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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 10 (Oktober 1925)
DOI Artikel:
Sommer, P. K.: Ansichten eines Unmodernen
DOI Artikel:
Stiehler, Georg: Kunstgeschichte, Konzentrationsfach für den Philologen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0290

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ten, schütteln den Kopf, schütkeln auch dacüber den
Kovk, dab man die Natur nicht mehr als Lehrmeister
aelten lassen will. Alles soll „unbewujzt" in der Seele
wachsen. Wehe üem Padagogen, dec etwas Gegen-
tcindllches in den ersten liahren zeichnen lassen woilte.
Wenn's re6)t falsch ausfüllt, mags uoch gelten, dann
hat wenigstens das dumme Aewusztsein nicht die
Zartheit einer Seele bertlhrt.

Solche Tagungen sollen also anregen zum eigenen
Nachdenken, dnnn brinnen sie Gewinn. Ainso fester
tritt man vielleicht ein dafür, dasz man uns nicht wieder
raube, was uuserer internationalen Gegenwnrt am
„leisken not tut, nümlich die H i n f ii h r u n g zur
^iatnr, zur Heimat, zur Amwelt, dasz man sie belauschen
lernt, sie mit Künstleraugen d. h. mit d e m Herze »

sehen lernt. Da ist Reichtum über Neichtum. DaS
Hüngende der Aefte einer Weide ürückt Trauer aus,
die nusstrebende Pappel Freude, die wagrechten
Linien der Berge und Wolken Ruhs usw. Bon der
Natur ausgehen, zur 'Zratur hinfiihren, an der '-Natur
wachsen in schöpferischer und üsthetischer Hinslch!.
Sagt das aber ein Einziger der Neuen? Sle wollen
eben nur das Neue zeigen. Der Zuhörer aber be-
darf dieser Aesinnung, nm nicht vom rechten Wcge
abzugehen. Und dieser erfordert auch nach wie vor
deutsche G r ü n d l i ch k e i t und richkigeS, genaues
Sehen und scharfes Aeobachten. Ohne das ist all.e Ar-
beit Spielerei. Nicht schwnchlicheS Aestheteiikum fon-
dsrn 'Münner tun uns nok.

Kunstgeschichte, Konzentrationsfach sür den Philologen 5

2,i, Deutschen Phllologenblatk Nr. 30 wird der
Sah der Nichtlliiien fiir dle Lehrplüne der höheren
Schule» Prllttszens angefsihrt: „Dec Erfolg der An-
terrichtsrefvrm wird ganz wesentllch dnvon abhän-
gen, ob es gelingt, die immer wieder erhobene
Forderung der Konzentrakion nunmehr in die Tat
uiilzuseheii." Es wird die Koiizentrakion, wie sie an
den mekhodischen Beinerkungeii der Vehörde empfoh-
len wird, als eine Aeberspaniiuna des Konzeiitrakions-
gedankens abgelehnt, da Fücher „konzentrierk"
wecden, die innerllch wenig zusninmeiistimmen und
die eine Vertiefung in den gesordecten Stoffen un-
möglich inachen. Als Grundsah stellt man dagegen —
unseres Lrachtens mit Nechk — den Scch auf: „Ber-
kniipft darf nur werden, was dem iiüchsten Lehr-
ziele und oem Aildungsziele zugleich dient." Des-
halb sollen nur Fücher, die große Skoffgebiete ge-
ineinsam haben, konzentriert werden: ihre Verknttp-
fung mnsz in den Haupkzügen durch Lehrplüne be-
stimmt werden und musz verbindlich jein fttr den
betreffenden Lehrer. „Konzentration in olesem Sinne
isl möglich zwischen Deutsch und Geschichte
ttn Verbindung mit Propüdeutik, Erdkunde, Neli-
gion, K n n s t g e s ch i ch t e)", usw. AUt Necht wird
betont, dajz „die Durchftthrung des Konzentratious-
gsdankens hohe Anforderungeii an das Wisfen und
Können deS Lehrer stellt. Es wird in den be-
treffenden Konzeiitrationsfüchern die volle Lehr-
berechkigung vorausgeseht.

Der Vertreter von Deutsch unü Geschichke wird
felbstverskündlich Literatur und Kunstgefchichte nach
oer kultur-historischen Seite, der fchöpferisch nach-
siihlenden 4>rt der Aufnahme des Kunstwerkes be-
yandeln müssen.

2n der Literakur wird er zwar nicht Nachdichten
und im Geiste dec Zeit Neutöner sein können, ge-
ringe Älusnahmeii abgerechnek. Er wirL^tch^.guf
Kennkiiis, wissenschaftliche Durchdringung, Einfüh-
lung, und auf guten, finngemüszen Äortrag
llternrischer Werke beschrünken »ittssen.

Noch engec sind dem wissenschaftlichen Lehrer die
Grenze» gezogen bei den Werken üer bildenden
Kunst in Malerei, Plastik, Graphik und Kunstge-
werbe. Die kulknrgeschichtliche Einordnung, sowie oie
Linfiihlung in die Merke der Kunst isk jeoem G?-
bildeten, oessen Seele noch nicht durch einseitige
intellektuelle Ausbildung verfchttttet isk, möglich.

Nicht aber Ist fiir den ivissenschastlich gebildelen
Lehrer im Durchschnlkt zu erwarten, daS ^lusschöpfen
des formalen Vehaltes der Kunsliverke, da-
zu gehört eine persönliche k tt n s t l e r i s ch e
Anlage, eine k tt n s t l e r i s ch e A u s b i l d u n g,
die den S ch a ff e n s p r o z e fz und die kunsk-
kechnische Gestaltung diirch e i g e n e s
k ü n s t l e r i s ch e s Geskalten auf der Akade-
mie in gewissen Gebieten des bildhaften Gestalkens
lebendig macht. Hier ist Wissen nichts, fiihrt zn
Kramps, zu totem Zerklüren, Können ist nokwendig
ftir alle lebendige Kunstbetcachtung. Können auch
dann wenn z. B. Stilwandlungen, Kompositionsfor-
men, typifche kunstgewerbliche Formen in farbiger
Wandtasesfkizze auf das Wesentliche herausgearbeitet
werden.

Eine Konzentration zwischen Gefchichke und
Kunstgeschichte im Sinne eines votlen
„Faches" ist hier den Philologen unmög-
li ch, da das hierzu notwendlge „Können", das
Eigengestalten und die gefteigerke Fühigkeit der
kttnstlerischen Tafelskizze fehlen.

Kiinstgeschichte kann deShalb für die Philologen
nicht die Äedeukung eineS vollen Konzentratlons-
faches haben, sondern eines wisseiischafllich sundier-
 
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