Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend
— N.F. 5.1925
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0344
DOI Heft:
Heft 12 (Dezember 1925)
DOI Artikel:Könitzer, Paul: Wege zur Seele des Kunstwerkes: Zeichnen und Kunstbetrachtung in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung und Befruchtung, ein Lehrgespräch auf der Oberstufe
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0344
Nbb.7
Nbb.»
Abb.U
Trilung des senkrschte» Kreuzarmes duc6) Len wage-
reö-len auf Älatt S mufz Bewunderung erregen. Bie
Blätter 7. 8 und N zeigen unS Schüler mit relcher
Formenphanlasie, Ausbau und Formencharakker der
einzelnen Blätter enthalten Anklänge an die künst-
lerische Empsindung fremder Bölker, die Blälter 7
und N deuten nach Ältägypten, Blatt 8 nach China
bzw. Tibet.
Wenn wir unS ieht wiedec üer Sizlina zuwenüen,
lo ist wohl anzunehmen, datz unsere bisherigen Unler-
iuchungen uno Uebungen unä gar mancheS über Auf-
bau und Llnienrhythmus dieses KunstwerkeS geklärt
haben werden. BieleS wird freilich auch seht noch
Veheimnis für unS seln und wtrd es für die Mensch-
hcik wohl fur immsr bleiben. Es ist mik der Sirtina
wie mit der Pyramide des grohen ägyptischen Konigs
Cheops, beides Werke, geschaffen von Menschen-
händen, geführk von ver Hand desewigen ^
Goltes, u»d darum voll ewlger Cieheimnisse, voll
unlüsbarer Rälsel. 2st es nichl schon ratselhaft,
dah auch bei der Sizkina daS Dreleck beim Äufbau
und bei der Bertellung der Bildmassen dle Haupt-
rolle gespielt hal? Dles gill nlcht nur für die Ver-
sinigung der tzauptmassen deS BlldeS, der Madonna,
des Sixtus und der Barbara, dte fest an daS gewal-
tige Mttteldreieck gebunüen sind, das läht siä) auch
bei den einzelnen Teilen in feinster rhythmischer
Wiederholung welter verfolgen. Unter Benutzung
des Blattes 13 wollen wir versuchen, uns den ge-
radezu erstaunlichen Aufbau deS Kunskwerkes weiter
klar zu machen. Die drei Hauplfiguren gliedern sich
wie Säulen um eine Mittelsenkrechte, die durä)aus
fühlbar bekonk ist. Bei der Madonna verläuft diese
Senkrechte über den vorgestreckten rechten Fuh und
teilt das Bild zugleich in zwei durchaus symmelrische
Teile. 3n fast gleichem Abstand von diefer Miktel-
senkrechlen verlausen die beiden andern Äenkrechtrn
sür die kiefer gesteilken Figuren der Barbara und des
Siztus. So hak das Bild selnen festen architektoni-
schen Unkerbau, so erfüllk eS zugleich seine Haupk-
note, feierliche Ruhe.
Lelse schwetft der Blick des Beschauers nach oben,
geführk von der Rückenlinie des Slxtus und der
Barbara über dsn Kopf deS KlndeS hinweg zum
Kops der Madonna, dort noch einmal mächkig gefaszk
und welker emporgehoben durä) die Linien des ne-
öffneten Borhanges, die stch auherhalb der Aild-
begrenzung wieder zum Dreieck zu schliehen suchen.
So wird der Blick stcher, fast zwingend wetl über die
Bildgrenzen htnausgeführk. So beglnnt die Ma-
Nbb.»
Abb.U
Trilung des senkrschte» Kreuzarmes duc6) Len wage-
reö-len auf Älatt S mufz Bewunderung erregen. Bie
Blätter 7. 8 und N zeigen unS Schüler mit relcher
Formenphanlasie, Ausbau und Formencharakker der
einzelnen Blätter enthalten Anklänge an die künst-
lerische Empsindung fremder Bölker, die Blälter 7
und N deuten nach Ältägypten, Blatt 8 nach China
bzw. Tibet.
Wenn wir unS ieht wiedec üer Sizlina zuwenüen,
lo ist wohl anzunehmen, datz unsere bisherigen Unler-
iuchungen uno Uebungen unä gar mancheS über Auf-
bau und Llnienrhythmus dieses KunstwerkeS geklärt
haben werden. BieleS wird freilich auch seht noch
Veheimnis für unS seln und wtrd es für die Mensch-
hcik wohl fur immsr bleiben. Es ist mik der Sirtina
wie mit der Pyramide des grohen ägyptischen Konigs
Cheops, beides Werke, geschaffen von Menschen-
händen, geführk von ver Hand desewigen ^
Goltes, u»d darum voll ewlger Cieheimnisse, voll
unlüsbarer Rälsel. 2st es nichl schon ratselhaft,
dah auch bei der Sizkina daS Dreleck beim Äufbau
und bei der Bertellung der Bildmassen dle Haupt-
rolle gespielt hal? Dles gill nlcht nur für die Ver-
sinigung der tzauptmassen deS BlldeS, der Madonna,
des Sixtus und der Barbara, dte fest an daS gewal-
tige Mttteldreieck gebunüen sind, das läht siä) auch
bei den einzelnen Teilen in feinster rhythmischer
Wiederholung welter verfolgen. Unter Benutzung
des Blattes 13 wollen wir versuchen, uns den ge-
radezu erstaunlichen Aufbau deS Kunskwerkes weiter
klar zu machen. Die drei Hauplfiguren gliedern sich
wie Säulen um eine Mittelsenkrechte, die durä)aus
fühlbar bekonk ist. Bei der Madonna verläuft diese
Senkrechte über den vorgestreckten rechten Fuh und
teilt das Bild zugleich in zwei durchaus symmelrische
Teile. 3n fast gleichem Abstand von diefer Miktel-
senkrechlen verlausen die beiden andern Äenkrechtrn
sür die kiefer gesteilken Figuren der Barbara und des
Siztus. So hak das Bild selnen festen architektoni-
schen Unkerbau, so erfüllk eS zugleich seine Haupk-
note, feierliche Ruhe.
Lelse schwetft der Blick des Beschauers nach oben,
geführk von der Rückenlinie des Slxtus und der
Barbara über dsn Kopf deS KlndeS hinweg zum
Kops der Madonna, dort noch einmal mächkig gefaszk
und welker emporgehoben durä) die Linien des ne-
öffneten Borhanges, die stch auherhalb der Aild-
begrenzung wieder zum Dreieck zu schliehen suchen.
So wird der Blick stcher, fast zwingend wetl über die
Bildgrenzen htnausgeführk. So beglnnt die Ma-