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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 10 (Oktober 1925)
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Hänsch, Felix: Volkstümlicher Zierrat
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0279

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Bolkstümlicher Zierrat

Aus dem Lanüesmuseum für Sächsische Volkskunst. Bon l?elir 6 än ! c1> - Dresden.
(Duzu die Abbildungen dieses Heftes.)

Doc einigen Tagen gingen wir durch die Ausstel-
lung des DereinS akademisch gebildetec Zeichen-
lehrer im Dresdner Kunstgewerbemuseum. Der Lin-
druck war für uns Studenten — wie Immer bei svl-
chen Ausstellungen — in mancher Hinsichl qeradezu
nieüerdrückend.

Da lst Leben, üa isi kllnstlerisches Schasfen! Unbe-
ipujztes, nniveS und doch gerade deshalb vielleicht
echtes Kiinstlertum. Da drängt alles znr Eestaltung.
Ileberall Freude, herziiche Hreude an Farbe. unü
Form. Keine Lheorie — wenigstenS in den meisten
'Fülien —, kein Aesthetisieren. "Aur pulsierendes,
heijzeS Zugendleben.

Äie wenig von dieser Freude, dieser selbstver-
ständlichen Hingabe, mit der gestaltet wird, ist noch
in uns lebenöig! Da sind überall Gedanken — ädeen
— Lheorien,'hie alles niederdrücken, was rein aus
oem ännersten hecausquiilt.

LS ist traurig; aber der nüchleiiie Derstand, der
eiserne Talwille unserer Zeit hat unsere Seeie in
Dann geschlagen. Da hilft kein Leugnen, kein sich
Sträuben. Es ist ein Hohn, ist wie eine verzwelselte
Grimasje, wenn moderne Perstandesmenschen „in-
fantil" schaffen wollen; sein wollen wie die Kinder,
indem sie Klnderzeichnungen studieren, nachahmen.
Wir können nicht mehr gestalten wie der naive
Mensch. Wer es versucht, wird gekünstelte — nichl
Kunstwerke, hervorbringen. Aber wir wollen —
als Führec und Helfer der Iugend — wenigstens
dort, wo dieser Geist noch lebensvoll pulsiert, schüt-
zenü und fördernd einqrdifen. Mele haben diese Ge-
üanken schon verwirklicht. Das hat bie Ausstellung
qezeigt. Die vorliegende Arbeit möge ein Beitrag
jein, ein weiteres Eebiet mit hineinzuziehen in den
Arbeitskreis, den Werkunterricht.

Warum sollen öa, wie das in oen meisten Fällen
geschieht, nur rohe, nüchterne Gebrauchsgegenstände
sür üen Alltag hergestellt werden? Gewih muiz auch
das geschehen. Aber nicht, ohne dem sugendlichen
Schaffensdrang ein Zugeständnis zu machen. Ein Zu-
geständnis an üie Freude. Wie schwer fällt es uns
oft, die geschmackvolle, eigene Zierde sür einen Ge-
genstand zu finden, so dajt man an Focm und
Schmuck seine ungetrübte Freude hat. Wie jelbst-
verstäiidlic!) und sicher haben da unsere „Volkskünst-
ler, unsere Handwerker einst geschmückt. Als Bei-
spiel möchte ich einige Gegenstände bringen, denen
Herr Hofrat Seyffert in dem stillen, verträumten
äägerhof eine neue Heimak schenkte. Leider mujz ich
mich auf kleine andeutende Skizzen beschränken.
Aber ich glaube, als Anregung wird es genügen.

1. und 2. sind Ziermotive auf Bügeleisen aus dem
ersten Drittei des vorigen LaMunderts.

Mit einfachen, ach so reizvoll-üngeschickten Stri-
chen ist hier ein lustiger Schmuck eingraviert. Mutter
init dem Biigeleijen. Könnte etwas anderes näher
lieaen?

Oben geht die Form der Plätte spih zu, da ist also
über Mamas betrübtem Geslcht noch Platz — ja,
das Plätten ist nicht gerade ein Spatzl ldarum dte
Schnute) —. Bekommk sie also zwischen den 2. und
3. Finger — vier sind überhaupt üur da — ein

Blümlein. Auch an der Seite ist noch Piatz. Aiii
einigen Strichen wird ganz ohne Zusaiiimenhang »>il
Aiama ein -<>latt, stilisiert, eingraviert. tznhreszahi,
Borname oder die AnfangSbuchstnben des Aameiis
der Besitzerin erhöhen den persönlichen Wert des
Stückes. Autzerdeni finden wir Aanten, Base»,
Blümchen — wie Ar. 2, auch lineare Aiusier.

3. ist eine Oelmaierei an einer Betlsielle. Wie
lustig ist öie viereckige Fläche mit Glockenblumeii
und Knospen — auch anderen selljamen Blülen,
aus langen, eiiiigeriiinszen syiiimetrisch geschwungenen
Stielen aufgeteilt. Dann bie Schale uiiien. Einsach
loSgemalt! Wozu ersi grotz Kopfzerbrechen?

4 ist eine ganz seltjame Zeichnung auf einem gro-
tzen Lellec in das noch weiche Materiai eingeritzi.
Aachträglich noch — an den dllnn-schraffierten Stel-
len angemalt. Kaum kann man erkennen, was cs
sein soii. Eine Stadt am Wasser? Line Stcatze? Was
es auch bedeuten soll — nur irgend etwas Lnsliges
drauf! Nur nicht den Teller roh und kahl lassen! Ein
reizvolleS Stllck ist auch 5. Unten eine Kante — viel-
leicht sollte es anfangS die Strasze werden? Daraus
drei Häuser in einer dekorativ sehr wirksamen Per-
spektive. Gleich aus dem Dach beginnt die Wiese, in
die daS nüchste Haus bald ganz hineingerutschl isl.
Auf dem Bach wächst ein fideler Stachei-Bauin. Die
Türme rechts und links schauen so biederernst drein.
Wo üie beiden anderen Tiirme stehen, ist die grotze
Frage. Alles in allem, eine urfidele Stadt. Aber wle
fein die Aufteilung dec Fläche. Dann daS vornehine
Aotbraun der Dächer und die lustig-grüne Wiese.
Alles fein abgestiinmt auf öen gelblichen Gcund ües
Tellers. 0, 7, 8 sind ebenfalls Bkoiioe von Teller»,
Blumen, eine Schale mit Aepseln, Weintrauben,
Feigen. Alles in ebenmätziger, nicht gezwungener
Flächenaufteilung. Das Äitzigste ist entschieden g.
Die beiden Piepmätze, die vor lauter Freuüe so täp-
pisch-kokelt an der Blumenranke heriimstrampeln.
Äie schianken Fischschwänze lang ausgestreckt. Auch
in Farbe sehr sein abgestimmt. Und doch nicht abge-
stimmt, es wurde einfach so. Blau die Blüten, braun
die Ranken und Bögel, der Grund ocker.

Zuguterletzt die drei Hainpelmänner: der Herr
Wachtmeister i»i rolen Uniformrock mit dem starren
 
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