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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 1 (Januar 1925)
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Grothmann, Heinrich: Kunstschule und Seminar für höhere Schulen als Bildungstätten der Lehrer für das künstlerische Lehramt
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0020

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Schulc alleii, Aiispruch hal, verzehrt.
°Uroblem der Zeichenlehrerbildung lst ein

von sasl! grausamer tzärle wird von ihnen gesorderl.
Aber -rgeht es den Iüngern der Wissenschast an-
ders? Müssen auch sie nicht von mancher Sehn-
sucht und Hosfnung ^ibschied nehinen? Nun, es
ist Ausgabe des SeininarS, in diesem Lnlsagungs-
Iiampfe dem jungen Mann ein Ziel zu zeigen, das
einem SdealismuS ebenso würdig erscheint wie das
wissenschaftliche -und das künsllerische Lebensziel,
Hier soll er wahre BerufSbltdung empfangen
und nicht zum Lehrechandweck abgerichtet werden.
Der direkte Weg zu solcher Ertüchtiguiig, das ist
eben di«i Abrichtung, führt nicht zu der Selbständig-
keit des Urteilens und Handelns, die jeder Lage, die
die verwickelten Schulverhältnisse bleten, gewachsen ist.
Sle kann nur hervorgehen aus der Summe oder,
r-ichtiger, Durchdringung verschiedener Bildunselel-
inente, nämiich aller Lerjenigen, die eine gebildete
und charaktervolle Persönlichkeit machen. Es ist
Ausgabe der praktischen Erziehung des jungen Leh-
rers, ihn zu lehrsn> erzieherische und didaktische Pro-
hleme zu sehen «nd sich mit ihnen auseinanderzu-
sehen, den Beruf aus einem Abstand zu übersehen,
von wo er Mit freiem Blick das verwirrende Ein-
zelne in grötzeren Zusammenhängen zu beurteileii
lmstande ist. Dann erweist stch Theorie als das
vraktischske Ding von der Melt. Die Geschichte
der Lntdeckungen und Erfindungen, der Technik,
aller Kltnste und technischen Gewerbe jeder Art, ist
der groste Aewels dafür. Und auch im Lrziehungs-
wesen sind die wirkiichen Fprtschritte stets von Leu-
ten mi-l 3deen ausgegangen, freilich von solchen,
deren Denken fest im Aealen wurzelt, aber anders
als nach der Art der phantasiearmen Nur-Praktiker.

Auch! Methodik der Anterrichtsfächer sollke nur
nach Hauptgesichtspunkten gelehrt werden. Der Un-
terricht in dieser Disziplin HStte den Zweck, den
jungen Lehrer zu befählgen, die methodologische Ein-
sicht, die merbodegestalkende Kraft, die ihm aus der
pädagogischen und — vor allemi — aus seiner, sagen
wir gelrost, philosophischen Bildung zufliejzk, auf ein
Unterrichksfach selbständig anwenden zu kön-
nen. Ein engherzlger direkter Methodikunterrtcht
oerleidet -ihm den Beruf, ehe er ihn antritt. (Zeichen-
lehrer sind in der Neget schlecht auf ihn zu sprechen.)
Eiine richtlge Anleltung zu methodlscher Schularbeih
must ihn geradezu begierig auf den Beruf machen,
weil er ihm ein Feld zu schöoferischer, selbständiger
Arbeit eröffnet. Zu solcher Änleitung auch der Zei-
chenlehrer Ist das Seminar für höhere Schulen weit
belser befShigt als dle Kunstschule, denn das Tech-
nlsche des Faches spielt hierbel -elne untergeordnele
Nolle, es ist In weltestem Maste eine private Än-
geleaenheit, die der Linzelne-mit 'stch selbst abzu-
machen hat.

Auch für die vielen und oft recht verwickelten für
den Zeichenlehrer ganz besonders wichtigen schul-
lechnischen Fragen, denen gegenüber die Kunst-
ichule völlig versagen must, kann ihm nur dieses Se-
minar das rechte BerstSndnis übermitteln.

So ist es denn auch für den Zeichenlehrer dle ein-
zige SlSlle, die befähigt ist, ihm die pSdagoglsch.

didaktische und schultechnische Ausbildung zu geben,
welcher er sllr seinen Äeruf bedarf. Hier ist zudei»
Gelegenheit zu einer Arbeitsgeineinschaft gegeben,
die jür die Schule sehr fruchtbar werden kann, weil
Misjenschaft und Kunst hier in enge Berllhrung tre-
ten, so dast beide durch einander gewinnen und
einanoer besser als bisher verstehen lernen. Der
Kunstschule aber bleibt die hohe Aufgabe, die kllnst-
lerische Erziehung des künfligen Zeichenlehrers i»
einer Weise zu pslegen, dast er vom Leiste echter und
deulscher Kunst so slark ersüllt werde, dast dies sür
eine durchschnitll-iche Amlsdauer wirksam bleibe.
Burch nichts sollle sie sich diese grosze Ausgabe ver-
kürzen lassen. ^ ^

Trohdem die vorgebrachlen Wünsche hinreichend
begründet erscheinen müssen, wollen wir doch auch
noch der Frage näher trelen, ob die Zeichenlehrer-
seminare für die pädagoglsch-didaktische sowie schul-
technische Bildung der Zeichenlehrer und -lehrerin-
nen das -geleistet haben, was innerhalb der hier-
sür ihnsn gezogenen Schranken gelan wsrde»
konnte.

Diese Frage kann ich seibstverständlich nichl mil
einem glatten sta oder Nein beanlworten. stch
werde auch keinen Gebrauch von allerlei unbezeugten
Aussage» machen, die einem gelegenllich zu Ohren
koinmen. Noch weniger werde ich von selbslerlebten
Crfahrungeii sprechen, für die eine spätere Zeit nicht
veranlwortlich gemacht werden kann. Äber i'
glaube, -einer wichtigen Sache zu dienen, wenn i
einige Bedenken laut werden lasse.

Bedenklich ist, dast nichk eine einzige der weni-
gen guten Schriften llber Zeichenunterricht von
einem Lehrer der Methodik an den Pslanzstätke» der
Kunsterziehung verfastt worden ist.

Das „Bilde, Künstler, rede nichti^ könneii diese
Lehrer nicht sll-r sich in Anspruch nehine». Sie
h-aben zu reden, das lst ihres Amles. Wand-
tafelzeichnen ist nicht Methodik. Bon achtzig, auf
zwei stahre verteilten kurzen, aber aufs beste durch-
dachten Borträgen mit anschlieszender Äussprache mil
den Hörern über die wichtigslen Fragen der prak-
kischen Berufsfllhrung hätte sich ein posiliver Nieder-
schlag in der Fachiileralur gezeigk. Es ist dies
nicht der Fall. Woher Kommt es, dajz Lie Zeichen-
lchr-er im allgemeinen nicht gut auf Methodik zu
sprechen sind und wenlg stnteresse dasür an den
Tag legen? stst es nicht bedenklich, -dajz sich seit
stahren nur -ein ganz aeringer Bruchleil derselben an
ihr-er Fachzeitschrist tälig beteiligt, während es noch
nie eine Zeit -gegeben hat und wohl nie eine Zeit
wicherkommen wird, die so angesülll ist von Pro-
blemen auch des Faches wie die Gegenwarl. Aber
gerade künstterischen Naturen scheint der Geschmacli
an pä-dagogischen- und didaklischen Fragen verdor-
ben worden zu sein. während gerade sie hiersür von
Natur begabt sind; einem Kllnstler sleckk ja -daS
Philosophieren und Theorelisieren im Vlut, er isl
von Derufswegen ein Sucher, und er wäre leichj
sür eine Sache zu gcwinnen, rvenn sie ihm als
eine interessante geistvoll vorgelragen wllrde. Dazu
must einer allerdin-gs aus dem Bollen schöpfen kön-
nen. Bon einem Profestor wird dies ohne weiteres
erwartet; es wird nis ein Lehrer an eine Hochschule
berufen, der stch nicht durch Berösfentlichungen da-
 
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