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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 15.1923

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Heft 14
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39945#0687

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Sammlungen

fprucbslofe Naturausfdjnitt gefeben wurde, und
ein ßürmifd) bewegtes, von dufterer Melancholie
durchdrungenes Küftenmotiv („Brandung“). Die
einfache Wirklichkeit in ihrer ftillen feinen Schön-
heit fpiegelt das neuerworbene Bild „Hm Kanal
von Schleißheim“ (1879) von Ludwig Will-
roider (1845—1910) wieder. Ein glücklicher
3ufall führte der Galerie auch eine kleine Land-
fchaft von dem Weimarer KarlBuchholz (1549
bis 1889) zu. Von dem mehr als Ciermaler be-
kannten Berliner Paul Meyerheim (geb. 1842),
von dem die Galerie als Leihgabe eines Nürn-
berger Sammlers das große Bild „Schlafende
Köchin im Geflügelraum“ vom Jahre 1883 ver-
wahrt, konnte eine kleine, 1869 entftandene Wald-
landfchaft mit großem Felsblock erworben wer-
den. Die kleine „Luft-Skizze“ von dem Münch-
ner Karl Hlbert von Bauer (1851 — 1907),
bewundernswert in der 3ufammenfaffung dermeift
weichen Cöne zu einheitlicher Wirkung, ergänzt
in willkommener Ärt die durch das bereits feit
längerer 3eit in der Galerie vorhandene größere
„Juratal“ gewonnene Vorftellung die befondere
Äuffaffungsweife diefes ernften Meifters. Huch
die Sammlung moderner Meifter wurde weiter
ausgebaut. Von Waldemar Rösler wurde ein
bei glühender Mittagsfonne in lapidarer Formen-
fprache rafd) hingebanntes Strandmotiv mit zwei
Mädchen am Rang erworben. Die grellen Farben
brennen fiel) dem Huge förmlich ein. Die 3abl
der Werke von Lovis Corintb wurde durch
den großen „Weihnachtsabend“ vom Jahre 1913
auf vier abgerundet. Das Gemälde glüht und
funkelt von tiefen und zarten, in plaftifcber
Greifbarkeit auf die Leinwand hingezauberten,
wunderbar gegeneinander abgeglichenen Farben.
Es ift ein bunter Strauß von Cönen, gebändigt
durch das niefehlende Huge des Meifters, feft
zufammengefpannt unter weifer Beobachtung des
feftlicben Gefamteindrucks. Kurz zuvor hatte die
Galerie von Corintb ein im Jahre 1905 gemaltes,
leicht altmeißerlicb anmutendes Bildnis einer
„Dame in Schwarz“ erworben. Huch Reinrid)
Nauen ift nunmehr in der Galerie vertreten,
und zwar mit einem febmifpg auf roten Grund
gefegten Damenbildnis in fchwarzem Kleid mit
febwarzem Rut. Hls achtbarer Neuzugang zu
bezeichnen ift der „Kniende Hkt vor bewegter
See“ von Hlfred Partikel. Rinzu kommt ein
ßtjender Hkt von Julius Pascin. Die Abteilung
grapbifeber Arbeiten wurde durch Ankauf von
Arbeiten von Friedrich Preller d.Ä. („Motiv
aus denOlevanofeebergen“), Paul Meyerheim,
Benjamin Vautier, Franz Skarbina, Karl
Cafpar, Maria Cafpar - Filfer, Eduard
Munch, Julius Pascin und Lovis Corintb
weiter ausgebaut. An plaftifcben Arbeiten gingen
drei Cerrakotten der Biedermeierzeit
(Leihgaben des Germanifchen Mufeums) und die
ßronzebüfte von Max Liebermann, von der
Rand des Berliner Bildhauers Frifc Klimfcb, zu.

Hannover
Die Neuordnung der Mufeumsverbält-
niffe ift einen beträchtlichen Schritt weiter ge-
kommen. Nach langwierigen Verhandlungen
zwifchen dem Magiftrat der Stadt, dem Pro-
vinzialausfcbuß, dem Verein für öffentliche Kunft-
fammlung und endlich dem Rerzog von Cumber-
land, als dem Eigentümer der Fideikommiß-
galerie, — nach Verhandlungen, die an man-
cherlei eingewurzelten Selbftändigkeits- und
Abfonderungsgelüften oft zu febeitern drohten,
ift es endlich zu einer Einigung zwifchen den
verfebiedenen Eigentümern der größeren Kunft-
werkskomplexe Rannovers gekommen, der zu-
folge ße ihre Bildwerke in gemeinfamer
Aufteilung im Provinzialmufeum vereinigen.
Der Abteilungsleiter Dr. Alex. Dorner bat
tatkräftig mit der Neugruppierung all diej’er
verfebiedenen Einzelbeßtje den Anfang gemacht.
Die neuerdings der Öffentlichkeit zugänglich ge-
machten neugehängten Säle der modernen Pe-
rioden, zumeift Impreffioniften und Expreffioniften,
machen einen recht guten Eindrude.
Es handelt fiel) zunäcbft um drei große Ober-
licbtfäle und fieben kleinere Kabinette, in denen
fid) früher naturwiffenfchaftliche Sammlungs-
gegenftände befanden, — neuhergerichtet er-
lauben diefe Räume zum erßen Male den Über-
blick über die neueren Kunftwerke, die ehedem
in ihrer Verzettelung einigermaßen unanfehnlid)
gewirkt hatten.
Für den, der mit der biftorifeben Entwicklung
gerade des ßädtifeben Beßres vertraut ift, ift
es nicht erftaunlid), daß der von ihm ftark mit-
beftimmte Gefamteindruck kein febr ftarker iß.
In der wiebtigften 3eit, als man z. B. franzö-
fifche Impreffionißen ufw. noch gerade hätte
kaufen können, wurde die Gebefreudigkeit kauf-
kräftiger ftädtifeber Kreife irrtümlicbß auf K.
Schuch, Fr. A. v. Kaulbad) ufw. hingelenkt. Erft
die allerletzte 3eit hat durch rafd) entfcbloffenes
3ugreifen wenigßens typifebe Anfcbauungsftücke
für die modernfte Kunftrichtung fich gepebert.
So febr man auch jenen Fehler bedauern mag,
fo febr bleibt es doch anzuetkennen, daß immer-
hin Liebermann, Corintb, Slevogt, 3ügel, Ifraels,
Cboma, Schuch, Stauffer - Bern, Weißgerber,
Ragemeifter ufw. durch manche immerhin
febätjenswerte Arbeiten vertreten pnd. Impofant
ift vor allem das große Familienbild von Co-
rintb, ein ausgezeichnetes Werk, das fpäteGarten-
ßück von Liebermann.
Nicht alle Werke, die zur Verfügung geßanden
hätten, pnd ausgeßellt worden. Sehr richtig iß
es, daß die Mehrzahl der Sd)ud)fd)en Stücke
beifeite geftellt wurde. Es bleibt auch fo immer
noch genug Material, um die Grenzen feiner
Begabung zu feben und ihre Gipfelungen in
Werken anderer Galerien zu ahnen.
Die letjte Kunßentwicklung ift durch Einzel-
werke angedeutet, — nur Paula Moderfohu

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