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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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Graf, Oskar Maria: Drei Gedichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0771

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DREI GEDICHTE
OSKAR MARIA GRAF
L DER PROPHET
Du erstrahlst; Göttlicher; an der Notwende der Zeit
wie frühhohes Morgengewölk am schirmenden Firmament;
das der Sonne prangenden Teppich breitet auf taufeuchter Flur.
Amen und Anfang ringen in Dir um den Sieg.
Alle Nächte; die Dich umschweben; füllst Du mit Aufruhr und Liebe
wie einen Becher mit brausendem Wein.
Die Gefilde Deines Innern wogen in heldischem Blond
und Dein Nacken zittert Glück.
O Art; die Jahrhundertinhalte in sich birgt
und gigantisch ins Blau kühner Zukunft ragt ... I
Einmal; wenn alles Bergige zur Ebene zerflacht; wird man um Dich
trauern; wie um verlorenen Gott .....

II. DEM VOLK
Du bist der wachsenden Jahre dunkelstes Tagwunderding,
Erdmutteratem dip o Volk!
Du hast in jedem einmal bis zulebt gelitten
und bist ihm unauslöschlich als Gesicht erstrahlt;
wenn eine Zeit ihr Gestern in verdiente Gräber stief>.
Du bist der ewige Kalvarienberg; dem die Jahrhunderte den Ring
geballten Lastgewölks heimsuchend um die hohe Heldensfirne legen.
Ich bin nur ein Atom und will aus allem Tränenregen
lautleise meine schwachen Worte in Dein Brausen weitergeben;
damit sie wiederkommen hartgebrannt und reif fürs Werk.
Es soll aus Deiner Armut Äcker steigen hochauf zum neuen Gott
wie niegeschauter Dom
und wieder allen Fernen Botsdiaft bringen vom Segen Deiner Not . . .

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