Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 3 (März 1925)
DOI Artikel:
Steinweg, Carl: Wer soll auf unseren höheren Schulen den ''Kunstunterricht'' geben?
DOI Artikel:
Gärtner, Paul: Erziehung zur Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0071

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
63

1l»d häilge» die runide» Bamnkugelche» i» der
Äulie »ltzil wie dunkieS Bejchmeiüe am Halse der
Frau?

Aiuiierschaft also in stiller Erwartung und im lieb-
lichen Schmuck der Naturl

Daä Siegel üieser 2-dee, das ewige Symbol ber
Fruchtbarkeit selber, sinde» wir im Blickpunkt des
Bkldes, genau da, wo oie Diagonaten der beiden obe-
rcn Drittel der genannten Fläche sich schneiden: die
weibliche clnguinallinle.

Goethes unsterbliches „Herbstgefühl" klingt ln unser
Ohr. Es isb aus glelcher Stlmmung geboren:
Fetler grüne, >du Laub,

Dm Rebengeläniüer

Hier inein Fenster herauf!
Gedrängter quellet,
Zwbllingsbeeren, und reifek
Schneller und glänzend voller!
Euch brübet der Mutter Sonne
Scheldeblick, euch umsäuselt
Des holden Himmels
Fruchtende Fülle;

Luch kühlet des Mondes
Freundlicher Zauberhauch,

Änd euch betauen, achl
Aus diesen Augen
Der ewigbelebenden Liebe ,
Bollschwellende Tränen.

Erziehung zur Kunst

Paul G2rtner-Lharlottenburg.

Der Zetchenunlerricht in de» Schule» ist aus set-
ner öden, leblosen Sbarrhelt, die lh» in meinen
Kindhelts- u»d 2ugendtagen zur inhaltllchen Frucht-
losigkeit verurleille, endgiltig heraus. Die papierene
und gipjene Schablonenperiode muszte derjenigen
weichen, dle Stofs und Ziel aus dec Aatur, aus dem
Leben jchöpfte und wir sind auch über sie hlnausge-
kommen zu der, die Kunst und Zeichenunterricht !n
wechselseitigen Dlenst stellen. Alan sieht in Zeit-
schriften unö in Sammlungen zu Aussbellungszwecken
manches kleine Meisberwerk aus Schüisrhand, man
sieht Scheren- und Holzschnitte von beachil.cher
künstlerijcher Höhe, hat seine Freude an mancher
Feder- oder Pinjeileistung, siehi auch selbstgeschrie-
dene und -illustrierte, vom Äersasser, Schreioer und
Zelchner selbst in gulem Sttl in selbstgemusteries
Papler gevundene kleine Bücher — alles ausgezeich-
net und sehr interessant und wertvoll. Es llegt auf
der Hano, dasz diese im Berborgenen schaffenden
kleinen Künsller und Kunsbgewerbler Schüler höherer
Lehcansbalten sind, unü datz ihr vorgerücktes Schüler-
alter thnen ihre Leistungen erleichterk, dah aber auch
besonders sähige und interesslerte Fachlehrer sie an-
regen und fördern. Man kann es auch In der
Bolkäschule zu recht guten Ergebnissen brlngen,
man wird aber hier doch zu leiden haben unter zwei
Dingen: Zeichenunterrlcht lst hier »icht Sache eines
künstlerisch oder kunsigewerblich besonders sorg-
fältig vorgebildeten Fachlehrers, sondern muk u. A.
von dem ersten besten erteilt werden; dle Vchüler
aber brechen mit dem 14. 3ahre die Arbeit ab, so
dasz auch die unter den besben Boraussetzungen be-
gonnene Durchbildung Stückwerk bleibt und in der
BerufSausbildung oder gar in der mechanischen Ar-
beit deä ungelernten Aroeiters untergeht. Dle zwe!
Wochensbunden, das sind 80 Zahresstunde» oder
höchstens 040 Stunden während der ganzen Schul-
zeit vom 0. bis zum 14. 3ahre reichen elnfach nicht
hin, um über dle Anregung und den Anfang hinaus
zu wlrke»; ihre Wirkung dringb-nicht-in- die Tiefe,
wird nicht zur Erziehu n g. Der Zeichenunterricht
umfatzt ja während der acht Schulsahre nur etwa
ein Dreizchntei der gesamten Schulerziehungsarbeit
— und daneben steht in der Zeit autzerhalb der
Zeichenstunden vsk genug wenig oder nichts, was in
derselben Richtung beelnfluszte; es wird tn dleser
Beziehung eln gewisses Berwandtschaftsverhältnis
zwischen höhere» und Bolksschulen festzustellen sein,

und die Folge ist die, datz die weiteste» Bolkskreise
in allen Echichten zur Kunst und zum Kunstgewerbe
e!n sehr fragwürdiges oder gar kein Berhnllnis
haben, dasz wir recht viei gute und beruflich tüchbige
Menschen haben, datz es aber mit unsrer Ausdrucks-
kulkur traurig bestellt ist. Was für Bilder hänge»
an den Wänden unsrer Häuser ,in denen der Arbei-
ter, der Handwerker, der Kaufmann, der mittlere
und gar der höhere Beamte und der Fabrikant
wohnt! Menns nun schon noch immer Kitsch wäre —
es ist aber oft Schund — zuweilen sogar bei
Lehrern aller Kakegorien! Die Künstlerstein-
zeichnungen, die dem Bolke selt Oahrzehnten wohlfeil
dargeboten werden, haben aus dec stillen Wand-
reserve, i» der sie auch in den Schulen gehalten wor-
den sind, »icht ins Bolk hineindriagen können, der
Unierschicd zwischen einem gut und cinem schlecht
gedruckten Buch ist verhältnismätzig wenig Men-
schen klar, u»d wen» man Schulleuten ohne Allck-
sicht auf ihre Herkunft sagt, wieviel Zeit, Mühe
und Sorgfalt der gewissenhafte, kullursördernde
Buchverleger auf die ästhetische Gestaltung ües Satz-
spiegels, des Titelblatts, des Deckels wendet, dann
begegnet man ost genug einem verwunderten: „Ach —
das jollte man gar nicht meinenl" — Ilnsre Schau-
slächen, vom Aeklameplakat bis zur Hausfassade
samt de» daran befestigten Schildern zeigen in be-
trübender HSufigkeit denselben Mangel an Kultur,
den wir im llnnern der Häuser und nicht zuletzt am
Kletd auf unserm Körper beklagen.

Kann der Zeichenunterricht, selbst wenn er ein
Siebenkel aller Unterrichksstunden erfaszte, hier aus-
schlaggebend Wandel schaffen? üch glaube, er isk
der gsgebene Mittelpunkt, von dem aus und
zu dem hin die Arbeit laufen mujz, vor allem: z u
.d em hin! Allein aber und ohne die unermüd-
liche, unausgesetzte, gleichgerichtete Arbeit im ge-
samten übrigen Unterricht kann er die
Aiesenaufgabe nicht lösen; denn einzelne, selbst klas-
senweise Spitzenleisvnngen schaffen noch keine neuen
Werte in der Breite.

Der Gedanke: Wie ist es zu machen? beschäftigt
mich seit lanaem; schlietzlich habe ich die Gelegen-
heit beim Schops erfatzt, als sle slch bot. Och ging
von dem Gedanken aus, datz der gesamte An-
terrichk an der künstlerischen Erziehung beieiligt
und der Grund dazu sofrühwiemöglich gelegt
 
Annotationen