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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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9. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0240

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222

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

f. Band.

gebenen Constructionsbedingungen sowie, der . Be-
schreibung des Redusius entsprechen. Von der
Münchener Handschrift weicht dieselbe nur insofern
ab, als die Kammer äusserlich cylindrisch, im Innern
jedoch konisch ist, während auf Blatt 5 b der Hand-
schrift die Seele der Kammer auch cylindrisch zu
sein scheint. Diese Bombarde wurde auf der Burg
Morro bei Jesi in der Provinz Ancona gefunden


Fig. 12. Bombarde (Steinbüchse) im Artillerie-Museum zu Turin.
(Fig. 12). Die Bombarde ist aus Schmiedeeisen,
580 mm lang; Länge des Flugs: 158 mm; Länge
der Kammer (Seele) 387 mm; Durchmesser der
Seele des Flugs: 150—186 mm; Durchmesser der
Seele der Kammer: 50—68 mm; Gewicht der Stein-
kugel: 5,182 Kg.

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Fig. 13. Hand-Steinbüchse im städtischen Museum Carolino-
Augusteum in Salzburg.

Die Kammer ist nahezu doppelt so lang als
der Flug (387 : 158). Der Flug hat noch nicht die
Länge des zugehörigen Steines (158 : 169), so dass
dieser über die Mündung hinausragte.
Viel genauer noch stimmen die Ausmaasse mit
den obigen Constructionsbedingungen überein bei
einer kleinen Steinbüchse, welche sich im städtischen
Museum Carolino-Augusteum in Salzburg befindet
(Fig- 13).

Dieselbe ist aus Schmiedeeisen. — Gewicht 4-8 kg.
Aeussere Länge 300 mm.
Länge der Seele des Flugs 72 mm.
Durchmesser der Seele des Flugs an der Mün-
dung 85 mm.
Durchmesser der Seele des Flugs am Boden
75 mm.
Länge der Kammer 170 mm.
Durchmesser der Kammer 34 mm.
Setzt man den Kugeldurchmesser gleich dem
Kaliber 85 mm, so erhält man folgende Constructions-
Daten:
a) Länge der Kammer beträgt 2 Kugeldurchmesser
170 mm = 2-85,
b) Durchmesser der Kammer beträgt 2/5 des
Kugeldurchmessers 85 : 5 = I7‘2 = 34,
c) Länge der Kammer ist fünfmal so gross als
der Durchmesser derselben 170 = 5'34,
d) der Boden hinter dem Zündloch beträgt einen
halben Kugeldurchmesser 85 : 2 = 42^5 (44).
Der Flug hat nicht vollends die Länge des
Steines, dieser musste über die Mündung hinaus-
geragt haben. Diese Steinbüchse ist mit drei
eisernen Ringen an einen Holzblock befestigt und
über die Hälfte in diesen eingelassen. Der Holz-
block jedoch ist neu; es ist sehr wahrscheinlich,
dass diese Handsteinbüchse in einem länglichen
Holzblock (cippum) mit Handhabe eingesetzt war.
Das Gewicht der Waffe, 4-8 kg, qualifiziert die-
selbe unbedingt als Handsteinbüchse (bombarda
pizola).
Interessant ist der Abschluss der Kammer durch
einen rückwärts eingeschobenen, wahrscheinlich ein-
geschweissten eisernen Zapfen, welcher i'4 mm über
das rückwärtige Ende des Rohres vorsteht.
Das Zündloch ist trichterförmig von unten nach
oben erweitert.
Bei der oben beschriebenen Steinbüchse von
Morro berechnet General Köhler das Verhältniss des
Steingewichts zum Rohrgewicht mit 1 : 8 (III, 1, 262).
Wird dieses Verhältniss auch bei dieser Steinbüchse
beibehalten, so würde das Gewicht der Steinkugel
O'ö kg betragen und diese beiläufig «eine fust»
gross sein.
Diese Steinbüchse kam als Geschenk des Herrn
Rosenegger in den Besitz des Museums; es ist
wahrscheinlich, dass dieselbe zum Bestände der
Festung Hohensalzburg gehörte.1)
Die vorliegende Beschreibung bietet einen wei-
teren auffallenden Beweis, dass die Construction und
Form der Feuerwaffen anfangs von der Grösse nicht
abhängig war.

*) Wir möchten mit besonderem Danke hervorheben, dass
der Herr Director des Museums Carolino-Augusteum, kaiserl. Rath
Dr. Alex Petter, uns bei Aufnahme obiger Daten in der freund-
lichsten Weise unterstützte.
 
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