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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 2 (Februar 1925)
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Was wir müssen und was wir brauchen
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Kubin, Alfred: Rhythmus und Konstruktion
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0043

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sind, so haben wlr aber nun die Verpsllchiung, dleser
unser Kunstgut nlcht wieder In Dergessenbeit geraten
zu lassen, wir müssen es auch in die Schulen bringen.
Wie wenige unserer Iungen und Mädchen komme»
auf Retsen und Wanderfahrten einmal seldst vor
die Originale. Und was sür Stunden lassen slch,
haben wir nur grotze, gute Nachbildungen zur Hand,
vor dlesen lebendig gebliebenen Zeugen unserer
Vergangenheit verbringenl Lichtbilder genügen ntcht-
Dauernd mutz das eine oder andere Blatt im Schul-
haus sich den Augen bieten. And vielleicht braucht
es nur einen Anstosz, um unsere tllchtigen Berleger
zur Herausgabe dieser Werke zu ermutigen.

Ich halte es sür eine ausierordentlich dankbare Aus-
gabe unseres Reichsverbandes, wenn wir unserer-
seils mik einer solchen Anregung an einen dieser
Berleger herangingen und anzelgten, was wir brau-
chen, Wir hätten die Gelegenheil, zu zeigen, dag
wir setzt auch da sind, ein kulturell ausbauender
Faktor. Wir können unser Ansehen nur sleigern und
die Berleger ein neues grotzes Propagandawerk
deukscher Art und Kunst, auch für das Ausland,
schafsen. Durch diese Änregung, durch Vorschläge
über Art und Auswahl, durch die Sicherung der
Anschaffung an unleren Änstalten hälken wir unleren
gewichtigen Anteil an dsm Werk. Auch unseren
Dlrektoren, den wissenschaftlichen Lehrern gegenüber
können wir durch solches Borgehen nur gewinnen.

V. Bölker, Lllbeck.

Dlese Anregungen erachke ich für wichlig genug,
datz sie der Reichsverband auf das Programm seiner
nächsten Tagung setzt. Schöpserisch lätig mllssen wir
sein und nicht alles von den Behörden erwarlen, die
genau so von den Ansorderungen der neuen Zeit
überrascht wurden, wie wir. Die Schriflltg.

Wa»dschmuck brauchbaren grotzen Wiedergaben des
Bamberger Reiters, der Etratzburger Eeclesia und
Synagoge, der Naumburger Ritter usw., um nur
«Inige davon zu nennen. Daran sind nicht nur die

eliiollchiiitt (slm Strand)

^ Rossnbergrealsch. Stnttgart (Stndlsnrat Baner)

Berleger schuld, sondern auch wir und die, die uns
seiner Zeit In dle Geschichte der Kunst elnsührten.

Gestehen wir mit iynen ein, datz uns sür diese
deutsche Plastik (trotz Langewiesche und anderer)
erst seit dem Kriegs die Augen wieder aufgegangen

Rhythnms und Konstruktion 2.S

von Alfred Kubtn.

Die Welt erschsint mir als Jrrgarten. 2ch will mlch
in lhr zurechtslnden, ich mutz es als Zeichner tun.
Es sind Gesichte, suggestlve Borstellungen, welche von
Kinoheit an in meinem Leben die Hauptrolle sviel-
teni sie felselten mlch durch Entzückung oder Schau-
der. Die zarten, unbegrsiflichen Gestalten möchte
ich festhalken. Woher aber dieser ganze Fluh der
Erscheinungen stammt, Ist mir Im Grunde nebensäch-
lich. Mlch zwinat ein unwlderstehlicher Trieb, diese
wie ln einem Dammsrlicht der Seele aufkauchsnden
Gebilde zu zeichnen. Wie kann man nun ein festes
Abbild eines stets im Wandel vergehenden Borbil-
des geben? Durch Uebungl Als Schauender hinge-
geben, als Zeichnender tätig, zerlege ich dle Bision>
baue sie von neuem auf, und versuche, fo gleichsam
ein geklärtes Traumbiid zu formen. Seit äahrzehn-
ten auf das Zeichnen in dieser Weise eingestellt,
finde ich in jedem Blatt zwei Komponenten, die zum
uünstlerischen Ausdruck kommen:

I. den unbewutzl von selost sich elnstellenden Zug
der Hand: den Rhythmus.

II. Den klaren, voraussinnenden Formgedanken:
die Konstruklion. Auf unerklärliche dunkle Welfe
teilt flch der Rhythmus den Etrlchen, die Über das
Papier fegen oder sorgsam htngesetzt werden, alS
Schwung oder Hemmung mit und verleiht so der
Zeichnung jene unverwechselbare Prägung, die wir

als „persönlich" empfinden. Aehnlich wie bei den
Handschriften kann man auch hier sagen, soviel zeich-
nende Hände, sovlel Rhythmen. Allo schon In der
angeborenen Vegabnng wnrzelt der Nhyttimus, nnd
liebung wird ihn nur mehr oder weniger bereichern,
fchmiegsamer oder starrer machen, unker Ilmsländen
bis zur Manler. Dem Pulsschlag des Menschen ver-
wandt, enthüllt er dem Kundlgen manches von den
seelischen Eigenschaften des Künsklers, daher liegt
im Ahythmus auck die geheime Anziehungskrast,
dis verwandte Seelen zuelnander zwinLt. Die zahl-
losen, durch dis ganze Anlaae in der Bergangenheit
des Künstlers begründeken Lindrücke haben in dieser
„Handschrlfk" ihren Niederschlag zurückgelassen. Der
Beschauer abnt das und es steigert sein änteresss
an dem Werk.

Wie verschieden hiervon Ist das konfkrukkive Ele-
ment! Was an der Zeichnung vorbedacht, planmätzig
ist, das ganze Liniengefüge, das die Grundformen
trägt, lst Konstruktion.

Geist und Äille des KünstlerS, erregk vom autzer-
menschlichen, rätselhasten Phantom, dauen örm-
lich, die Erscheinung umdennend, ln Linien. F eckrn

Träume, Masken und llngeheuer tauchen auf und
 
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