Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0889
DOI Heft:
August-Heft
DOI Artikel:Zuckmayer, Carl: Mittelrheinische Dichtung: aus dem Drama "Kreuzweg zu Ende"
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MITTELRHEINISCHE DICHTUNG
CARL ZUCKMAYER
AUS DEM DRAMA „KREUZWEG ZU ENDE“
ERSTER AKT, ERSTE SZENE
(Landstraße, Nacht)
Christa: Wo — wo — Die Stimme rief — und zog — und zieht
Nacht ist wie Sand um meinen Fu^ gestreut.
Neumond um meine Stirn. Der Wald entflieht,
Das Dunkel flieht — die Strafe — wohin - wohin
Der Brüc ketimann: (kommt ihr entgegen)
Hinauf — hinab
Christa: (erwachend)
Wer bist Du?
Der Brücke nrnann: Kennst mich nicht?
Christa: Der Brückenmann? -
Der steht in Stein gefesselt überm Rhein.
Du hast die Haar voll Licht -
Der Brückenmann: Kind, Dein Gesicht
trinkt meinen Grulß nicht ein.
Was Augenrund umflicht,
Kann nur im Spiegel sein.
Christa: Schmerz wölkt Dein Antlit) ein
Du fremder Freund —
Was beugt Dich so —?
Der Brückenmann: Irdisch in Form gezäunt
hielt ich die Wacht. Strom mir zu Füllen rollt
das grüne Blut der Erde. Abendgold
tut weite Ebene auf: von reifer Frucht gebräunt
dehnt sie den Leib zur Ferne — Dunstumspült
grenzt hoch der Dom die Wolken: erdentwühlt!
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