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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 4 (April 1925)
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Wanderungen in den Herbstwald
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0099

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91

Itichen wurden in Silberpapler geschnikken und dem
nrilnen Wnldboden eingeklebt (Äbb. 11). Die Arbei-
len über den wlnterllchen Wald wurden erst auf der
überslufe ausdrucksreicher und dort wlrd eln Bel-
spiel vorgesührt werden. Für diese Slufe möchte
ich nur dle Schlusivignette 2 einen Syinmetrie-
schnltt aus welszem Papier, anfügen.

Statt des winlerlichen Waldes kann hie und da
auch der „Schulgarten im Winter" gewählt werden.
Änes Tages wurde diese Aufgabe für freie Pinsel-
arbeit in einer vierten Klasse der Grundschule ge-
geben. Die Kinder durften sich durch das Klassen-
senster das vor ihnen liegende Slück Mlnler an-
sehen und üann frei aus dem (Ledächknisse schaffen.
Die vordere Hälfle des Vlatkes wurde als Schnee-
släche frei gelasien. dann die Garkenmauer gelb-
lich nnd das halboffene Tor grttn gemalt, darüber
der blaugrüne Himmel und dann llber das Ganze die
schlanken Baumstämine in natürlichen Gruppen zu-
saminengestellt und oben die sich verzweigenden Aeste
angedeuket. Das Bildchen wurde dann von elnem
Aahinen in beliebiger passender Farbe »mschlossen.

Waldbä'nme.

Unzweifelhaft gehören die Bäume zu ienen Ge-
aenständen, deren Darstollung die meisten Schwierig-
keiten nincht, und es ist eine alle Erfahrung, datz anch
fehr gewandte Zeichner an der Wiedergabe der
Aäuine scheikern, so datz ich aus dem Munde meiner
Kiirsteiliiehiner iininer wieder die Klage vernehmen
inuszte, „ich kann halk keinen' Bauinschlag". Um ein
so peinliches und veraltetes Darstellungsmikkel wie
den Baumschlag handelt es sich auch unseren Kin-
dern gegeniiber nicht. Aber wir können an den Bäu-
inen nicht achllos vorübergehen, denn sie stehen sehr
ost im Mittelpunkt des kindlichen Dnteressenkrel-
sss. Den Riesen des Waldes gegenüber kommt sich
daS Kind so klein und schwach vor, dasz es mit Furcht
an Ihnen emporsieht. Zu diesem Gefllhle mischt sich
ost heimliches Grauen, wsnn mächtige Bäume am
Waldesrande wie gewaltige Riesen ihre knorrigen
Arme In die Lüste strecksn und mlt wuchtigenFäusten
den dunklen Äblken zu drohen scheinen. Es sind
dieselben, die von Zeit zu Zeit gar wild mit den
Slürmen kämpfen, um zuletzt, beslegt oder als Sie-
ger, ln unheimlicher Slille zu versinken. Hier kann
den Schülern aller Altersstufen von dem Leben
der BSume, von ihren Leiden und Freuden (von
gunger und Durst, von Hitze und KSlke) erzählt wer-
den, um im Kindesherzen sene innige Anteilnahme
a» diesen gröhken Kindern der Natur wachzurufen,
die eine hingebungsvolle Darstellnng und daher auch
gukes Gelingen verbttrgt. -

Die Bäume spielen schon beim Schaffen aus der
Vorstellung eine grosze Rolle. Es empftehlt sich da-
her, an die unbeelnflutzte Darstellungsweise der Kin-
der beim kreien Schaffen anzuknüpfen und allmäh-
lich das Äorstellungsbild so zu klären, dah die Er-
gebnisse immer besser werden, das heiht, dah die
Vchüler in ihrer Darstellung vom einfachen Schema
zum nnlurgemälzen Typus und zur charakkekistischen
Einzelgestalk forlschreiten.

Bei der Ausführuna kut man am besten, wenn
man auch hier vom Papierschnltte ausgehk, dann
zum direkken Malen mit dem Pinsel welkerschreitet

und als drittes das Zeich'nen mit dem Bleislift, der
Feder oder farbiger Kreide pflegk.

Charakteristische Gestalten sür den Papierschnitt
gewinnt man, wenn man die Schüler während der
Lehrausflüge auf die Schattenrisse elnzcln in der
Ferne slehender Büume aufinerklam machk. Solche
Einzelbilder prägen sich leicht dem Gedachliiisse ein
und wir erhnlten dann ganz gute Schnille. Die
Trennung in Laub- und Nadelbäume wird sich ganz
naturgemäh ergeben. 3m Anfang können sowvhl die
einen als auch die anderen im Symmclrieschnikl
wiedergegeben werden. Durch Aufeinanderlegen der
Papiere kann man auch eine ganze Neihe gleicher,
Ääume erhalten, aus denen sich wieder Bauiiigrup-
pen, Vaumfamilien, ja ganze Wälder bilden lassen.
So sehen wir In der Abbildung 3 vier Fichlen einer
Achkiährigen, von denen üie übereinanderskeheiiden
gleichzeitig im Symmetrieschnikk ausgekllhrt wurden.

3m allgemeinen verkragen aber Laubbäume weni-
ger die symmetrische Darstellung als die Nadel-
bäume. Das sieht man schon aus dem einfachen
Laubbaum, der nur einen, allgemeinen Typus vor.
ftellt (Abb. 22). Damit die Schüler auch von Laub-
bäumen nach und nach ein charakteristisches Bild
geben können, werden wir sie auf zweierlei auf-
merksam machen müssen. Erslens auf den Askbau Iin
Ziinern, zweikens auf den Ilmrisz der Laubkrone,
also auf die äutzere Erscheinuiig. Skamm und Aeste
bedeuken sür den Vaum dasselbe, waS das Knocben-
gerüst flir den menschllchen Körper Ist; sie sind Auf-
bau und Sklltze, zugleich aber geben sie schon das
Wesen des Äaumes wieder. Hier sehen wir ein
behagliches Enkfalken, wie bei der Linde und Buche,
dork eine trohige oder wahrhafk knorrige Beräste-
lung, wie beim Ahorn und der Eiche, oder ein sanf-
tes Niedergleiken der Zweige, wie bei der Vlrke.
Aeispiel 4 stellt einen Ahotnbaum, ln farbigeni
Papier geschnitten, dar.

Schwieriger im Schnikte sind vollbelauble Väume,
wie beispielsweise die alte Eiche links aus der Ab-
bildung 5. Hier können die Schliler, wenn >üer
Lehrer sie für reif genug hält. darauf ausmerksani
gemacht werden, wie sich' Im Schakkenrifz des Aau-
mes sehr häuftg der Charakker des Blakkes wieder
spiegetk. So zeigen Eichbäume in allen grosze»
Teilen wieder die eigenlümliche Buchtung des Blat-
kes. — Diese Erscheinung kann an geeigneken Tafel-
Ikizzen durch den Lehrer. noch näher erläukerl
werden.

Auch beim Malen mik dem freien Pinsel wird
daran gedacht werden müssen. So sehen wir bei-
spielsweise auf demsslben Bilde 5 rechks eine alte
Linde, deren Gesamlumrilz noch ein wenig an die
schön gerundeke schiefe Herzform des Lindenblakkes
erinnerk. Bei jungen Linden kritt diese Cigenschask
noch skärker hervor.

Das Zeichnen der Bäume mit Bleistisl, Farb-
stift oder der Feder ist wohl die abskrakkeste, dnher
auch schwierigste Darstellungsart, doch wirb von ihr
der Bequemllchkeit halber viel Gebrauch gemachl
werden, da der Bleistifk doch auch bei allen AuS-
flügen neben elnem kleinen Skizzenbuch der kreueste
Begleiker ist. Auch beim Zeichnen ist es vorkeilbnfl,
ivenn die Schüler enkweder von der Gesnmkform
ausgehen und diese dann durch Einzelheiten (zuerst
die grötzeren Partien, dann die kleineren Elnzel.
 
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