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Liiwlschnltt Realsch. Schramberg (Siudienrat Ksttenacker)
Wieder andere werden glauden: Die Beschättigung
mit psychologischen Fragen wird zu einem Syskem, zu
einer Wissenschaft, zu einem Buch über Kunslpsycho-
logie, zu einem Leitfaden führen. Alfo, ein veryäng-
nisvoller Schritt vorwärts in der Berwissenschaft-
lichung der Kunftl
Aus diesen Gründen soll kurz vom Ziel der Be-
schäftigung mit kunstpsychologischen Dingen gesprochen
werden. Einleitend wurde auf das Gebiet des Schaf-
fensprozesses, lm besonderen auf die Hemmungen auf-
merksam gemacht. Diese Hemmungen können der ver-
schiedensten Art sein.
Quentin la Tour kam nie zum Porträtieren in
die Skadt und erklärte sich erst nach vielem Vitken
bereit, in Bersailles fur den König das Bildnis
der Pompadoure zu maien. Er stellke die Bedingnng,
dah er mik seinem Modell allein sei und nicht gestört
würde. 2n Bersailles angelangt, machte er es sich
bequem, legts Gamaschen, Kragen und Perücke ab,
setzte ein Käppchen von Taftseide auf und begann
fein Werk. — Da ösfnete jich die Tllr, der Könlg trat
ein. La Tour nahm sein Kappchen ab und sagke: „Sie
hatten mir versprochen, Madame, datz wir allein sein
würden." Der König lachte über Kleid und Borwurf
und forderte den Künstler auf, in der Arbeik forkzu-
fahren. La Tour aber erwiderte: „Es ist mir unmög-
lich, Ew. Majestät zu gehorchen, ich liebe nichi,
unterbrochen zu werden." Damit raffte er Perücke
und Gamaschen zusammen und begab sich in das Ne-
benziinmer.
Ein ganz grotzer Komplex psychischer Tatbesiünde!
Es sei nur das Gebiek der Zemmungen herausgegrif-
fen. Für La Tvur bedeuketen dle Hofkleidung und die
Unterbrechung in der Arbeik starke Hemmungen.
Werken niedergelegt ist und die auch schon für den
Zweck kurzen Uederblickes leitfadenmätzig zusam-
mengeschrieven wurde. Es tritt dann ein ähnlicher
Zustand ein, wie er in Sachsen für üie Nichtpädagogen
bisher schon herrschte. Der Erfolg diefer oft recht
oberflächlichen psychologischen Kenntnisse für den
Kunstlehrerberuf im bejonderen, war meist sehr ge-
ring. Wenn die Prüfungskommission auf ihren For-
üerungen bestehk- die Ausbildungsmöglichkeiten aber
nur umständlich und mit viel Zeitverlust das Ge-
wünschte vermitteln, käme man sicher, wie in anderen
Fakultäten, auf den Repetitor, den Pauker, hinaus.
— Davor sollten aber die Kandidaten des höheren
Kunstfaches bewahrt bleiben.
Psychologifche Probleme, wie sie die Kunst im
besonderen stellt und die Bermittlung der Kunst im
Unterrlcht mit sich bringt, blieben aber unerwähnt,
und darauf kommt es den Kunsterziehern aber doch
gerade anl So kann es augenblicklich kommen, datz
weder die fpeziellen Fragen der Kunstpsychologie,
noch die allgemeine Psychologie, ernstlich in den Ge-
danken-, und Gefühlskreis des jungen Kunstlehrers
gerückt ist. Wohin das führen kann, dafür lieaen lei-
der schon Beifpiele vor. Üeber dem jungen Kollegen
schlagen die Anforderunaen des ünterrichts zusam-
men, bei dem Frondienst von 28 und 30 Pflicht-
stunden hat er keine Zeit und Krast zu den vielen
Problemen von sich aus Stellung zu nehmen. ünbe-
sriedigt, voll linlust wendet er sich vom Unterricht ab
und sucht Befriedigung dort, wo er sich heimischer
fühlen gelernt hatte, in der sreien Kunst, und würde
einen Lehrerberuf gern ganz verleuanen, wenn er
ihm nicht gerade das nötigste Brot brachte.
II. DaS Ziel der Beschäftigung mit psychologischen
Fragen.
Schon werden BeüenKen aufsteigen:
Die Beschäftigung mit psychologlschen Fragen läufk
doch wahrscheinlich darauf hinaus, dem Kunster-
zieher noch mehr Kenntnisse, intellektuelle Dinge auf-
zubürden, und das bedeutet unnötige Belastung, Zer-
splikterungl
Andere werden glauben: Die Beschäftigung mit
psychologischen Elementen wird dahtn führen, datz
wieder eine neue Methode, eine bestlmmte Methode
auf psychologischer Grundlage, gefunden wird. Die
neuen Methoöen aber, die alle als allein richtig
angePci^en werden, haben die Kunsterzieher mit
vtiwlschnitt Realsch. Schramberg (Studteirrat Kettenacker)
Liiwlschnltt Realsch. Schramberg (Siudienrat Ksttenacker)
Wieder andere werden glauden: Die Beschättigung
mit psychologischen Fragen wird zu einem Syskem, zu
einer Wissenschaft, zu einem Buch über Kunslpsycho-
logie, zu einem Leitfaden führen. Alfo, ein veryäng-
nisvoller Schritt vorwärts in der Berwissenschaft-
lichung der Kunftl
Aus diesen Gründen soll kurz vom Ziel der Be-
schäftigung mit kunstpsychologischen Dingen gesprochen
werden. Einleitend wurde auf das Gebiet des Schaf-
fensprozesses, lm besonderen auf die Hemmungen auf-
merksam gemacht. Diese Hemmungen können der ver-
schiedensten Art sein.
Quentin la Tour kam nie zum Porträtieren in
die Skadt und erklärte sich erst nach vielem Vitken
bereit, in Bersailles fur den König das Bildnis
der Pompadoure zu maien. Er stellke die Bedingnng,
dah er mik seinem Modell allein sei und nicht gestört
würde. 2n Bersailles angelangt, machte er es sich
bequem, legts Gamaschen, Kragen und Perücke ab,
setzte ein Käppchen von Taftseide auf und begann
fein Werk. — Da ösfnete jich die Tllr, der Könlg trat
ein. La Tour nahm sein Kappchen ab und sagke: „Sie
hatten mir versprochen, Madame, datz wir allein sein
würden." Der König lachte über Kleid und Borwurf
und forderte den Künstler auf, in der Arbeik forkzu-
fahren. La Tour aber erwiderte: „Es ist mir unmög-
lich, Ew. Majestät zu gehorchen, ich liebe nichi,
unterbrochen zu werden." Damit raffte er Perücke
und Gamaschen zusammen und begab sich in das Ne-
benziinmer.
Ein ganz grotzer Komplex psychischer Tatbesiünde!
Es sei nur das Gebiek der Zemmungen herausgegrif-
fen. Für La Tvur bedeuketen dle Hofkleidung und die
Unterbrechung in der Arbeik starke Hemmungen.
Werken niedergelegt ist und die auch schon für den
Zweck kurzen Uederblickes leitfadenmätzig zusam-
mengeschrieven wurde. Es tritt dann ein ähnlicher
Zustand ein, wie er in Sachsen für üie Nichtpädagogen
bisher schon herrschte. Der Erfolg diefer oft recht
oberflächlichen psychologischen Kenntnisse für den
Kunstlehrerberuf im bejonderen, war meist sehr ge-
ring. Wenn die Prüfungskommission auf ihren For-
üerungen bestehk- die Ausbildungsmöglichkeiten aber
nur umständlich und mit viel Zeitverlust das Ge-
wünschte vermitteln, käme man sicher, wie in anderen
Fakultäten, auf den Repetitor, den Pauker, hinaus.
— Davor sollten aber die Kandidaten des höheren
Kunstfaches bewahrt bleiben.
Psychologifche Probleme, wie sie die Kunst im
besonderen stellt und die Bermittlung der Kunst im
Unterrlcht mit sich bringt, blieben aber unerwähnt,
und darauf kommt es den Kunsterziehern aber doch
gerade anl So kann es augenblicklich kommen, datz
weder die fpeziellen Fragen der Kunstpsychologie,
noch die allgemeine Psychologie, ernstlich in den Ge-
danken-, und Gefühlskreis des jungen Kunstlehrers
gerückt ist. Wohin das führen kann, dafür lieaen lei-
der schon Beifpiele vor. Üeber dem jungen Kollegen
schlagen die Anforderunaen des ünterrichts zusam-
men, bei dem Frondienst von 28 und 30 Pflicht-
stunden hat er keine Zeit und Krast zu den vielen
Problemen von sich aus Stellung zu nehmen. ünbe-
sriedigt, voll linlust wendet er sich vom Unterricht ab
und sucht Befriedigung dort, wo er sich heimischer
fühlen gelernt hatte, in der sreien Kunst, und würde
einen Lehrerberuf gern ganz verleuanen, wenn er
ihm nicht gerade das nötigste Brot brachte.
II. DaS Ziel der Beschäftigung mit psychologischen
Fragen.
Schon werden BeüenKen aufsteigen:
Die Beschäftigung mit psychologlschen Fragen läufk
doch wahrscheinlich darauf hinaus, dem Kunster-
zieher noch mehr Kenntnisse, intellektuelle Dinge auf-
zubürden, und das bedeutet unnötige Belastung, Zer-
splikterungl
Andere werden glauben: Die Beschäftigung mit
psychologischen Elementen wird dahtn führen, datz
wieder eine neue Methode, eine bestlmmte Methode
auf psychologischer Grundlage, gefunden wird. Die
neuen Methoöen aber, die alle als allein richtig
angePci^en werden, haben die Kunsterzieher mit
vtiwlschnitt Realsch. Schramberg (Studteirrat Kettenacker)