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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 12.1877

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Das Rubensfest zu Antwerpen, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5785#0396

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Das Rubensfest zu Antwerpen.

783

deres gedacht: Singt, singt! Wenn Todte zu erwecken
sind, so können es die Kinder! Wenn große Zeiten
wiederkehren kvnnen, so singen die Kinder sie herbei.
Än Euch ist die Zukunft! Die Vergangenheit empfängt
wieder Leben, wenn ihr so dringlich ruft, euch muß der
Himmel hören, wenn ihr fleht und euch begeisters zu
den Thaten der Ahnen! Die großen Todten geben
ihren Segen zu dem, was ihr bittet!

Und wir dachten an den Gesang der spartischen
Jugend: tapfere Männer werden wir sein!

Aber daß „1'Luropo 68t psrsoimiües ck'uborä
xur un okiosur u l'itulionns, puis c>uunck on okunts
lu postiipus ^IIsmuFns st 1u üsrs ttzlbion 1s su^st
s'slsr^it sto.", daß Asien durch „nn visux nrotst
ä'sxliss 80U8 torins cks oborul" dargestellt ist, daß
„1s. oombinstion ckss voix ä' slti st cks tsnors,
sonoritss mstss cku msckium nous cksxsiAnsnt Iss
ässsrts äs l'^trigus; äss soosnts tristss st Ismsn-
tsblss inckiipusnt 1ö8 80utkrsnos8 ckss msrin8 sttsris-
ssnt sn ^ustrslis, tsnckis <pus Iö8 ouivrss sooom-
xsAnsnt rucksmsnt Is8 obosurs, gui obsrsotsrissnt
Is vi§usur st Is puisssnos cks Is ^suns ttzinsriixns"
und daß danach eiue Betrachtung über die Kunst des
Alterthums kam (in wörtlicher Uebersetznng):

„Klein ja stnd wir, Pygmäen nur gleich, bei den Riesen der

Vorzeit!

Griechen vorall, euch starren wir an mit bewundernder

Ehrfurcht.

Wohl siel Staatsmacht! Heere ünd Throne verschwanden

nie Staubsand.

Jndien trägt ein Zwangsjoch, Rom erobert kein Volk mehr.

Bleiben die Veden Asiens Volk nicht als himmlisches Manna?
Hiob sitzt hoch auf dem Thron und ein Gott ist noch immer

Homerus . . . ."

— das konnten wir, ohne Text und die respektive Kritik,
beim Hören nicht ahnen. ML. übersetzt der französische
ofsicielle Uebersetzer „ckob Lit boo§ ox ssu troou" mit
„ckob rssts S88i8, uou 8ur uu tumisr, msis 8ur uu
trvus". Jst doch schön, solche Uebersetzung bei den
beidsprachigen Antwerpncrn!)

Der zweite und dritte Theil des Textes von Herrn
de Geyter stimmt besser zu unseren Voraussetzungen und
Anforderungen für solchen Tag und wir haben dafür
nnsere volle Anerkennung auszusprechen.

Die niederländischen Städte eröffnen wieder den
Reigen über die Nacht, welche der Antike folgte. Dann
sagt Europa: Wo glänzte das erste Licht der Freiheit?
Alle Welttheile: Jn Flandern! — Amerika: Wo klang
das erste Lied der^Freiheit? Alle Welttheile: Jn
Flandern!

„Die ,Kerle° stritten mit Lanze und Dolch
Und Perlen streuten die Dichter in's Volk.

784

Ja durch die Jahrhunderte hin, die dunklen,

Sah man hier zuerst es funkeln,

Hie und da gleich einem Stern,

Klein und fern,

Fern und klein:

Ans einem Dichtergehirne strahlte immer der Schein."

Gemeinden, vlämische Gemeinden, ruft Amerika, ihr
fügtet in die Krone, mit der die Freiheit prunkl, das
edelste Gestein.

Und da ihr euch selber befreit aus dem Zwana,

Als das Ssufzen geworden Gejauchz und Gesang,

Als in Handwerk, Geschäft und in Gilde voll Ehren,
Jhr wolltet, was recht war und dieses erstrittet —

da erbautet ihr Paläste, da erblühte die flandrischc
Kunst, da klang das Glockcnspiel von den Thürmen,
da sangen die Alten und tanzten die Jnngen. Zuin
Reichthum kamen Freiheit, Kunst und Silten und dic
Welt bewunderte euch. Doch die Tage des Unglücks
und der Tyrannei folgten. Die Kunst entwich vor
ihnen. Jhr lagt im Staube unter den Füßen dcr
Feinde und als Europas Spott. Doch auferstanden
ist Flandern in seinem Ruhm. Freiheit und Kuiist
sind wieder erblüht, beneidenswcrth anderen Völkern.
Kommt, Völker, in dies glückliche Land, wo reine Geister
schweben und edle Menschen leben und singt mit ihnen
den Sang der Zukunft:

Fürsten, kein Schwert mehr zum Streite gezückt,
Völker, kein Volk mehr in Knechtschaft gedrückt,

Wilde, kein Blut mehr aus Schädeln kredenzt,

Für Alle ist Platz, wo das Sonnenlicht glänzt.

Frei sei der Mensch, wo er schwärmt, wo er haust,

Frei, wie dort wo die Schelde braust.

Freiheit und Wissen, die Kunst ist die Krone,

Kunst in den Hütten und Kunst auf dem Throne,

Licht in den Köpfen und Luft für die Herzen,

Süßere Freuden, mildere Schmerzen,

Kunst voll Naturkraft, die schöpferisch sprießt,

Kunst, wie dort, wo die Schelde fließt.

Und dann?

— dann wird das Glockenspiel von allen Thürmen tönen,
Alter und Jugend glücklich sein, Dann ist die alte
glückliche Zeit wieder da . . . ."

Musik, Chöre, Glockenspiel brausen alle zusammen in
den Sang des Glücks. Die Menge brach zum Schluß
immer und immer wieder in Jauchzeu aus und wieder
und wieder ertönte die „Beiaard"-Melodie, die den Abend
und die nächsten Tage überall gesnmmt und gepfiffen
wurde.

Ein flandrisches Herz mochte mit Recht begeistcrt
schlagen. Das Fest war großartig eingeleitet. Nach
1l> Uhr zog dann noch ein großer Zapfenstreich der in
Antwerpen liegenden Regimcnter, von Reitern unv
 
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