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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 12 (Dezember 1925)
DOI Artikel:
Schaeffer, ...: Über die ''Ansichten eines Unmodernen''
DOI Artikel:
Grothmann, Heinrich: Zu den preußischen Richtlinien für den Zeichen- und Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0351

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Nun isk es auch durchaus verständlich, weshalb der
Verfaster zu der merkwürdiaen Feslskellung gekom-
men ist, dast er bei der Rllckkehr von Zelchenlehrer-
iagungen mehr Schaden als Gewinn gehabt hatl
WaS die Beeinflussung durch die Erzteher
anbelangt, so kommen dabel zweierlei Möglichkeiten
in Betracht. Erstens: der Leyrende ist In Manieris-
mus erstarrt und sn-tik nun mit ak-r Skrenge und
Engherzigkeit die Manier seinen Schülern aufzu-
diängen. Diese Beeinflustung ist von Üebel, denn ste
tötet Keime In det Enkwicklung. Zweikens: der Leh-
rende zieht durch die Art seiner Persönlichkeit die
Kindesseele zu stch herauf und bringt si« zu ihrer in-
dividuellen Entfalkung. Dlese Beeinflussung muh
geradezu von «inem skarken Subjekkivismus
ausgehen. Cs aehört eine starke Kurzsichtigkeit dazu,
In dem Slnne der „Ansichten elnes Änmvdernen" von

lauter „stacobys" usw. zu sprechen. Äach des Vei-
fassers eigenen Morken wird seinen Schülern
„endlich elnmal" ld. h. in Probezeichnungen) <8e-
legenheik gegeben, sich selbständig zu äusiern. And
diese ganze Selbständigkeit bestekt darin, dasi die
Schüler das Makerial sKreide, Blei usw.) stch selbsl
wählen dürfenl!

3ch kann es mir zum Schlujz nicht versagen,
meinem Befremden dari'iber Ausdruck zu geben, dasi
es aerade ein Zeickenlehrer sein musi, der den Ent-
wlcklungsnokwendigkeiken des heukigen Zeichen- und
Kunstunterrichts, der stch endlich einmal ganz in den
Dienst der Persönlichkelksbildung stellen will, ver-
ständnislos gegenübersteht. Und möchte darauf hin-
rveisen, dasz nur ein solcher Lehrer, der den neuzeil-
lichen Anforderungen Im Unkerricht schon mit ganzem^
Ernst nachgegangen ist, zu einer solchen Krikik, wlc
sie der Berfasser beliebte, berechtigt Ist.

Zu den preußrschen Richtlini en für den Zeichen-und Kunstunterricht

Bon Heinr. Groth m a

' - II.

Wir sprachen davon, datz der Zeichen- und Kunst-
unkerrtcht -ie schövferikchen Anlieaen des Kindes
und jugendlichen Menschen enkwickeln soll. Wenden
wir uns nun der Frage zu, was zu tun sei, um diese
Ausgabe "> erfüllsn.

Da müssen wtr zunächst der verbreiteten Anflchi
enkgegenkreten, dajz man den Schüler, um ih» nicht
in seiner Entwicklung zu stören, möglichst wenig be-
einfluslen soll. Diese Änstchk ist im allgemeinen doch
wohl talsch. 2n elnzelnen Fällen mag sie eine be-
schränkte Berechkigung haben, wenn es sich nämlich
um starke Künstlernakuren handslk, die zu Ihrer spezi-
fischen Kunstbegabung zugleich auch jenen Verstand
besiken, der instinktiv und zielbewicht steks dle wirk-
samsten Mikkel zur Selbsterziehung ergreifk und dem
stch die siktliche Krafk zugesellt, die an sich die höchsten
Anforderuiigen an Fleisi, Ausdauer u»d Wahrhaftig-
kelt stellt. Wo aber sind die Kinder, dencn die

LinolschniN riberrealschule iibliiigsn (Stndieurat.Kaisrr)

» n, Berlin-Lichkerfelde. (Fortselziing, slehe tzeft 9)

?!atur diese Gaben in glücklicher Mischung ge-
schenkt? Die Schüler, die wir in den Unkerricht
bekomnien, sind ja mit ganz seltenen Ausnahmen
durch vlslerlei Einflüsse schon in so hohem Masie dcr
iiakürliäzen Enkwicklung enkfrembet, dah sie, wenig-
stens in der Akmosphäre der Schule, der stärksten
Aufrüttelung bedürsen, um produkkiv zu werden, wo
sle alauben, sich als brav „Lernende" nur aufnehmend
verhalten zu müssen. Wird ihnen solches Berhalken,
dessen einsejkiges Borwiegen wir ja nur verurtellen,
doch überall als Tugend angerechnek. Unker diesen
Umständen gewinnt die vorher gesiellle Frage für
uns erheblich an Bedeutung. Was kann und musz
aeschehen, um dle produkkiven Krüfle des Kindes fllr
dle bildhafke Gestalkung zu wecken »nd zu enl-
wicksln?

Die „Richkliiiien" geben aus diese Frage eine
Antwort, wenn sie sagen: „Eine wichkige Aufgabe
der Ankerrichts beskeht in der Erziehung des Schülers
zu einer selbständigen, zielbewuszten und praktischen
Arbeitsweise. Bon ihr allein isk Selbständig-
keit und Krafk des Fühlens und Arleilens zu
schöpserischer Ärbeit zu erwarten."

Das lst zwar keine neue Botschaft, sondern alte
Pädaaogenweisheit, die aber viel zu sehr in Ber-
gessenheit geraten ist. 2hr Sinn ist höchst einfach:
der Schüler niujz das Lernen erlernen und daS
Schaffen.

Wer ekwas Rechkes schasfen will, musz an das
beste Werkzeug denken, auch das geistlge. Er mujz
voraussehen und vorausdenken, er miif; seine Arbeit
einteilen, er muh sick vom Erfolg oder Miszerfola
seiner Ärbeitsweise Rechenschaft geben, um durch
Erfahrung klug zu werden. Er muh sein etn bewuht
Suchender und Forschender. Und der Gegenstand
seines Suchens und Erforschens? Er selbskI Stch
ielber kennen lernen, darauf kommt es an bei jedem,
der ekwas schaffen will. Dle äuheren Gegenstände
bieken dazu nicht viel mehr als eine blofze Gelegen-
heit, aeskalkeird an ihnen die eigenen Kräfte zu tiben;
produktiv wird einer nur ini Ningen mit einem
Stoff, den er nach seinem Willen zu gestalten «nter-
iilmmt. Wleviel Ilrkeil, lleberlegniig ber Mittel,
 
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