Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0135
DOI Heft:
November- Dezember-Heft
DOI Artikel:Beyer, Oskar: Die Kunst von Tel-Amarna
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DIE KUNST VON TEL-AMARNA.
(Zur Neuaufstellung im Ägyptischen Museum zu Berlin.)
Dr. Oskar Beyer.
‘N einem schmalen, hellen Emporengang des Lichthol®, der unten als Zentralraum
einige der bedeutendsten Arbeiten ägyptischer Rundplastik umfaßt, hat man vor
noch nidit langer Zeit eine Abteilung eingeriditet, in der aussdiheßlich die Kunst
der „Tel-Amarna-Periode“ gezeigt wird, wenn es sidr auch natürlidr nur um
einen Bruchteil des überhaupt Erhaltenen handeln mag. In diesen sonderbaren,
an drei Wandseiten entlanglaufenden offenen Gang werden nur wenige Museums-
besudrer verschlagen, da er ziemlidi versteckt liegt, und man darf sidr der lichten Stille hier
oben freun, in der sidr merkwürdig lichte Stimmungen und warnre Wcllensdrläge eines heinrat-
haften Gefühls erzeugen. Man ist dankbar, daß die Reste einer bedeutsamen und unvergeßlichen,
wenn auch nodr so kurzfristigen Kunstepodre aus der unübersehbaren, fast verwirrenden Vielheit
des Ägyptischen Museums herausgelöst, emporgehoben und in Form einer Sezession zusammen -
gefaßt worden sind. Dort unten, in den Sälen voll von starren, kalten, gewaltigen Stilisierungen
erlebt man Gefühle des Erhabenen, wird man vom Schauder tausendjähriger Vergangenheiten und
düster-unerbittlidien Dauerns gestreift, Empfindungen „mensdrlicherer“ Art erwadien höchstens
vor den lichten Werken der Flachreliefkunit, — hier oben aber sdieint alles plößlich vertraut,
man atmet wie im Sdioße einer engen Familiengemeinschaft.
Diese I cl-Amarna-Samm-
lung seht sidr teils aus
älteren Beständen des Mu-
seums, teils aus neueren
und neuen F unden der
Deutsdren Orient - Gesef-
sdraft zusammen. Bereits
im Jahre 1914 ist sie erst-
malig, genreinsdraftlich mit
einer Anzahl der für Kairo
bestimmten Stücke im Mu-
seum ausgestellt gewesen,
dann wieder zum großen
I eil versdiwunden, um nun
in ihrer freien und wunder-
vollen Frische wieder und
zwar für dauernd ans Tages-
licht gerückt zu sein. —
Nidrt lange vor dem Kriege
hat man in der zerstörten
Residenz des Sonnenkönigs
Amenophis IV. eine königl.
Bildhauer-Werkstatt von
wirklidi fabrikmäßigen Di-
mensionen, mit ganzen
Statuette des Königs (Seitenansicht)
[Alabaster] Berlin.
Statuette des Königs (Vorderansicht)
[Alabaster] Berlin,
(Zur Neuaufstellung im Ägyptischen Museum zu Berlin.)
Dr. Oskar Beyer.
‘N einem schmalen, hellen Emporengang des Lichthol®, der unten als Zentralraum
einige der bedeutendsten Arbeiten ägyptischer Rundplastik umfaßt, hat man vor
noch nidit langer Zeit eine Abteilung eingeriditet, in der aussdiheßlich die Kunst
der „Tel-Amarna-Periode“ gezeigt wird, wenn es sidr auch natürlidr nur um
einen Bruchteil des überhaupt Erhaltenen handeln mag. In diesen sonderbaren,
an drei Wandseiten entlanglaufenden offenen Gang werden nur wenige Museums-
besudrer verschlagen, da er ziemlidi versteckt liegt, und man darf sidr der lichten Stille hier
oben freun, in der sidr merkwürdig lichte Stimmungen und warnre Wcllensdrläge eines heinrat-
haften Gefühls erzeugen. Man ist dankbar, daß die Reste einer bedeutsamen und unvergeßlichen,
wenn auch nodr so kurzfristigen Kunstepodre aus der unübersehbaren, fast verwirrenden Vielheit
des Ägyptischen Museums herausgelöst, emporgehoben und in Form einer Sezession zusammen -
gefaßt worden sind. Dort unten, in den Sälen voll von starren, kalten, gewaltigen Stilisierungen
erlebt man Gefühle des Erhabenen, wird man vom Schauder tausendjähriger Vergangenheiten und
düster-unerbittlidien Dauerns gestreift, Empfindungen „mensdrlicherer“ Art erwadien höchstens
vor den lichten Werken der Flachreliefkunit, — hier oben aber sdieint alles plößlich vertraut,
man atmet wie im Sdioße einer engen Familiengemeinschaft.
Diese I cl-Amarna-Samm-
lung seht sidr teils aus
älteren Beständen des Mu-
seums, teils aus neueren
und neuen F unden der
Deutsdren Orient - Gesef-
sdraft zusammen. Bereits
im Jahre 1914 ist sie erst-
malig, genreinsdraftlich mit
einer Anzahl der für Kairo
bestimmten Stücke im Mu-
seum ausgestellt gewesen,
dann wieder zum großen
I eil versdiwunden, um nun
in ihrer freien und wunder-
vollen Frische wieder und
zwar für dauernd ans Tages-
licht gerückt zu sein. —
Nidrt lange vor dem Kriege
hat man in der zerstörten
Residenz des Sonnenkönigs
Amenophis IV. eine königl.
Bildhauer-Werkstatt von
wirklidi fabrikmäßigen Di-
mensionen, mit ganzen
Statuette des Königs (Seitenansicht)
[Alabaster] Berlin.
Statuette des Königs (Vorderansicht)
[Alabaster] Berlin,