Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0063
DOI Heft:
Oktober-Heft
DOI Artikel:Eulenberg, Herbert: Anselm Feuerbach: ein Heldengedicht
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ANSELM FEUERBACH.
Ein Heldengedicht.
Herbert Eulenberg.
1. JUGEND.
(Terzinen.)
OTHISCHE Türme, Speyers Kaiserdom
Und Freiburgs Münster, ernst aus rotem Stein,
Mit Ansbachs Giebelhäusern, nicht dein Rom,
Sie schlichen deine Knabenjahre ein.
Malt man dazu noch die Melancholie,
Die wie durch Gitterwerk der Abendschein
Von deines Vaters tiefer Hysterie
Auf deine Kindheit fiel, und eignes Leid
Mit frühem Typhus, Ängsten und Manie,
So steht der Hintergrund der Jugendzeit,
Die du verträumt, der Mutter bald beraubt.
Ein Werk nur hat als Kind dich schon geweiht,
Des Vaters Schrift. Sie wogte durch sein Haupt,
Als du zur Erde kamst, und galt Apoll
Und seinem Standbild, mythenreich umlaubt
Im Vatikan, das schon begeisfrungsvoll
Dereinst von Goethe angebetet ward.
Du nahmst noch Anteil an dem Schönheitszoll,
Den dein Erzeuger nach Gelehrtenart
Im Buch dem Gotte bot. Und so genährt
Vom Geist der Klassik gingst du auf die Fahrt,
Der Sprößling eines Hauses, das geehrt
Im deutschen Süden seinen Namen trug,
Heißblütig und vom Ehrgeiz auf gezehrt.
Du machtest deine Zeit zu deinem Huch.
Das Schicksal würfelte dich blind hinaus
Zu Menschen, deren Herz dir feindlich schlug,
Die nicht in deinem Altertum zu Haus
Sich um die Ideale kaum gemüht.
So hielt Enttäuschung ihren wilden Schmaus
In deiner Brust, die für den Ruhm geglüht,
Wie einst der Geier, der Prometheus fraß.
Du warst wie er aus wildem Stamm erblüht
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Ein Heldengedicht.
Herbert Eulenberg.
1. JUGEND.
(Terzinen.)
OTHISCHE Türme, Speyers Kaiserdom
Und Freiburgs Münster, ernst aus rotem Stein,
Mit Ansbachs Giebelhäusern, nicht dein Rom,
Sie schlichen deine Knabenjahre ein.
Malt man dazu noch die Melancholie,
Die wie durch Gitterwerk der Abendschein
Von deines Vaters tiefer Hysterie
Auf deine Kindheit fiel, und eignes Leid
Mit frühem Typhus, Ängsten und Manie,
So steht der Hintergrund der Jugendzeit,
Die du verträumt, der Mutter bald beraubt.
Ein Werk nur hat als Kind dich schon geweiht,
Des Vaters Schrift. Sie wogte durch sein Haupt,
Als du zur Erde kamst, und galt Apoll
Und seinem Standbild, mythenreich umlaubt
Im Vatikan, das schon begeisfrungsvoll
Dereinst von Goethe angebetet ward.
Du nahmst noch Anteil an dem Schönheitszoll,
Den dein Erzeuger nach Gelehrtenart
Im Buch dem Gotte bot. Und so genährt
Vom Geist der Klassik gingst du auf die Fahrt,
Der Sprößling eines Hauses, das geehrt
Im deutschen Süden seinen Namen trug,
Heißblütig und vom Ehrgeiz auf gezehrt.
Du machtest deine Zeit zu deinem Huch.
Das Schicksal würfelte dich blind hinaus
Zu Menschen, deren Herz dir feindlich schlug,
Die nicht in deinem Altertum zu Haus
Sich um die Ideale kaum gemüht.
So hielt Enttäuschung ihren wilden Schmaus
In deiner Brust, die für den Ruhm geglüht,
Wie einst der Geier, der Prometheus fraß.
Du warst wie er aus wildem Stamm erblüht
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