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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 10 (Oktober 1925)
DOI Artikel:
Eckert, Georg: Beitrag zu den Richtlinien für den Zeichenunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0293

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rlchtS nicht kamile. Die Fceiheil !m Anlerrichi hat
e-i unS Zeichentehrern ermöglicht, unler Fach so
lehenüvoll zu entwlclreln. Dagegen mub >daä, waS
siir alle Schulgattungen und alle eiuzelneu Schulen
glclchmäszlg -notwendig und maszgeblich ist, in ali-
gemeinen Äichtlinlen niedergelegt werden. Ein aus-
tiihrltcher Lehrplan liann nur silr jede Schule ge-
sondeit -ausgesliellt werden. Amtllche Lehrvläne liönn-
ten wohl lur Sinne von Lehrplaiibeispielen den
Aichllinlen beigesllgt werdeii und dtirfteii nur den
Ziveclc verfolgen, anregend und helsen-d zu wiclren.
Die pädagogische Persönllchlrelt >des Lehrers im
Zelchnen ist das Al-ajzgedende für den einzelneii
Lehrplan, der sich organisch aus den Komponen-len
Lehrer, Schlller, Schulgattun-g und Ilmwslt ent-
wickeln mutz.

Der folgen-de E-ntwurf ftir öie allgemeinen Nicht-
llnlen geht von -den fllr den Zeicheiiunlerricht gel-
tenden pädagogischen Voraussetzungen auS. Diese
sin-d -durch den zu erziehenden jugendlichen Men-
schen, seine Melj und seine darslellerischen Aus-
drucksmittel -gegeben. In drei Fr-agen jej kurz dle
allgemeine Anterrlchlsaufgabe -Largestellt. 1. Wie
enlfalte u»d entwickle ich die in -der tzugend vor-
handeneii seelisch-geisligen und schöpferischen Kräste?
2. Wie brlnge ich die Iugend zur vertieften Betrach-
tuna -der gesaiiiten Nalur un-d -der von -den Menschen
geschaffenen Werke? 3. Wie entwickle ich in der
lZiigen-d -die Fähigkeiten zum eigenen darstellerischen
Llusdruck?

Alle -diefe drei Gesichlspunkte bilden eine E-in-
heit, -die alle Leblete des Zeichenunlerrichts durch-
zieht und -auf -dte methodisch immer geachtet werden
musz, wenn eine Einseitlgkeik vermie-den wer-den soll.

I. Arbeilsgebiet

Freie Gest-altungen im Malen, Zeichn-en, in Graphik,
Plaftik und Werkstoffarbe.iten (daä Lehlere bezieht
sich nicht auf den Werkunterricht -als Fach).

Das freie Gestalten isl! Las schöpferische Herstel-
len sinnvoller Bildsormen im Äegensatz zum objek-
liven Nachbilden. Lntsaltung -des Gestaltungslrtebes
und Entwicklung Ler vildenden Kräfte unler Benut-
zung aller bildnerischen Auädrucksmtttel. vom kind-
lich primiti-ven Darftellen bis zum bewutzten Linsetzen
der Ausdrucksmittel.

a) Der Schiller stellt seine Ilmwelt dar.

Die Behandlung un-d Wledergabe -des gegenstän-d-
lichen und inhaltlichen Stoffes wird Lurch -die Ark
des Erlebnisses bestimmt. Das Erleben Ler Umwelt
wird hervorgerufen durch Eindrücke von Auhen. Es
vollzieht sich im intuiliven oder im -bewujzten Er-
kennen Ler Erscheinungen und Formen und Ler for-
nienden Kräfte, und zwar Lurch Wahrnehmen, Bil-
den von Borstellungen und gelsti-ges Erschauen. Die
Lrlebnisse können solche sein, Lie der Schlller -durch
eigene Berührung mit -der Umwelt in sich aufge-
nommen hat oLer -die der Lehrer -an Len Schüler
heranbringt. Sie können von Dinaen, Erscheinungen
und Borgängen ausgehen. Dle Auseinandersehung
mit diesen musz in Lie Darftetlrmg-elnflietzen.

b) Der Schtiler stellt seine ülnnenwelt Lar.

Entsch-eidend ifl! hier wieder die Arl des -Erleb-

nisses, -das In Liefem Falle nur -ausgesprochen seelisch'
geistigen Ursprungs seln kann. Das entweder m-ehr
gefühlsmätzig Lrlebte oder mehr ILeenhaft Geschaule
mit vorwlegenL allgemein menschlichem, ethtschem

oder religiösem llnhalt iiiutz in der Darftelluiig sei-
nen bildhasten AusLruck finden. Die Farbe wlrd
ein bevorzugtes Ausdrucksmiltel seiii. Die Darsiel-
lungen können entweder gegenstän-dllche oder un-
gegenständliche Fornien enthaiten.

v) Fr-eie rhythinische Gestaltuiigen mit Linien imd
Flächen.

Hier ist -die Entfaltuiig Les -ducch Ahplhinns ge-
i bundenen BewegungSempsindens zn pslegcn. Diejed
isS zu klüren bis zum Erkennen der Formendi)iia-
mik und ihrer Wi-rkung von Kräften und Gegen-
ikrälten. Gestaltungsmiltel sind die gemalle und ge-
zeichnete Linle unL die Flecksinur, serner geeignete
sWerkstossmiitel (Stempetdruck, Papier, Wolle usw.).

tt. Arbeitsgebiet

Schulung Ler sinnlichen und geistigen anschaueiideii
unü Ler -dnrstellenden Fähigkeiten.

Dieses Arbeitsgebiet wendet sich nn die leiblicheu
und geistigen Fähigkeiten, die durch svslematische
Schulun-g und uebung eiitwickelt und teilweise bis
zu einem sicheren Können gefördert werden könueii.
Die Borbedingung einer enlsprechenden Begabuug
gilt hler nicht mehr, wie bei anderen Itnterrichts-
fächern. 3m Anfangsunterricht auf höheren Schuleu
werden oft auf Ler Bolksschule mechauisch auge-
lerute Manleren Les Dnrstellens und gedüchtniS-
inätzia eingeflötzte Borsl-ellungS-Schematas erst be-
seittgt weiLen mtissen. Auf -Ler Ilntersijufe ist das
/ hier immer noch kindsich intüitipe Schaueu und Bor-
/ stellen -als -das der Eiilivicklung Lntsprechende zu
/ pslegen. Das bewutzte Borstellen und daS objektive
- Beobachten und Darstellen kanu erst in Ler Alillel-
stufe allmählich geübt werden, wenn Lort mit der
Geschlechtsreife daS „3ch" vou -der Autzenwelt be-
wutzt fich absondert.
a) Schulung Ler Borsiellungssähigkeit.

Ein-e Borstellung ist Lie Berkutipfung der Siu-
nestäti-gkeit mit Ler Denktätigkeit, Ler Wahrueh-
mung mit Lem Begriss, Ler Form init der 3dee. Diese
Tätlgkeit kann gerichtet sein auf die Ursorm der
Dinge (Typik), auf Lie Wer-deforni (Or-ganik) aus
-d-ie nakurgesetzliche Form (Statik, Atechanik uud
Dynamik).

Auf-der Unterstufe wird mau sich hauplsächlich mit
-der Organik und Tyvik beschäftigen. Die Natur-
verbundenheit des Kindes erforderl Las. Der Schlller
dieser Altersshusen -gelangt durch iutuiiives Schaueu
zum vorstellungsmätzigen Erfasseu der Einheit vou
Form und üinhalt. Alles verstan-desmätzige Llnaly-
sieren mutz hier noch ausgesch-altet bleiben.*

Auf Ler Miltel- und Oberstufe benuht man La-
gegen -immer mehr, Ler natürlichen Eulivicklung des
Bewutzlwer-dens foigend, Lie Mittel der Analyse der
Form und Les ülnhalts, um zuin bewutzken, vom
Berstande beleuchteken Borstellen zu gelangen. Datz
hiervet -das Erfassen des Objekls vom inknillveu
gefühlsmäszigen Erleben Lurchflossen sein kaun uud
mutz, ergiok sich von selbst aus Ler Einstelluiig LeS
Ilnrerrichksfaches. So soll Ler Schiiler — selbsl eine
Einheit Les Wahrnehmens, Dsnkens, Ftihlsn uud

» De» Febler der z» srilhzeilige» oder g»r eNiselilge» SI»s.
bilduiig dsS Iiitellekts—ein Merkmaldes heiltige» lliiierrichis-
weseiis und besoiidsrs dsr erperii»e»telle» Pndagogik —dgrs dci
Zelchemittterricht, dsr die uralts» pädagogtsche» Wahrheite» t»
der ne»en Lestalt der kttnstlerische» Pädagogik iin StUle» wei-
terentwickelt hat, nicht mitmgchen.
 
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