer Auslegung derselben beltragen, die ihren Ab-
slchten möglichst entspricht. Die Richtlinien und das
Lehrvlanbeispiel sind das Ergebnis vielstündiger,
grünolicher Deratungen des Reserenten im Ministe-
rium, Herrn Geh. Oberregierungsrak Prof. Dr. Pal -
lat, mit Berkretern der Fachlehrerjchaft. 3ch war
auherdem mit der Aufgabe bekraut worden, die Richt-
linien !n den Lehrplankonferenzen zu verkreten, die im
Dezember vor. 2. im Ministerium stattfanden und an
welchen Bertreter der Philologenschast, des Zoch-
schullehrerverbandes und der Städte veratend teil-
nahmen. Die Fachlehrerschafk ist demnach ausreichend
zu Worte gekommen, so datz es ihr nunmehr nicht
ansteht, negative Kritik an den Richklinien zu üben.
Es bleibt zudem jedem einzelnen Lehrer ein genügen-
der Spielraum zur Betätigung seiner persönlichen An-
schauung und methodischen Beweglichkeit, indem er
die Freiheik hat, und es geradezu gewünscht wird, sich
innerhalb des Äahmens der Nichtlinien elnen eigenen
Lehrplan für seinen Unterricht aufzustellen.

Der Zeichen- und Kunskuntsrricht soll wie alle
anderen Fächer der Persönlichkeitsbildung der Schü-
ler dienen. Datz er einer solchen Aufgabe zu genügen
vermöge, ist ein Zugeständnis von grotzer Deoeukung.
Es wird dadurch zugegeben, datz er imstande sei,
Fähigkeiten zu wecken und die 3ugend in einer
Weise zu betätigen, welche den Menschen als sot-
chen in teinem Wesen fördern. Er ist daher nicht
als ein fogenannkes technlsches Fach anzusprechen,
als ein solches nämlich, welches lediglich aus prak-
tischen Äründen und ohne Äeziehung zur humanen
Bildung bekrteben wird. Er Ist im ausgezeichneken

Sinne vielmehr sin wahrhaft humaniskisches Bil-
üungsfach und in dieser Hinsicht vielleichr höher zu
bewerten als dieses oder jenes sogenannke Kern-
fach, das immer noch stark von Rllcksichten aus das
äutzerlich-praktische Äedllrsnis beladen Isk. Deim
Zelchen- u. Kunstunterricht fällt diese Rücksichtnahme
so gut wie ganz weg. Er steht nichk mehr wie frllher
unmittelbar im Dienste der gewerblichen und anderer
Berufe. Auch ist er nicht dazu bestimmt, den realisti-
schen Unkerrichtsfächern nur gelegentlich unkergeord-
nete Borspanndlenste zu leisten. Er hat nur die eine
Aufgabe, mitzuwirken an der Erziehung ganzer Men-
schen. Dieses Ziel muh uns steks gegenwärtig sein.

Worin besteht nun fur den Zeichen- und Kunstunter-
richt die Möglichkeit, an der Persönlichkeitsbildung
des jungen Menschen mitzuwirken? Dabei ist zuersk
und vor allem wohl ins Auge zu fassen, datz es
Bestimmung des Menschen ist, proouktiv zu schasfen.
Dieser Aufgabe gegenüber ist alle Aneignung von
Wissen mehr oder weniger Miktel zum Zweck, und
jedes Wissen, welches nicht zu produkkiver Tat führk,
eine Belastung und Schädigung. (Daher die Abneigung
der werkschaffenden Menschen gegen unfruchtbareS
Vuchwissen; öaher aber auch das skarke Berlangen
nach Buchern, welche für ihre produktive Arbeik
Anregung und nützliche Kennknisse darbieken.) Für
den Schüler ift es im Schulleben eine Rot wendig-
keit, die von ihm viel zu einseitig in hohem Matze
zu leistende rezeptive und gelstig-abstrakke Arbeik
auszugleichen durch produktive konkreke Arbeit, an
welcher Hand und Sinne teilnehmen und die bildhafte
Phankasie sich auswirken kann. tzn der bildhafken
Geskaltung ist ihm die Möglichkeit gegeben, sich als
Mensch zu offenbaren, soweit ihm dafür überhaupk
noch Freudigkeit und Naivltät geblleben Ist. Er darf
bier spielen im Sinne der Kunft, die ein Spiel Ist,
(wie es Schiller verskand). 2n seinen tzervorbrin-
 
Annotationen