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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 4 (April 1925)
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Tschorn, Richard: Der Rundfunk in der Bildsprache des Kindes
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Kolb, Gustav: Werke des Verlages des kunstgeschichtlichen Seminars in Marburg a.d. Lahn
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0107

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Gerade dns mar das Vedeutsamste an den emge-
»eferlen Arbeiten, zu sehen, wie weit ed dem Kinde
gelang, geistig erfastte Forinungeii mit einem unbe-
liannleu Ekwas in Einnlang zu bringen. Uebcrall
liounle man bei den stüiigsten ein frischeS, eifriges
uud uiibeküininerkes Herangehe» beovachkeii, was bei
den ülkeren Kindern nichl mehr so allgemein zukriffk.
Es scheink, dast dann, wenn das Kind begrifsllch den-
lien lernk, znhllose Hemmuiigen psychischer Art vor-
handen sind. die das Kind im freien Schasfen siark
behlndern. Solange das Kind im fog. Mürchenalker
lebk, das belmnnkllch bis zum neunlen stahre ekwa
dauert, bringl eS ganz phankastische Darstellungen.
Ein Kind malte ein Froschmaul, in daS nach seiner
Auffassung hineingesprochen werde, nnd mar aus
allen Himmeln gefallen, als ein ülkeres Kind er-
zäblke. wie in Wirnlichkeit ein Mikrophon ungefübr
beschasfen ist. Aeim Aergleich der verschiedsnen Al-
tersgruppen sah man, dafz die mcirchenhafte Aor-
slellung beim Mädchen viel lünger anhalk als bei den
Knabe». Die Zeitdauer schwnukt zwischen ein und
zwei stahren. stedenfalls behülk das Mädchen aber
in seinem starken Schmuckbedürfnis noch sehr viel
Gemütsinnigkeik, wenn auch die Märchenvorstellung
lünask begraben werden muszte, während der Knabe
viel eher zur Abstraktion hinneigt und sehr früst
schon sachlich und nüchtern zeichnet und denkt.

Auch auf dem Lande, wo sich das Kind organischer,
freier und unbeengker enkwickeln kann, hält das
Märchenalter länger an, und so kommt man zu der
bekrübenden Festslellung, dast die Gemütsver-
k ü m meru » g I e i d er beiden Grostskadt-
kinder n sehr früh schou einsxht. Es lst sehr wich-
kig zu wissen, dast das nedächknlsmäszlge Abzeichnen
oder gar das bekrügerksche Aachmachen und Durch-
pausen nur in dem Lllker erfolgk. in dem das Kind
zum begrifflichen Denken liommt. stä) bin weit da-
von entfernk, dies als Betrug aufzufassen. Das Kind
befindet slch vielmehr in einer Aerödung, über die
es nichk ohne weikeres hinwegkommk. Seine Aor-
stellungswelt erlitt eine Äerarmung, wührend seine
Aerstandeswelt noch so klein ist, das; es In ihr keinen

Ersatz findet, und so hilft es sich angstbeklomme»
über diese trostlose Uebergangszeit hinweg, lndem es
reisere Kinder oder gar Erwachsene nachahml.

Fttr die Bewerkung der Einsendungen kam für den
Preisrichker natürlich nur -in Frage, inwiefern das
Kind in selbständiger schöpferischerBe-
tütigung zum stärksten Äusdruck kam.
DaS zu entscheiden war austerordentlich schwer. Da
aber der Sttddeutsche Nundfunk, selbst überraschk und
begeisterk von den kindlichen Leistungen, sehr weik-
herzig war und mik seinen Preisen nicht kargle, sv
wurde das schwere Amt sehr wesenllich erleichkerk,
und man konnte sich auch als Preisrichter dem unge-
trübten Genusz hingebeu, den die märchenhasten Dar-
stellungen, die lustigen kindlichen Einfälie, die un-
mikkelbaren beziehungsreichen Auseinandersehungen
des Kindes mit dem Stoffe und die kindhaste, abcr
dennoch energische Denkarbeit dem Beschauer bie-
len. Der Aorgana des Süddeukschen Nundfunks in
Stuktgart sollte Äachahmung sinden. Es handelt sich
nichl nur dnrum, die Kinder stärker sllr das Nndio
zu interessieren — das stnteresse ist schon da — son-
dern vor allem dem Kinde geistige Beschäftigung zu
geben »nd auf diese Weise ein wertvolles Skudien-
material in die Hand zu bekommen, das im sZelk-
alter der neuen Schulreform der Pädagogik in aller-
ersker Linie von austerordenklichem Nuken seln wird.
Die Lehrer, die sich auf den Gedanken elngestelll
habeu, haben ganz zweifellos einen guken Gewinn
gehabk. Der Beweis liegt vor in den prnchlvollen^
Klnssenarbeilen, die summarisch dem Nundsuiil^
Slulkgark übermikkelt wurden. / U

stnzwischen hat die Kindertante am SüddeutscMG
Nundsunk, das sog. „Gretle von Skrümpfelbach" nyM
manches Äusschreiben unteruommen, jeweils mit schiU,
gutem Erfolg. Das lehte Mal war die Aufgabe g'rH
stellk worden, einMärchenüber dasWekter
,ur schreiben. Welch' wundervolle Phankasie in den
Niederschrlfken zum Durchbruch kam, das läszt sich
kaum beschreiben. Es soll bel Gelegenheit darauf zu-
riickgekommen sein.

Werke des Verlages des krmstgeschichtlichen Seminars

in Marburg a. d. Lahn

Zm 3ahr 1822 begann das kunstgsschichtliche Se-
minar in Marburg unker der Lchtung des ProfessorS
N. Hamaiin eine Neihe von Bänden mik Ab-
bildungen bo>V"Kunstwerken herauszugeben, die zum
Besten gehören, was wir besitzen und deshalb un-
ere besondere Aufmerlrsamkelt verdienen. Die Ge-
iunnng, die dem Untecnehmsn zngrund.e..lic,gt, er-
ehen wir am besten aus der Aorbemerkung, die
edem Band vorgedruckt ist. Es he tz! da
>el dem ersten Zest: „Mit diesem Bande er-
ösfnen wir eine Reihe von Bllchern, mit denen die
in Marbuca sich fammelnde Arbeitsaemeinschaft
durch eine Auswahl des Besten geschlossener Kuiist-
kreise dem deutschen Aolk ein Geschenk zu machen
hosst. ANt wenig Worten, im Bilde durch Auswahl
und Anordnung sprechend, sollen diese veröfsent-
lichten Werke dem Ilnlruiidigen sich zur Freude er-
össnen, dem Kundigen auch für selne Kennknis etwas

bieten. Wenn auch äuherlich dec Zugang leicht gc-
machl wird zu dteser kllnstlerlschen Welt, dle mit
Nationalem beginnt, aber nichr davor Halt machen
soll, so beruht das auf selbstloser tzingabe oben ae-
nannter Gemeinschaft, die nun auch dafllr nichts
anders wünscht als Hingabe." Bisher erschienen fol-
gende Bände: Deutsche Köpse dss Miklel-
alters, Deutsches 0rnament, Ol»m-
p i s ch e Kunst. Zu diesen Vänden schrieb Pros.
N. H a m a » n die Einleilung: Griechische T e m-
pel mlk einer Einleitnng von Paul Ortwi»
Nave. 2eder Band enthält rund M vortrefslich
ausgewählte und wiedergegebene Bilder. Die Ein-
lelkungen sind nicht trocken.wlslenschaftlich sondern
voll Phantasiekrast und künden den Meister bild-
haften Schauens. Wir empfehlen dieses Ilnkernehmen
aufs Wärmste. G. K.
 
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