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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 12 (Dezember 1925)
DOI Artikel:
Könitzer, Paul: Wege zur Seele des Kunstwerkes: Zeichnen und Kunstbetrachtung in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung und Befruchtung, ein Lehrgespräch auf der Oberstufe
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Hartmann, Kurt: Das Zahlengesetz der Ellipse: ein Beispiel der zeichnerischen Darstellung nach analytisch-geometrischer Methode
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0345

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donna auswürtS zu schweben und niinmk dabei Sirtus
nnd Barbara mit, die beide, sowohl durch das obere
Rund der schwebenden Erükugel, als auch durch die
nach beiden Seiten ausbiegsnden Linien ihres Ge-
wandeS sest mit Ihc verbunden sind. Es ist ein sich
gegenseikiges Suchen und Zueinanderstreben, ein
seierlicheä Zusammenklingen der Linienmyssen.

Ist das alles Zufall, ist das kühle Verechnung, oder
Ist das der Ausdruck eines höchst kultivierten Gefühls
einer mit göttlicher Schöpferkraft begabten Men-
schenseele? Man fieht und fühlt und sinnt und staunt.
Mer löst diches ssltsaine Rätsel?

Es kann nichts schaden, wenn wir auch unseren
Schlllern gegentiber diese Frage stellen. So siehr der
Schüler auch hier die engen Grenzen des menschlichen
Geistes und üasz es jenseits dieser Grenzen noch
Dinge gibt, von denen sich unsere Schulweisheit
nichts träumen läszt. Und das Ist gut so, dns ift von
hoher kiktlicher Wirkung, denn solches Wissen macht
bsscheiden. Wir wollen auch nicht bei diesem ein-
zigen Beispiel stehen bleiben. Michelangelo, Tizian,
Leonardo ta Binci, Dürer, Grllnenwald und anoere
Meister italienischer und deutscher Renaissancekunst
haben uns noch viel zu sagen. Mo das Aruseum in
der Ääbe fehll, üa ist nuch eine gute Schwarzweisz-
reproduktion schon recht brauchbar. Wo aber das
Mufeum ohne groHere Unbequemlichkeit zu erreichen
ist, da mus; der Zeichenlehrer die schwere Last auf
sich nehmen, einen Teil seines Unkerrichts dork zu er-
teileii, um die Schüler vor die Originale führen zu
können. Es hilft nichts, wir müssen Ernst mit dieser
Fdrderung machen, wenn wir es nicht mit verschul-
den wollen, dcch die hohen Kulkurwerte, die unsere
Iugend so überaus nötig brauchk, völlig nutzlos dort
lagern. Mit blotzen historischen Klügelelen, mik

langatmigen Kunskvorträgen ist es nicht getan, das
gibt im besten Falle nur Wissen, das füllt den Kops,
der vielfach schon übervoll ist, das lätzt aber die Seele
leer. Mit Skist und Papier verjuchen wir zum
Allerheiligsten des Kunstwerkes vorzudringen. Wir
wollen die Künstlerseele zu verstehen suchen, indem
wir die Ausürucksmittel öes Kunstwerkes studieren.
Linie, Form und Farbe in ihren vielsachen Mögllch-
keiten der Einstimmung der menschlichen Seele, daS'
ist das, was uns an erster Stelle jnkeressiert. Aur
über diese Dinge sprechen wir uns in der Zeichnung
aus. So dürfen wir hossen, datz wir läuternd auf die
Empfindung des einzelnen Schülers wirken und datz
wir den produktiv Eingestellten unler ihnen zuglelch
alle ene Mittel an die Hand geben, die als künsk-
lerische Ausdrucksmittel jeder Bildkomposition ersl
die eigentliche kllnstlerische Note geben. Ls geht bei
unserer Arbeit vor den Üriginalen beileibe nicht uin
ein Kopieren des Kunstwerkes. Da nach verschte-
denen Seiken hierfür die Voraussetzungen fehlen, so
könnte das am Ende nur znr Kunstbarbarei führen.

Was wir mit unserem zeichnenüen Kunstbetrach-
tungsunterricht wollen, das möchle ich mit einlgen
Sätzen der Denkschrift über die Neuordnung des
reutzischen höheren Schuiwesens ausspreäzen. Dn
eitzr es über den Zeichen- und Kunstuiiterrichk an
den höheren Schulen: „Nicht das Technische der Aus-
bildung steht zur Frage, sondern das Kunst-
erzieherikche, die Aeberwindung dcr rein intellek-
tuellen Bildung durch die Einbeziehung der Kunst
in die humane Persönlichkeitsbildung, ader auch das
vertieste Kulturverstänünis der grotzen Epochen der
Menschheitsgeschichte, das durch üas Nacherleben der
Kunst oft tiefer erfajst wird als durch likerarische
Ouellen oder die Darstellungen des GeschichtS-
unkerrlchts."

Das Iahlengesetz der Ellipse

EIn Beispiel der zeichnerischen Darstellung nach analylisch-geonielrischer Melhode
Bon Kurt Zartmann-Leipzig.

Dle Ellipse Ist eine elementare Fyrm von autzer-
ordentlicher Wlchtigkeit. Die zeichnerische Darstellung
erfordert ihre genaue Kennknis und Beherrschung
für die Zwecke der Perspektipe, der Ornamentik, der
Abwicklungen und Durchdringungen. Biele besondere
Aufgaben dieser Gebiets wecöen durch die Kennknis
det in der Ellipse vorhandenen Zahlengesetzlichkeit
erleichterk oder überhaupt erst lösbar. Darüber hinaus
ist das in dieser einfachen Form verwirklichte ratio-
nale Geseh ficher eine der Wurzeln des von ihr
ausgelösten asthetischen Wohlgefatlens. Diese Er-
wägungen lassen es üer Mühe wert erscheinen, das
Zahlengeseh der Ellipse einmal mtt einem Minimum
von Mcithematik verständlich zu machen. An spezlell
mathemaktschem Wissen soll nur der einzlge Säh
vörausgeseht werden, datz dle Multiplikation zweier
negativer Zahlen genau dasselbe posikive Resul-
tat (Prpdukt) erglot wie-dio.Mirltipl>Kaklon der dem
Betrage nach gleichen positiven Zahlen.

t-2).(-3)--4-6
genau wie (-1-2). l-j-3) —-l-S.

Menn nian also eine positive Zaht als Produkt aus
zwei Fakkoren ansieht, so können dlese beiden Fak-

loren enkweder beide posillv oder beide
» egativ sein. Znsbesondere ezistiert zu jeder posi-
tiven Zahl eiye positive und eine dem Betrage nach
gleiche negakive Quadratwurzel.

Vi4 - -j-3,742 . . . oder -3,742 . . .:
denn (-i-3,742). (-i-3,742) -j-14,002564 14

unü auch l-3,742) .(-3,742) -s-14,002564 ^14.

Wir setzen nun irgend zwei positive Zahleu
sest, die wir, obgleich zunächst willkürlich geivähll,
während der ganzen Unkersuchung festhalten wollen.
Wir nennen sie a° (d. h. u.u) und (d. h. b.b),
weil dle allgemeine Bezeichnung u und b auch nega-
kive Zahlen bedeuten könnte, Quadrakzahlen jedoch
immer positiv sein mllssen. 3m Gegensatz zu dieseli
beiden Kpnstanten sollen mit x und ^ zwei veränder-
liche Zahle» bezeichnet werden, deren jede alle die
unendlich vielen Werke annehmen kanii, die es über-
haupk gibt. Wir erhalten dadurch doppelt unendllch
viele Zahlenpaare; chenn jedem aus der unendlichen
Zahlemeihe ausgewählten x können wir ein belle- .
biges.y aus eben dieser Reihe zugesellen.
 
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