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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 4 (April 1925)
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{ppn:408508132Kolb, Gustav: Ein Wort an Herrn Prof. Dr. Julius Baum: Kunstwart in Ulm
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Tschorn, Richard: Der Rundfunk in der Bildsprache des Kindes
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0106

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Ein Wort an Herrn Prof. Dr. Iulms Bamn, Kunstwart in Alm

Professor Är. Z. Bimm, der srühere Leiter der
Nunstabteilung des Vereins zur Förderung der

vollrsbildung in Siullgurt, hielt nm 5. Mtirz in
Äöppingen iin Boilrsbildungsverein einen ösfenl-
iirhen Lichlbildervortrcig. Bei einem Gemälde von
Nonrnd Wih, dns einen Teil des Doms zu Basel

dnrslellt, mies er üarauf hin, dajz die Perspektive

nichl ganz richtig sei, daS komme aber nicht daher,
iveil oer Meister nicht hälke perspektivisch zeich-
nen können. Er fnhr dann wörtlich fort: „Konrad
Witz konnte sogut perspektivisch zeichne» als die
Zeichenlehrer es heuke nicht nLnnen oder können
ivlllen". Darauf Bemegung nnd Heiterkeiö iin

Publikum, unter dem sich auch ültere Schliler und
schülerinnen besanden.

Herr Vnum weisz nun sehr mohl, datz die Per-
speklive von jeher zum Fachskudium der Zeichen-
lehrer gehört und dah sie von allen Lehrern allein
darin eine Prtisung avzulegen haben. Er weiß auch,
melch einen schmeren Vormurs es für einen Zei-
chenlehrer bedeutet, menn man ihm nachsagen kann,
datz er in diesem ÄBC der räuinlichen Darstellung,
das er seine Schüler zu lehren hat, selbst nicht be-
mandert ist. Aerr Vaum wutzke also wohl, welche
Tragweike seine Worte hatten, dle nichk spontan dem
Migenblick entsprangen, sondsrn vorbedacht, abslcht-
lich gebraucht waren.'

Auf diese Zeldenlat, zu der meder Geist noch Mut
gehörte leine Aussprache über den Vorkrag fand
nicht statt), ist Herr Baum wohl noch stolz. Glaubt er
mit solchen persönlichen Angriffen auf den Zeichen-
lehrerstand der Sache der „Kunsterziehung" zu die-
nen? Äie ganz anders dachten doch unsere groszen
„Kunsterzleher" mie Lichtmark und Konrad Lange!
Diese wutzken, datz „Kunstsrziehung" zunächsk Er-
ziehung der äiugend Ist und nichk zuletzt von der ver-
ständnisvollen Tätigkeit der Zeichenlehrerschast ab-
hängk. Deshalb taten sle alles, diese Lehrer in Ihrer

Wirkfainkeit zu untersltitzen. Die kleinen „Kunst-
erzieher" von heute haben das anscheinend verges-
scn. Sie glauben Entscheidendes zu leisten, menn
sie mit Fremdmörtern gespiclrte und mit gelegentiichrr
Witzelei verzierle Vorträge hqllen. >

ES ist nun innerhalb kurzer Zeil schon das zmeile-
mnl, datz Vertreter des „Vereins zur Fördernng der
Voiksbildung", dessen Tätigkeit wir svnst ohne Lin
schränkung anerkennen, gegen die Zeichenlehrer ös-
ientlich aussällig merden. tzst dns vielleicht der Äus-
slujz einer tieferliegenden Äbsicht? Wir meinen, die
Sache der Knnstcrziehung ist eine so ernste, grojze.
bederrtungsvolle, zumal ftlr unser Volk heuie
bedeutungsvolle, datz alleS Unsachliche und Hemmende
das ihrer vollen Ausmirkung entgegensteht, streng
vermieden werden sollte. Prosessor G. Koib.

^rachschrift.

Am 26. März hielt Herr Prosesjor Dr. Baui»
nochmals elnen Vortrag in Göppingen. Es mar ihm
inzwischen nahegelegt morden, zu beweisen, daß die
Zeichenlehrer heuke keine Perspektive können. Nun
stihvte er u. a. aus, er könne nicht verstehen, dast
die Zeichenlehrer sich durch seine Aeutzerung belerdigi
ftihlen. „Wir sind heuke In der Perspektive so meil,
datz es dte Zeichenlehrer nicht mehr nötig haben, sich
intt ihr auseinanderzusetzen. Wenn ich diese Aeusze-
r-ung getan habe, so wollte Ich >d!e Zeichenlehrer da
mtk nichi beleldigen. Es ist sogar das Gegenteil der
Fall. Es llegt eigentlich ein Lob in meiner Aeusze-
runtz."

Soweit Herr Baum.

Respekt vor solch ge.wandten Leuten. Vun hat Herr
Professor Dr. Baum noch Anspruch daraus, basz die
Zeichenlehrer sich bei ihm sür das ihnen öffentlich ge-
spendete Lob vedanken. Aun, wir erklären, datz wir
ihn inik den obigen Ausftihrungen auch nnr lob > n
mollten. G. K.

Der Rundfunk in der Bildsprache des Kindes

Von Rlchard Tschorn, Skuttgart.

Lin überraschendes Ergebnis hatte ein Preisaus-
schreiben für Kinder srbracht, das der Eüddeutsche
A-undfunk in Stutkgark veranstaltete und das viel
Freude verursachte. Er forderte von ssinen jugend-
llchen Hörern ii» Alter von 6 bis 16 Iahren Zeich-
nungen irgendwelcher Arl^ welche darstellen sollten,
mte das Klnd sich eigenklich den Sender, der ihm
uöllig unbekannt ist, vorstellt. Man hatte mlt elner
Beteiligung von hischstens zweihunderk Kindern ge-
rechnet, In Wirklichkeit absr wurden sechshunderl
'Arbeiten abgeliefert. Die Einsendungen gaben ein
ganz vortrefsliches Material zur Beurteilung der
Kinderpsyche und der Entwicklung der kindlichen
Zeichenkunst, dle von den Pädagogen kurzweg die
Bildsprache des Kindes genannt wird, da sich das
Kind, solange es selbst nlcht schreiben kann und so-
lange ihm auch für den mllndlichen Ausdruck der
umfassende Wortschatz fehlt, dieser Bildsprache be-
dient, um in Linien und Formen seine Erlebnisse, so-
meit sie In selner Vorstellungswelt besonders eln-
wirken, nisderzulegen. tzm allgemetnen wurden die

bisherigen Wahrnehmungen und Beobachtungen der
>sy.chologischen Entwicklung des Kindes und Insbe
ondere der Entwicklung der kindlichen Zeiä-enkunst
»estätigt. aber man fand sie auch in verschiedener
Aichtung noch ergänzt. iln wieiveil dnS Makerial
Neues bietet, bleibt nakllrlich der Beurleilung der
Fachleute überlassen. Zmmerhin liejzen sich schon bei
der blotzen Ueberschau einige inarkanle Tnlsachen
seflstellen, -le nicht belanglos sind. Es sei im nach-
folgenden mlt darauf hingemiesen.

Es liegen zunächsk Zeichnungen von Fünljährigen
vor, also aus der Ältersklasse, in der das Kind sasi
noch auf der ersten Slufe der bewustlen Geskallung
steht. Der Erwachsene siehi eine erscheinungsinästig'.'
Darstellung, deren Ilnvollkoinmenheit nur sär den
Erwachsenen nlcht aber slir dns Kind bestehk, dn die
Darstellung ln seiner Vorslellungsmelt eine or-
ganische Einheit bildet. Das Klnd, dus nle
eine Sendeflation gesehen hat, musz sich bei seiner
Darstellung auf gemisse Merkmaisorinen beschränken,
die ihm aus dem Ällkagsleben eiitgegenmuchsen.
 
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