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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 1.1919/​20

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1. Oktoberheft
DOI article:
Schmitz, Hermann: Der Hausbuchmeister im Kunstgewerbe, [2]
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.27815#0053

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E. S., auch auf dessen Baseler Teppichen um 1480. Ein
Deckelbecher aus dem Besitz Kaiser Friedrichs III. im
Wiener Hofmuseum zeigt sogar Einhörner, Greifen, Vögel
und Rehe im Anschluß an Stiche des E. S, weiß auf
schwarzem Grunde in Schmelzmalerei auf Silber. In
dem Glasgemäldewerk des Kunstgewerbemuseums ist die
Vermutung ausgesprochen worden, daß die ganze Gruppe
von Silberschmelzarbeiten in dieser Art, mehrere in Wien
befindliche Becher aus dem
Besitz Friedrichs III., der
prächtige Affenbecher der
Sammlung Thewalt, jetzt
Morgan, ferner das nur in
der Malerei des Aschaffen-
burger Kodex erhaltene
Hauptstück, der Kristall-
pokal mit Waldmenschen
aus dem Mainzer Dom-
schatz u. a., am Oberrhein
in der unmittelbaren Nähe
des Meisters E. S. entstan-
den sind. Sie wurden früher
für burgundischer Herkunft
gehalten, aber mit den bur-
gundischen Goldschmiede-
und Silberschmelzarbeiten
verbindet sie nur eine all-
gemeine Beziehung, wie ja
überhaupt die ganze Kunst
des E. S., Schongauers und
selbst des wahrscheinlich
1476 in den Niederlanden ge-
wesenen Hausbuchmeisters
zahlreiche Anregungen von
Seiten der burgundischen
Niederlande empfangen hat.

Bei einer näheren Unter-
suchung dieser Gruppe wäre
die nachgewiesene Bezieh-
ung Kaiser Friedrichs III.
und Maximilians zum Haus-
buchmeister zu beachten.

Der Deckelbecherentwurf
des Hausbuchmeisters weist
bereits einen fortgeschritte-
nen Naturalismus und mehr
spitzig-scharfe Formen als
die früheren Schmelzbecher
auf. Um den Körper und den
Deckelknauf sind verschlungene Äste geflochten; sie er-
innern an das Aststabmotiv der Vierpaßscheiben; krause
Krabben bekränzen den oberen Rand und den Fuß, und
eine Kreuzblume mit lappigen Blättern bekrönt den ge-
schweiften Deckel. Unter den oberdeutschen Deckel-
bechern dieser Form scheinen folgende dem Entwurf
nahe zu stehen, ohne daß eine unmittelbare Beziehung
zu Entwürfen des Hausbuchmeisters behauptet werden
soll: ein Becher mit Buckeln und drei flötespielenden
Narren als Füßen in der Sammlung Morgan, ein Becher

mit keulenbewehrten Bauern als Füßen und Distel als
Knauf in Donaueschingen (Abb. 12), ein ähnlicher, mit
drei Bauern als Füßen und dem hl. Martin als Knauf,
ehemals in der Sammlung Spitzer (Koll. Spitzer III.),
endlich ein Akleibecher mit drei Waldmenschen als Füßen
und einem Aststab um den Körper und einer Distelblüte
als Knauf in dem Wiener Hofmuseum (Ilg, die Samm-
lungen des a. h. Kaiserhauses Wien 1895, Taf. 8) und

dessen Gegenstück aus der
Sammlung Rothschild in der
Sammlung von Pannwitz in
Berlin.

Als eine Metallgravie-
rung wenigstens in der Rich-
tung des Hausbuchmeisters
sei hier ein kleines, jüngst
von dem Kunstgewerbe-
museum erworbenes Schei-
benziborium in vergoldetem
Kupfer genannt, dessen
Rückseite einensehr lebendig
gravierten Kampf Georgs
mit dem Drachen im Stil
etwa des Stechers W. H.
(Wolf Hammer) zeigt.

Schließlich sei noch auf
dieZeichnungen vonHütten-,
Mühlen-, Belagerungs- und
Artilleriegerät in dem Haus-
buch hingewiesen, die ein
Licht auf die vielseitige
Tätigkeit in der Werkstatt
unseres Meisters werfen;
was von diesen Zeichnungen
Entwürfe für auszuführende
Arbeiten, was einfach Nach-
zeichnungen darstellt, ver-
dient eine nähere Unter-
suchung.

Die Kopie des Liebes-
paares nach einem Stich
des Meisters auf einem
Wiener Bucheinband aus
geschnittenem Lederum 1500
ist ein vereinzelter Fall, daß
ein Blatt des Hausbuch-
meisters von einem Hand-
werker kopiert worden
ist. Bei der Seltenheit der
Abdrücke seiner Blätter ist das vereinzelte Vorkommen
derartiger Kopien kein Wunder. Viel häufiger sind die
Stiche des E. S. und namentlich Schongauers von
Handwerkern aller Art, Glasmalern, Bildwirkern, Kachel-
bäckern, Goldschmieden usw. kopiert worden, ja eine
Reihe ihrer ornamentalen Blätter sind geradezu als Vor-
lagen für Goldschmiede und andere Künstler anzusehen.
Bekanntlich hat dieses Arbeiten nach Vor-
lagen im Kunsigewerbe des 16. Jahrhunderts eine
Riesenausdehnung angenommen, es sei nur an Alde-

Abb. 9. Meister des Hausbuches: Christus vor Kaiphas.
Rechter Flügel des Kalvarienberges aus Speyer.

Freiburg i. Br., Bischöfl. Besitz.

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