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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 9 (September 1925)
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Ziegelmüller, Franz: Weltanschauung und Zeichenunterricht
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Kolb, Gustav: Der Blumenstrauß
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0251

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der Wissenschaft. Den BeweiS lieserir die
„Modernen". Ein „Sichfrelmachen" von aller Er-
lienntnls ein „Schwelgen In Gefüblsn", umgekehrt
ein kaltes Berechnen ber Wirkung machi ihre Kunst
wirklichkeiksfremd und uiwerständlich. Wjir dürfen
in der Kunst -die Tatsache nicht übersthen: „Das
Auge vermitkelt üem Bewuhtsein üas Material zu
der Berarbeitun-g und erst als Folge üieser Sinnes-
eindrllcke komnik das feelische Leben überhaupt zu-
stanüe". (Deri) Damit also Letzkeres geboren wirü,
mutz man dem Auge Entsprechendes bieken. Datz üie
Nakur hierzu reiche Moglichkeiten hat, wird nie-
mand bestreiten. Alle Aeglster seelischer Stimmungen
vermag fie zu ziehen. Doch mutz ich sragen: Vermit-
teln unsere Zeichensaalmodelle — Ausnahmen be-
stätigen die Äegel — seelische Werte?

Äarum müsfen wir, wenn wir forlgeschritten find,
zu Formen vergangener Zeiken greifen? Sinü nicht
üie Modelle meist mchr oder weniger üarauf ab-
gestimmt, klare Erkenntnis üer Form zu erzielen?
Wir bieten nur üem Aüge, nicht gleichzeltig der
Seele „Makerial" zu üer Betätiguna. Nichkige For-
menwiedergabe einschlietzlich ües Lichtes und üer
Farbe, also Formerkenntnis, nicht aber Formemp.
finden wurde angestrebt. Wir waren üamit üer Zeik
entsprechend mehr Wisfenschaftler als Künstler, üamit
aber auch auf üem ilrrwegel Anstatt üen Man.
gel an Geftihlsbilüung zu bcheben, vergrötzerken wir
das Uebell Kurz: Wir erwiesen uns als waschechte
Makerlalistenl

Ein solcher Zeichenunkerricht entbehcte üadurch auch
des Ho hen, Wachr vn, kurz: ües religiösen Ein-
schlags. Mit Betonung des letzteren bln ich bel üer
dri iken geiskigeu Fähi gkeit, üem Wo l-
l e n, angelangt.

Erkennen unü Fühlen bedeuten noch nicht dle Tak,
flnü nur Anfang unü, weil ans „Geschöpf" gekettet:
unvollkommen, vergänglich. Der guke Wille, veran-
kert ln Gott, ergänzt, was fehltl Mit ihm beainnt
das Werdsn. Der Msnsch, er wird zum Schöpser,
Zeltliches verbinüet «r mit Ewigem. Wollen, üas
yeitzt Erkenntnis und Gefühl umsetzsn lu üle Tat.
Der Wille kann hlmmelstürmende Kraft bedeuksn,
umgekehrk sein Fehlen macht flügellchm. Unü «r
kann gut oder böse seinl Der gute Wille besiegt je-
doch jederzeit üen bösen. Der Vollkommenheit stre-
ben wlr zu. 2hr kommen wir nur näher üurch elnen
guken Mlllem Guter Wille ist Gottes
Willel Lr Ist Znhalt, als solcher etnzig sichere
Grundlage der Äeligion. Zedwede Aeligionsform mutz
darin gipfeln, datz sie üas Gute, Mayre wlll. Ohne
solchen Willen bliebe sie Form ohne Inhalll Solche

aber entfremüet.
Religion, Kunst

und Wissenschaft

sinü also jene G e! st es d i s z > p l i n e n,
welche üen 3 Geistesgaben, damit un-
serer Natur, entsprechen. 2llle drei z u-
sammeu machen erstüas Leben a u s.

DerDeutsche vouheutehandeltwiüerbesseres Wis-
sen, wenn ergleich den ersten Menschen nur voi» Bau-
me üer „Erkenntnis" ltzt, um eineParaüieseswelt, die
„Welt des Schönen", zu verlierenl Es sehlel ihin
gleich jenen ersten Menschen üer gute Wille. Das
„2hr werdet Gokt gleich seln", es lockt auch unsere
Menschheik. Sie will üamit übsr ihr Ziel
hiuaus, glbt üaüurch stch auf, ist somil verloren.
2utsllektuaMsch, gefllhllos, akheistisch, von einem
fchlechten Willen beherrscht, so ist unsere Weltl
Damik: wirklichkeitsfremü, naturwiürig uud schlechl!
2st es Zeit ein derarkiges Schiff zu verlasse»?

Glei-chwertigüie Geiskesgaben! Doch:
Angleich teilt die Natur die Gaben!
Daraus erwächst üas Spiel der Kräfte, üas lehteii
Enües Ursache allen Fortschritts ist. Die Geistes-
gaben betrachten, heitzt: Den Blick auch ausdehnen
auf üen Cinzelnen, wie auf die Gesamtheit. Der Be-
griff „Mensch" ist Einheit und Vielheik zugleich, ob
wir sein Aeutzeres oder sein Znneres betrachken. 2»
dem Matze aber, wle sich üie Einheit der Vielheik
unkerorünet, umgekehrt, üiese üas Eigenleben nicht
bedroht, herrschk Harmonle: „Cintracht verblndek
allel".

Ungleich sind üie Gaben ausgeleilt. Wir reden also
nichk ohne Gruud von Begabung. Welchen Einflutz
hat dieselbe für üen Einzelnen, fllr üie Allgemein-
heik? Äehen wir wiedsr von üer Anschauung aus.
Als inkellektuelle oder emokionelle Täligkeit wirkt
sie sich aus.

1) E rkenne u bedeu-ket: Mahrnehm-eii, sainmeln,
aufnehmen ins 2nuere. Die Vielheit der Formeu
steyt am Anfange solcher Arbeil, um von einer Ein-
heit verarbeiket zu werüen!

2) Fühlen beüeutet: Aeichtuni im 2nnern, ihn
verlegeu nach autzen. Die Liuheit üer Form wirü ge-
schaffen, um auf eine Vielheik zu wirken!

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„Persönlichkeit bedeutet Einhelt ües Bewutzk-
seins, 2nnenlebeu aber -dessen Fülle und Reichtum".
sBaudouin).

(Schluß solgt.)

Der Blumenstrsuß

Iin^^i-Nfal,<>ikoiel aus der 1. Zeichenklasse einer Mädchensä-ule. ü. Schuljahr.

(Hiezu die 3 Abbildunaen auf der Beilage) vonL^Lalb-,

Nase, den Zauberer und die Schlangen, Schneewitk-
chens Hochzeik, das fürchterliche Ungetüm im Walde
und die „sütze kleine Dirn" (Rokkäppchen) u. a. m.

Als es „weihnachtete" malken wlr die alten und
doch ewig jungen Weihnachtsmärchen: den Meih-
nachtsmann, der hier zu Lanüe Schellenmärke oder
Pelzmärte heitzt, den Engel,der Verkündigung, die

Wir, die kleinen märchenhungrigen, schönheitsdur-
igen, gestaltungsfrohen Mädchen und ich, hatten den
vlnter über küchkig gearbeiket, lustige Dinge mit dem
Bleistift auf das Papier geschrieben und allerhand
Märchenhattes farvig gestaltek: Die böse Hexe, die
stolze unnahbare Königin, den schönen jungen Prin-
zen, den alten König, den kleinen Muck, Zwerg
 
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