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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 5 (Mai 1925
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Grothmann, Heinrich: "Dynamisches'' Gestalten
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Elsenhans, Georg: Von der Natur zur Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0126

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rich!S i» Linklnug gebrnchl weode, ist eme Sache flir
sich.

Dc>ch hnl mich dciä Geslcilten ciuä >dem dyircimischeii
l.'cheiiügefl!hl seine Greiigeii. ES gibt unzählige Auf-
gciben, die »iir mit Hrlfe der geom'ekrischen und der
ghyslkuljsche» LI » sl ch k gelösk werde» köii'ire». Dci-
HI» gehören, -cibgcseheu von dm auSschlieszlich geo-
metrlschen, ben plcinimelrischen und stereomelrischen.
Gebilden, zu denen daä menschliche !töcpergesiihi
keinerlci Beziehung hat, alle diejenigen Appara>ke,
dle nur mitkelä eiiier speziellen Wissenlcyast vcr-
slanden und nichk wie die prtmitiven HanbiverkSge-
räle als eine Ergänzung der »icnschlichen Berve-
gU'NgSorgane belrachtet und ohne wrlteres enivfun-
den iverden könnenc — Ls gehörk hierher §««> die
Perspektive. Zwar „fichlt" man, wie sich Lie Decke,
der Hinimel senkt, der Boden hebl, dls Wände ein-
ander zustreben. Aber es ist wohl nicht anzunehmen,
dast d'ieses Gesllhl auch derjenigs h'ai. welcher das
Wesen der P'erspektive nicht prakttsch, durch, in
hohem Graüe bewusztes Zeichnen, kennengelerni hat.
Es wäre sie den feinsübligsten Kiinstler» nlcht jahr-
hundertelang ein uniiberwindlichrs Hirdernis ge-
ivese», während es der Geometr-ie, als man endikch
zu ihr sich wandte, spielend gelang, chrer Herr zu
werden. Folgen wir Liesein Wink der Geschichte!
Heute macht die Perspektive kelnem Knaben Nok,
wenn nran sle ihn ln verstKNdiger Welse iehrt und
dabei vonr Gesühl nlchits Uninögliches sordert. Es
handelt sich bei der Perspektive zudem noch »ichk
um Künstlerlisches, sondern 'gieichsiam nur um den
Schauplatz deSselbe», weshalb sie keinen Anspruch
darauf hat, zirnr iimstritte'nen Gegenstand des ele-
»lenlare» Zeichenunlerrichls zu werd-en. Mir will es
sche>inen, als ob gerade die Dynainiker ln den be-
kannten Berzerrungen der Perspektlven ernsk zri
irehmende Kunstbekeniitiilsse der Klnder und Primi-
tiven erblicken, währeiid es sich in Wirkllchkeit
dabei doch n»r u»i einsichtSlose Ilnbeholfenheil
handelt.

Bezüglich der F-arbe sind heute Bestrebungen zu

bemerke», die mehr oder wenigc'r dcuiiich uus cinc
dyiiamlsche Tendenz hinzuweise» schc-ine». Klarheil
der Abstch't lst »och »icht zu erkeiinc». Mode. Gc-
sllhl'sseligkelt, ^ieuernngssucht ui» jedc» Prciü sind
hier am Werke, ei» bitzchen Dilettaiiliümiis isi aiich
Labei. A'ber eS wir-d mlt sreudlgem Eisec gearbeilci.
Nach einer zweckbeivutzlen Nlelhode -der Lrziehung
deS Farbeinsinncs gefm-gt, würden wir abcr doch
wohl in einige Berleg-enheit geralen. üch auch. ^lus
dlesem Gebiele auch nur wen-ige prnklische Nes>cl»
festzulegen, ist noch immer gewagt, doch cü mutz
nolwendig dahin gestrebl werden, ohne datz ein
ferligeS Rezepl je dabei herauskoinme.

Lä komml da-rauf an, Farbe und Licht -als selb-
ständiges dynamilches Elemenl zu erfahreu. Farbe
mutz zugleich als ein irr-aiionaics, musikasisches
Element -empfunden werdcn. Daher diirfen Farhen-
sdudien ziiin Zwecke einer realisiische» Nalurw i e--
derg-abe iiicht nm ^lnfang dcc UebungSrcihc
stehcm. D-ie Form würde hier zu viei Ausmcrksam-
keit für sich sordern. Phaniasiespiele, dle ich ais
aniorphe bezeichne» möchle, wcil dic gegrnständllchc»
Formen hlerbel überhaupi nichl inbelrachl komme»,
sind, und zw-ar voriiehmlich a>» ^lnsang, aber auch
zu jeder Zeil, wenn eine Aussrischung dos Farbe»-
empsindens nöll-g ist, am Platzett) Solche Farben-
pha-itt-asien sind geeignet, die WirkuiigSmöglichkeiksn
eines von der Form unabhänglgen Elemeittes er-
fahr-en zu lassen. Dahm gehören auch B-ersuche,
Slimmuing-eii wie -durch Adusik, so auch -durch dic
ffarbe nuszudriiclien. Das sind Aufgabe» sür musischc
Ären-schen'. Wc'iin cn>dl'ich bei farbi'gen Biidgesbaliiin-
gen vor der Naknr auf ci-ne dekorallve Fernwirkung
gehaileii wird, so geschichl alles, was sich siir dlc
Erziehung eines dynainischc» FarbengefühlS iu»
lätzt.

Zum Schlusse möchle icl) dic Aerufsgcnosseii bitteii,
das Problem des Dynamische» mil »llchkerem Sinne
anzugreife». Nichl uiiheilvoller Phanlaslasis, sondern
sruchlbarer Phantasie u»d praklischer GestaltungS-
nrbeit möchte cS förderlich scin.

Von der Natur zur Kunst

Bo» Geocg Elsenhans Skudlenreferendar an der Milhelmsrenlschule iu Stuttgark. -

Zwei Mächte beherrschen uiiser Lebem Die eine
will verharren im schon Geschaffenen und führl
zum Erstarcen, dle andere drängt hinaus ins Iln-
erschaffene, in die Freiheit> ihre Gefahr heitzt Sich-
verlieren. Kein Lebe» geht zum Ziel ohne die beldrn,
kein Leben gelangt zur Freude, das nur vo» einer
der beiden beherrscht wird. Zwischen Erstarren und
Sich-verlieren gehi der Weg des Menschen hindurch
cwig bewegt, bald »ach-^der'cinc», bald nach dcr
anderen Seite neigend.

3m alten Schuluitterrichk herrschte vorwlegend nur
die elne Macht, deren Gesahr Erstarrung heitzk, der
Weg Ins Ilnerschaffene, der Weg der Phantaste blieb
linbeschritten. Darum mutzte der alte Zeichenunker.
richt bel Lehrer w-ie bei Schüler zum ilnbefriedlgt-
sein führen. Dem will der neue Lehrplan badurch ent-
gehen, datz er das Gedächlnls- und das Phantasie-
zeichnen in selnen Dlenst stellk und so die -innere
Schau des Menschen entivlckelt, den ÄUdersiiin, der
dem begrWichen Denlien gegenüberstehi. ilnsere

Zcik droht in Begrissen unterzugehe», weil wir ei»e»
Urjinii, das Denken l» Vilder». fast vcrlore»
haven. Ohne ihn wird der Mensch zum Maierialisten,
zum Begriffsmenschen. Davor wolle» wir unsere
3ugend bewahren.

Die Phankasie ist eine Kr-aft, dic das Kiiid ins
Leben milbringt, sie mutz angeweiidcl iind eittwickelt
werden!

Nachsolgend sei »u» a» elnei» Bcispicl gcschildcri,
wie inan vom einsachc» Nalurstndium zum Phan-
tasiezeichiien, jn zum rhyihmischc» Gcsiallc» cineS
Vildes kam. ^ -

Es war Im Herbsl. Die Schiilcr hallc» aus Gchcitz
des Lehrers Früchle milgebrachl, die wollten sie
inalen.

Der Lehrer holte auS seiner Schuisammiuiig eine

* Pergl.SrotlMN»»,Schi>p!eriichn- Zeichenunterrichl, Knp- 17
(Fnrbe), !ow>e eiuen deinuüchst iui »Pelit.in» zn erwartende»
-üliissati über »jttndtlchc kfiirbciiphiiiilusieitt
 
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