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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI issue:
Heft 6 (Juni 1925)
DOI article:
Lange, W.: Wie Kinder sehen lernen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0159

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W»z formlosen — Kopf mit oiiiem etivaä längereii
Sliel bclngt es lmmer fertig. Aber es soll seiiien so
gegelchiieten Lammer betrachten »iid darauf hin an-
sehe», ob er auch haudlich zum Nägel elnschlage» ist.
E!» Haiumer mlb zu großem Kopf läßt sich nicht
leicht schwiiijsen, ist also uiihandlich und so muh der
Kopf kleiner gemachk werdem DaS Kind soll in der
Schule mehrere Hämmer zeichnen, und dabei lernen
von vornherein auf die richtige Kopsgrösze zu achten.
Dadurch wird ihni die Wichtigkeit der Verhältnisse
beivuszt. Um eS von diesem Wichtlgstien nicht abzu-
lenkeii, verzichte Ich das erslemal 'darauf, Einzel-
heiten des Hammers wie den Lammerschwelf oder
das durchgesteckke Stielsttick zu behandeln, obwohl
sich hier für späber lohnende intellektuelle und ästhe-
klsche Fragen anschlissten. Zum Beispiel die Frage,
wo das durchragende Stllck des Hammers hinkommt
»nd wie ein Hammer schöner aussieht mik oder ohne
dllrchragendem Stück.

Schwleriger zu zeichnen ist schon ein Beil. Dle
Kinder lernen es aber auch, wenn sie erleben, welche
Beränderungen eln Hammer durchmachen must um

zu einem Beil zu werden. Das Beil wird stärker
geschwungen, drauchk daher einen längeren Stiel,
der aicherdem an jener Stelle verdickt ist, wo er
leicht abbrechen könnte. Dann hat das Beil nicht
wie der Hammer etne Schlagfläche, sondern eine
Schneide, welche länger sein mutz und auherdem ge-
bogen um leichb in das Holz einzudringen.

Behandle ich die Sichel, so lasse ich sie von den
Kindern zuerst ohne besondere Er'klärung aus dem
Gedächtnis machen. Sie zeichnen vine beliebige
Krümmung der Klinge, aber noch keine solche, wie
sie durch den Gebrauchszweck bedingt ist, und wie
sie genau bestimmt werden kann.

Den Kindern musz nun gezeigt werden, wie man
mit der Sichel das Korn schneidek und sie müssen
wissen, wo sich an der Klinge die Schneide und wo
sich der Rücken befindek.

Sie müssen schlieMch fllhlen mik welcher Sichel
man vraktischer ins Korn fahren kann um es zu
schneiden. Sie müssen sozusagen die Werkzeuge
nacherfinden.

Niiclcn

Das ist zuglcich ei» Siiiü Sprttchiittlci'i'ichll

Dlefe Art des Zeichnens kanii von jedermann ge-
lernt werden, genau so wle man eine Sprache lernt,
sie erzieht hauplsächlich zum Beobachten und zum
Denken. Handelt es sich hier doch nuch meistens um
Gegenstände, die vom Arenschen crdacht worden sind
und die nicht nur die Spuren dieser Vcdanken nn
sich tragen, sondern die in ihrem eigensten Wesen
aus dem menschiichen Geiste hernus gestallet sind.

Es ist jedoch nicht damib getnn, dasz solch ein Werk-
zeug einninl in einer Doppelslunde behandelt und
dabei schön grosz in d!e ANlte des ZeichenblaltoS
gemalt wird, sondern die eigenlliche Ausgnbe be-
ginnt dann erst. Das Zeichnen soll zum lebendigen
Ausdrucksmitkel des Schülers werdeiv, d. h. er soll
später einmal imstande sein z. B. einem gandiverkcr
in rascher Skizze etwas zu zeige», ivas sich mit Wor--
ten gar nicht so gut ausdriicken läkl. Dazu ist es not-
wendig, dast der Schüter das Beil in einer anderen
Stuwde, nachdem er es schon kennen gelernt hat, noch
mehrmals in kleinem Maszstabe zeichnet, und zwar
in den verschiedensten Stellungen aus dem Eedncht-
nis. Das Beil an sich macht ihm dann keine Schwie-
rigkeiten mehr, sondern das neue fiir ihn ist dann die
Aufgaüe rasch zu zeichnen und die verschiedensten
Stellungen aiifzufassen. Dnbei prägt er die Form
des Beiles auch unauslöschlich seinein Eedächtnis ein.
Doch ist diese Eedächtnisarbeit keinc stumpfsiniiige,
weil er immer wieder zur Beurteilung nnd Kritik
seiner Arbeit gezwungen ist und jedesmal Erösze
und Platz für oie Zeichnung auf dem Papier neu
bestimmen mutz. Auch jetzt wird der Lehrer gelegent-
lich die Klasse ihre Arbeit unterbrechen lassen um
seinen Ausführungen an der Schultasel zu folgen.
Hier mag der Lehrer das Beil in e'ner beliebigen
Stellung mit oder ohne Fehler an die Tasel zeichnen
und dann die Schüler sich darüber aussprechen las-
sen. Er nimmt dann die verlangten Umänderungen
vor und gibt so ben Schiilern ein Beispiel dafür wie
genau sie es mit ihrer Arbeit nehmen müssen, auch
wenn sie ganz aus dem Eedächtnis ersolgt.

Gewöhnlich >ist das önleresse sllr diese Ari dei Be-
handlung so grotz, datz die fertigen Jeichnungen auch
 
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