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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 10 (Oktober 1925)
DOI Artikel:
Ziegelmüller, Franz: Weltanschauung und Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0278

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Wollen, sondern von den Wlrtschaftsverhältnis-
""" 2deen ausacht. 2n weni-

iliin zur dersiigung, uingenevrr peinigen lyn aucy
üeren Arängel. 2st er dort Herr der Wett, so ver-
lpürt er hier den Herrn itder sich. Dort beutet er
chonungSlos aus, hier nber opsert er, nur uin zu
crnten. Dort parnsitische, Verbrauchswirtschast, hier
mubiotische, Erzeugerwirtschast. Dort der Schwer-
piiiilU »litten ini Leben, beiin Linzelnen, hier in der
Äe amtheit. Dort wird daS Trenneude. hier baS
Linigenoe betont. Dort ein Hinwsnden zuin Dies-
seits, zuin „Sein", hier ein solcheS zuin IenselkS, da-
init zum „Werden". 2>r ersterem Falle haben wir
ivahrnehinige, naturnahe, sensorische Kunst. Ein Ien-
seitsgcrichketsein aber hat iinaginative, vorsiellige,
naturferne Kunst zur Folge. 2st aber ein Dies- oder
ZenseitSgerichtetsein nicht ein Ab- bzw. ein Hin-
wenden zu Gott? - --

Wir lernten bereitS die Bedeutung deS see-
lischen Gleichgewi ch teS lDarwin!) kennen.
Co gut daSselbe beim einzelnen Menlchen Notwen.
digkeit lst, wird's solche auch flir Bölner sein. Muß
Linseitigkcit nicht das unterdrtickte Minus auf den
Plah cufen, »in die Aorin mieder herzustellen? Äan-
delt nicht alles hier auf Erden zmischen Leben und
Tod? 2ft Leben nicht zugleich schon Tod, umgekehrk
der Tod bereils wieder neues Leben?

Wir kennen alle unsere Zeit, wie sie war, ist, kurze
Zeit noch sei» wird! Shne guten Willen ist sie gokt-
los. Ohne Seete gefiihllos. Äacon von Berulain's
Wort „Äissen ist Macht" triumphiert in unserer
Schuie! 2»i Wlrischaftsleben aber, wie steht's da?
Wnren wir nicht Herren der Welt, diese uns Beute?
Berlegten wir den Schwerpunkt in's
eig'ne Leben, oder in jenes der Ge-
in e i n s ch a s t? des Bolkes? Waren wir
dies- oder j e n se i t sg e r i ch te t? Mußte
nicht die Kunst unserer Tage naturnahe, wahr.
nehinig, sensorifch sein? Ist sie eä? 3st ansere Wll-
senschast nicht Analyse?

Wiederaufbau ist unsere Pflicht.
Wie die koinmende Zeit? Ahnen wir's?
Dursten wir bereits einen Btick hineinwerfen in die
neue Zeit? Ich antworte: 2al Wann zeigke
sich der „gute Wille" aller, wann die
„verachtete Bolksseele?"

Zu Anfang, aber auch nur zu Anfang des
groken Krieges. Ein erstesinal sahen wir „Iungen«
die Deutschen einig. einig, wirklich einlgl Wir waren
plötzlich Brllder. Wo vorher Hasz und Skreit, da
nun bedingungslose Hingabe. Statt Ausbeuterei er-
hebenden Opfergeift. Das Leben des Einzelnen, vor-
her jedein fo werivoll, es war auf eininal wertlos
ging restlos auf in jenem üss Bolkes.'Wrwchaä-nicht
ein Blick hinein In's junge Deutjchland? Ein Licht-
blick nur, dann siegten die finstecen Mächle erneut.
Eiii Blick, den Max Scheler fefthält in den Worten:
„Der GeniuS des Weltkrieges hat die Menschen zu
einer neuen Einstellung auf Welt und
Lebe n gezwungen, indein er dte Liebe erzeugle, die
das ktinstlerische Schauen und Schaffen beflügelt,
die den Geistj heraustreibt aus dem egoMschen tzch
i»id aus der Konvention der gemeinen Aatur- und

Lrkenntn-i-sse. fs. Besprechung in
Der Mensch ist hinelngestellt in
t. Deren ganzer Reichtum steht

le», ja von m-arz»
gen Sätzen selne
Kunst und üugend.)
Gottes weite Wel

Welkansicht". Hat er nichl recht, wenn er von jenen
Taaen schcieb: „Anser Tag wird verdun-
keIt, aber die Geschichte wird hell u n d
i h r -e grotze -n Schatten beginnen s i ch zu
rllhren"! lteder Besitz will wohl erworben sein.
Wir ringen um eine neue -geistige Kultur. Soll Liese
echt werden, der Batur entfprechen, dann m ii s s e n
sich in voller Freiheit entfalten die
>dpei G e i s t es g a b en: der -gute Witle,
ein gesundes Fiihlen unü eine volle
Lrkenntnis, oder die entsprechenden
G e i s-kes d i s z i p l i n e n: Neligion „ Kunst
u n d Ä i s s e » s ch a f t !

Die Kunst wir-d eine vorstellige sein. Der Reichtiim
der Aujzenwelt wird abgelöst werden von jenem der
tznnenwelt: die unter-drllckte Seele macht sich frei!

Der Aeubau lst im Entstehen begriffen. Was ich
hier bot, ist Klarheit darllber, wie der Baugrund
„wurde", sein mutz, um Las Fundament legen,
den Bau erstellen zu könn-en. Mein Thema ist -da-
mit nicht voll gelöstp Boch müizte ich anschlietzend
behandeln Fra-gen wie: Die pfychologischen Bor-
gänge beim SchaffenSprozetz. Wie wird unsere Schule
sowohl -der Einyeit unseres Bolkes als auch der
öndividualität des Li-nzelnen gerecht?

Borstelliges Zeichnen ist also beileibe nicht „Mode-
ache". Borstellige Kunst entspricht einer Lebensein-
tellung, wüchst -aus dem tznnern der gott-
uchenden Seele! Der Mensch kann sich ja
Gott zu- oder abwen-en: ec ftihlt sich hingezogen
zum „Sein" oder zum „Werden". Ist unS aber schon
das „Sein" in vollem Umfange unverständlich wie
viel mehr wird's die „Wunderwelt des Weroens"
sein! tzedes „Wer-den" kennt zwei Stusen: Lmp-
fängii i s — N e i fe l tzst die erstere nicht Geheim-
nis? Birgt sie nicht der Wunder unzählige? tzn dem
Augenblicke, wo der Mensch die Schleier lllften,
wegziehen will, wird er zum Mörder deS Lebens!
Neife! Bedeutet sie nicht „E n d e« — und bereits
wleder „Anfan g"? Ist'S kein Äun-der? Endezu -
g l ei ch A n f-a n g? 3 a, >d er Aingder Lwig -
keit schließt sich in ihr! !Z n ihr liegt
Schöpferkrafr und Schöpferweisheit
begründetI
 
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