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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 1 (Januar 1925)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0024

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18

odcr verschenkle sie inappenweise. Gerade weil er
so gar nichl an einen Aeschauer oder gar KSufer
dachle, wcnn er zeichnete, sind die nicht allzu zahl-
reichen Vläiter von seiner Hand die sich erhalten
haben, vo» so besonderer Erscheinung. Ein höchst
bedachtsamcs Streben nach grökter Ausdruckslrraft
spricht aus jedem einzelnen Skrich: ntcht das Witzigs,
das Unerwarkete machl ihren Reiz aus, sondern die
Iwangsinätzig durch logische Denlrarbeit herbeige-
sührle letzte Einfachheit und Klarhelt. Darin liegt
das Wosen Lodlerscher Hands6)rift, datz sie nie einen
lyrischen Schwung, nie einen liiihnen Schmitz, nie
elnen aefälligen Effelit vortäuschen will, sondern nach
jenen Dingen forscht, die daä eigenartigeBildinätzige
ausmachen, das sich nur in seinen Werken findet.
Diese vorwiegend gedankliche Art in Hodlers Kunst,
die gefiihlsmStzlge Wipkung gar nicht ausschlietzt,
sondern oft zu reinem und hohem Pakhos steigert,
bringt es mlt sich, datz sich seine Kunst nicht in un-
erwarteten Zickzacklinien, sondern mit grotzer Skekig-
lieit in einem geraden Znge weikerentivlckelt. Das
spiegelt sich in seinen Zeichnuiigen nicht weniger
genau als in seinen Bildern ivieder. Äar Hodler
anfänglich, wie etwa in der Federzeichnung elnes
Stiers, die er 1877 in Madrid schuf, nur um ei»
rhythmisches Spiel ausdrucksvoller, eigenartig ge-
sührter Linien besorgt, so sehen wir späker, wie ihm
die Linie immer weniger genügt, sin Höchstmatz in-
nerer Kraft und Belebtheit z» bezeichnen; schon in
der Zeichnung braucht er Töne, die sich ensiprechend
iveiter enkwickeln, bis zu der Kunst seiner Spätjahre,
da er Bildnisköpse von unerhörter plastischer Gewalt

schuf: sein Selbstbildnis lätzt den Endpunkt dieses
Werdens und Wachsens deuklich erkennen. Enl-
sprechend dleser llberzeugung enkwickelt sich die
Technik Hodlerscher Zelchenliunsk. Kohlenzelchnun-
gen mit starker Helldunkelwirkung von sciner Hand
sind mir nicht bekannt; er hat in seiner Kunsl> steks
oas Helle und nicht das Dunkle, auch nicht den Ge-
gensatz von Hell zu Dunkel gesucht. 3n sachlen,
gleichmätzigen Vleistifkstrichen hat er die Uinrisse, wie
er sie zuerst aufsatzke, auf das Papier gebrachk, und
schon hierin liegt gewöhnlich eine Sicherheik, die man
nicht hoch genug einschähen kann, nirgends ein Zau-
dern, eine Unklarheit über das Problem. Schön, wie
es der Zeichenlehrer von uns verlangke, kalligraphisch
sind diese Skriche nicht; sie sind nicht viel anders,
als wenn Hodler schreibt, und er hat eine eigenwillige,
steckige, ungelchmeichelte Handschrift. Selke» solgt
auf diese erjte Notierung ei»e Äleistiflkorrektur,
aber häufig holt er noch mit ein paar breiten, wieder
mehr geschriebenen als gezeichneten Federslrichen das
Entscheidende einer Form oder Vewegung heraus:
lo mutz es sein so allein dienk es dem Bild! Wie
hoch er die Bollendung seiner so festgeleglen Gedan-
ken einschätzte, geht schon daraus heroor, datz er ein
solches, mit einem halben Dutzend Skrichen bezeich-
netes Blatt als gültigen Enlwurf bekrachkete und zur
Vergrötzerung auf die Leinwand mil einem Qnadral-
netz versah. ön seiner späteren Zeit hat er zur Her-
vorhebung des Plastischen einige wenige, rasch hin-
geworfene Strichlagen oder Wischtöne beigesetzt, und
nicht selken nahm er auch den Pinsel zu Hilfe, sei es,
um die Umrisse noch krästiger herauszuholen, sei es,

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