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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 5 (Mai 1925
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Meyer, Fritz: Der Linolschnitt
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Kolb, Gustav: Der Naumburger Dom und seine Bildwerke, aufgenommen durch Walter Hege, beschrieben von Wilhelm Pinder
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0129

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»icht Mcdergabe der Wirklichkeit verlauge» kö»-
»e». Die Ausgabe Ler Kuiist besteht überhaupt »lcht
dari», Lrschemuiige», Mle kie u»L in Ler Natur ent-
gegentretc», wisseuschastlich geirau abzubllde». Der
»üiistler iiilitz slch slieks de» (üesetze» seliier Mittel
liige». tzier mutz altes aas dle streiige Form >der ge-
schiiltleweii Liirle, a»uf de» Zusamiiieiililaiig weitzer
imd schwarzer Flächen zurückgeführl werden. Der
Küiistler wählt auä de» Alerkmaie» der Erschelnim-
gc» nur die weseiitlichste» auS, dle er als Träger
jcliies Blldgedankeii's eiiipflndet. Bur der grosze
Ahylhiiius des Erlebnisses wird festgehalten, uind
i» die reine Formensprache des Schwarz-Welsz uin-
gesetzt.

Dle Schönheit elnes solchenj SchnitteS erschlletzt sich
»ur dem, der sich i>n diese Forinensprache einzu-
leben veraiag. Durch dieses Einfllhlen, durch das
häufiae Betvachten des Kuastwerks wlrd dle lnnece
Alelodie elnes Blldes seNam lebendig: der ruhige,
selerliche Klang groszer Flächen, der Wechsel vo»
Schwarz u»d Weitz, das llber die Blldsläche hin-
slackert, der lelse Taktschlag deS zarten Spiels
weitzer Linlen auf schwarzem Grunde.

Nun möchke tch noch kurz den Wcg zum Ber-
ständnis der Holzschnltte, die wlr ausgewühit habe»,
andeuten.

ÜIn deni ersten Schnltt ist das Erlebnis einer
Skadt, eines stelnernen Häusermeeres gestaltet.

Aus dem Schwarz des Bordergrundes führeii
weitze Ltntsnzllge lns Blldinnere, Haus steht hlnter
Haus; kahl-gestceckte Stratzen schneiden hart in
den Häuserdlock. 3m Hinkergrunde der Turm einer
Klrche, der die schwingenden Magrechten der Hllgel-
kettsn am Horizon-ke untecbricht: am Hlmmel schwarze
Woikenfetzen, hinker ihnen hervorschietzsiide Son-
»enstrahlen.

Äir slnden ln dtekem Schnitl nichts von Nwtur.
loiedergabe iin Linzomen: Es soll nur daS Gesamt-
bild, die Kahlheit und Nüchteriiheit der Häuser-
veihen, der havte, klirrende Rhylhinus der hentl-
g>en Lroszskadk festgehalten werden.

Dieser vewogte Ähythiiius klingt in jeder Form
des ÄlldeS rvieder. Dle einzelnen Flecken, dis ein-
zetnen Linien sind wie aus der Platte herauSge-
hauen und scheinen deshalb in dem unrnhigeii
Ähychmus der Groszstadt zu erzittern.

Diesem Holzschnitk werden gewijz viele anfäng-
lich sremd gegenüberstehen, nur durch Einarbeiköii
werden sie die Schönheilt, die ich> htneinzulegen
suchte, fühlen, durch >ein> Einftchlen in dem Sinne,
ivie ich >es ebsn gezeigt habe.

Der zweite ScynW ist ln ssiner Mirkung viel
ruhtger.

Die Schönheik dieses Bildes licgt i» der iebkiidigk»
Bertei'lung der weitzen Flecke» u»d ikiiiie» nus üer
schwarzen Grundfläche.

Das Weitz des HauseS, daS die linke Bildhälstk
erstillt, ist uUterbrochen vo» dem Rechleck deü Fe»>
sters und 'einem wagrecht ziehende» schwarze» Band.
Aeujzerst reizvoll ist der Gegeiisatz der wagrechlk»
wciszen Liil'ien der Feiisterläde» zu de» Seiikrechik»
oben am Hause. Die rechte Gestalt ist mil ivcnige»
weiben Flecken auf dem schwarze» Grunde ange-
deutet: die beiden andern stehe» schwarz, vvn eini-
gen iveitzen Linien durchzoge», auf Lcr Fläche des
HanseS.

Anch hier ist bei de» drei Gestnlle» »ur die
grosze Bewcgung erfajzt: Einzclheiten der Hände
oder des GesichtS, die wir alü slörend empfindkn
müszton, sind weggelnjse».

Bor solchen Holzschiiitte» üürfe» wir »ichl immer
fragen: Was bedeutet diese Form i» Mirklichkeit?
Dsr Meiisch, der immer alles mii der ^calur ver-
gleichlt, wird elne» solchk» Schiiil! »ie verstehsnd
betrachte» können. Nur dem Atenschk», der sich i»
das Wechselspiel der schwarzen u»d weisze» Flecke»
ko einlebk, sodatz eü für lhn zu leben bcginnk, wird
die eigeuartige Schönheik ossenbar wecden, die i»
dein Bilde verborgen liegt.

3n dem dritten Schiiil!! hat ei» Schüier, der srllhsr
in Slldameri'ka weille, daS Bild der Sleppe zu ge-
stalten versucht.

Born ein grafendeä Tier; ein Karren und ein
Hivtenfeuer; die grosz geschwuii'geiien Linien führe»
den Blick iiber die Hllgelwelle, die vo» einem HauS
und eineni WKldchen gckröiit ist, in die freie Weite
hinaus.

3n diesen weiiigen Linien ist, lrotzdem wir fast
nlchks Gegenskändliches crkeniie» köiinen, das
Wese» der Steppe gebannt: Weite und Liiisaiiikeil.
Die genaueste, gegenständlichsle tZrachbilduiig wttrde
nicht so sliark auf u»S wirken; gerade dadurch, das;
alles Ilniv-es'Siitliche weggelassen ist, und das Erleb-
nis >i>n> die reine Sprache des Holzschniktü übersetzl
ist, kann uns das kleine Bildchen Ausdrnck der
Ligenart der Skeppe sein.

Der Holzschnitt ist dazu berufen, die Kiiiist des
Bolkes zn sein. Anch der einfache Mann kann sich
so billig origiiiale Kunst erwerben. Eben deshalb isl
es schade, dajz ko viele Meii'schen die Schönhsit des
Holzschniklü nicht zu erleben veriiiöge». 11»>d wen»
in öer Schule der Holzfchnitt gepflegt wird, ist vor
allem ciuch der Gedanke maßgebend, das; ein 'Zidensch,
wenn er selbst im Kletnsn schöpferikch tätig war, viel
eher die Werke unserer grosten Meister verstehend
empfaugen kann. Fritz Mei)cr Kl. 9

Der Naurnburger Dom und seine Bildwerke

ausgcnommen durch Walter Heges" bejchrieben vonWilhelm Pinder sDetitscher Kunstverlag Berlin).

Als ich vor l)'- Zahrzehnten den Plan faszte, den Langewiesche Berlag damals seine „Biaueii Vücher"

Kunstunlerricht im engeren Sinne (Einsührung des herauszugeben, die vorzüglich gewähllen und ladel-

Schülers in die Werke der Kunst) mit dem Zei- los wledergegebenen Bilderflosk aus den verschie-

chenunterricht organisch zu verbinden, oder vielmehr denen Kunstgebielen zu üutzerst billigem Preis brach-

aus dem Zeichenunterricht herauswachsen zu lassen, ken. Durch den Band „Deutsche Plaslik des Mik

war es mir von Ansang an klar, datz mit den hei- kelalkers", der über 190 Abbildungen enlhielk, wurde

matlichen Kunstdenkmälern zu beainnen sel, und d-alz ich erslmals mit den Vildwerlien des diaumburger

von da >aus die Fäden zur Deukschen Kunst gespon- Doms belraut. Die akademischen Borlesungen wäh-

nen werden müssen. Glücklicherweise begann der rend unseres Studiums schwiegen sich liber dieses
 
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