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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

DOI Heft:
Heft 11 (November 1925)
DOI Artikel:
Stiehler, Georg: Werkbund - Werkunterricht, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0308

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- 301

Werkbund —

Von Geora Stiekl

Der Werkunlerricht ist kein Sandwerksunterricht,
wie schon oben erwähnt; Werkunlerricht trilt im Plan
der Arbeltsschule auf als gegenständliche Darstellung
>m Zuae deS gesamken Anterrichls und als gegen-
siändliches Schaffen, in deii dazu besonders einge-
richkeken Schülerwerkstätten; dazu als Garten-, Feld-
arbeik und Kleintierpflege, vor allem auf dem Lande,
und endlich als sogen. Schulfarm. Der Werkunter-
richt hat in der allgemeinbildenden Schule nur Sinn
und Rechk, wenn er die Technik in den Diensi des
allgemeinen Bildungszteles stellt: Bildung der Per-
sönltchkeik und Einbau in die Kulkurgemeinschaft.

Auf die Erziehuna zur Selbständigkeit und den
naturgemäßen Fortschritt isk bei der dinglichen Ar-
beit wie bei der gelstigen Arbeit streng zu achken.
Mannigfalkia sind die Techniken, die Geschaukes,
Gedachkes, GesühlteS, Phantasiemähiges zur schöpfe-
rischen Arbeit führen soilen. Die freie geistige Ar-
belt, die in Geste, Wort und Schrifk zur Gestalkung
führk, brlngt Ausdruck und voraufgeyende geistlge
Innenarbeit enger und reibungsloser zusammen, als
die mit Werkzeug und Skoffen belasteke Werkarbeik.
Dieser belalkeke Arbeitsvorgang ersorderk deshalb
andere didakkische Einstellung als bei der sogenann-
ten freien geistiaen Arbeit. Sobald die Technik,
Werkzeug und Skoff, sich zwischen der seeliscken und
geiltigen Lluffassung, zwischen der lldee, der Aufgabe
und dem Takwerden einschiebt, bedarf es der Än-
lelkung, der Aeberwindung stokflicher Hemmungen,
der streng werkmähigen Geskaltung. Ohne Führung,
Uebung, Borbild und kätiges Eingpeifen des leiken-
den Erwachsenen ist kein geordneker Aufskieg mög-
lich, kein Berlust an Zeit, Kraft und Skoff zu ver-
meiden. 2e nach dem Umfang der äutzeren Schwle-
rigkeik des werkkäkigen Schaffens und des Alters
deS Schttlers ist Führung, Einübung oder Selbst-
arbeik abzustufen. Eigene Zielstellung, eigener Är-
beiksweg, eigene Lösung ln den Anfängen solcher an
Material und Werkzeug gebundenen kechnischen Ar-
beik isk eine Bhrase. Schon die äuhere Aufzählung
kechnifcher Arbeitsformen gibt Linweise für die not-
wendige, auf bescheldenste Eigenarbeit eingeskellte
Didaktik. Wir relyen die Techniken aneinander ihrer
Schwieriakelt nach und im Hinblick auf die Werk-
ieua- und Stoksbewältinunn.

Solche Techniken stnd Schreiben, Zeichnen, Malen,
Formen in plastischem Makerial, Ausschneiden, Fal-
ten, Flechten, Weben, Basteln, endllch die besondere
Papp-, Holz- und Mekallarbeit. 3m Leben ist alles
eingeskellk auf verkaufsreife Ferkigware, auf Werk-
arbeit, auf kechnische Arbelt durch Maschine, auf
önllche ooer kypische Arbeit im Kunsthand-
Gebrauchsware im Handwerk.
o in der Schule. Diese WerkarlMchat sich
dem Bilbungsziel, dem Unkerrichk und dem gesamten
Schulleben einzuordnen. Sie ist deshalb nicht allein
zu prüfen nach der kechnisclien, geschmacklichen
und sachlich wlssenschaftlichen Seike, sondern must in
erster Linie Aücksicht nehmen auf den werdenden
Menschen. Fundamentalsatz ist: 3ede Werk-
arbeit in der Schule ist als Enkwick-
lungsleistung zu beurteilen. Skrenge,
lehte Matzstäbe der schaffenden Ku kurkreise, des
Merkbündes, deS Zanowerkes geben deshalb bei der

Werkunterricht

H, Leipzig (Schluß)

2V

relfe per
werk, au
Nichk

Anwendung aus die Schülerarbeit ein schiefes, ein
unsachliches Bild. Die Q u a l i t ä t s a r b e i t im
Kunstgewerbe und Handwerk bedeutet fllr die Schule
Nichkung. nicht Erfüllung. Der Elemenkar-
schuler kann in diesem Sinne keine Qualikäks-
arbeit leisien. Er denkt, fllhlt und schafft zunächst in
Symbolen. Er deutet an, eigenwillig, eigenarkig.
Aicht das Typische, das ans Vesetz gebundene
Schaffen ist seiner seelischen, geistigen und körper-
Iichen Lage angepatzt, sondern das individuelle, daS
sachlich und technisch ungebundene Gestalten. ES ist
Spiel, es ist naiv-köstlich. Es wird aber kok oder ver-
krampft, wenn reife Technik vorzeikig verlangk wird.
Tritk aber handliches Tun auf der Mittel- und
Oberstufe als Begleikung von Geste, Schrifk und
Worr aus, um ein Näumliches, Plastisches, Konstruk-
tives und Funkkionelles rasch und elndringlich zu
geltalten, dann haben wir dle gelstig-tech-
nische Kurzarbeit, die technische Geste.
Auch diese ist noch nicht zu werten als tech-
nische Werkarbeik im strengen Sinne des Werk-
bundes, sondern sie dient zur sachlichen Ber-
anschaulichung, zum persönlichen Äusdruck im
Zuge des Unterrichts. Anders aber gestalken sich
die Werkurkeile über die Schlllerwerkarbelk, wenn
auf der Miktel- und Oberstufe der Bolksschule und
der höheren Schule Modelle gebaut werden, die
Dauerwerk besihen sollen, wenn selbstgeferkigke Ap-
varake zu genauen Veobachkungen auf Grund reif-
licher Ueberlegung und sinngemäßer Wahl der Tech-
nik geschaffen werden. Wenn das gesamte Scbul-
leben die Werkstakk in Anspruch nimmt bei der Her-
stellung schlichker Gebrauchsdinge, oder wenn gar das
weite, schwere Gebiet der geschmacklichen Werkskakk-
übung bekreten wird.

Da ist die freie, kindliche Spielform ausgeschlossen.
Auch üle äutzere, auf den Augenschein eingeskellte
Geskalkform mutz der werkgerechten Vauform,
der Funktionsform und der geschmacklichen Werk-
form weichen. Hier tut Vesinnung not. Wir müssen
bei der Werkstakkarbeit ganz nüchkern und ehrlich
zugestehen, datz die körperlichen, geistigen und see-
lischen Kräfks der 3ugend bis zu 14 tzahren im
Durchschnitt nur für einfachste Werkarbeit aus-
reichen. Nur wenn besonders Begabke zu Gemein-
chaftsarbeiken unter katkräftiger Leikung und Niit-
hilfe des technisch geschulten Lehrers sich zusammen-
finden, sind umfangreichere und technisch reifere Ar-
vsiken zu erwarken. Bor dem 12. Lebensjahre ist im
Durchschnikt eine einwandfreie Werkstaktarbelk im
Sinns des Werkbundschaffens überhaupt nicht zu
verlangen. Alle Ueberforderungen, alies zu hoch ge-
tellkes Eigenarbeiken ist streng auszuschalken. Man
chäme sich nicht, als Arbeitsschulmann stärkste Ab-
. triche zu machen, damik die Schüler wahr, gediegen
und einfach schön gestalten können. Berstieaen ist
dle Methode, die z. B. vom Schüler ernen Bilder-
rahmen selbständig, ohne Lettung und vorangehende
technische Uebungen aus Gehrung machen lätzt, um
mit einer solchen Aufgabe dem Grundsah der Selbst.
täkigkeit gerechk zu werden. Anch dann Ist diese Me-
khode des Probierens verstiegen, wenn so etwas in
Bersuchsschulen gemacht wird. Solche Bersuche sind
 
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