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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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Edschmid, Kasimir: Profile, 3,Theodor Däubler
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0595

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PROFILE
IIL
THEODOR DÄUBLER
KASIMIR EDSCHMID

Tmeo Däubler ist im menschlichen Schnitt schon kosmisch geraten. Aber
seine Monumentalität ist nicht mehr rassenhaft, mit schwarzem Bart, dem
riesigen Körper und den kleinen halbmondhaften schrägen Augen langt er
nach Asien wie sein Werk. Es geht da alles schon übers Europäische hinaus.
Auch ist er der einzige, der neben Schickele weise genannt werden kann.
Seine Blutmischung ist romanisch-italienisch, die des Schickele romanisch -
fränkisch. Wir scheinen keine germanischen Geistsouveräne mehr zu haben,
sind in einem Tiefstand der Rasseäußerung. Wir hätten sonst den Krieg
nicht angefangen und nicht verloren. In Clemenceau, in George, in Petain
ist ein auch dem Blutfeind ins Gesicht hüpfender Uberlegenheifswille. Bei
Jagow, Scheidemann, Hindenburg eine platte Mittelmäßigkeit. Erst aus den
Katastrophen wird die deutsche Seele, wahrscheinlich später, wenn beruhigtere
Epochen uns ablösen, sternhafte Klarheiten äußern. Däubler ist einer der
wenigen Figuren, die heut nicht nur genial sind, sondern eine Größe dar-
stellen, wie sie die überlegeneren Franzosen mehr besißen. Er ist ein Bruder
des Francis Jammes, des in Deutschland fast unbekannten großen Charles
Louis Philippe, aber auch einer Litaipos und der Veden. Er ist einer der
von innen Leuchtenden, selbst das Dunkle und Wirre hat den einfachen Reiz.
Eigentlich ist er wohl Lyriker. Uber Kunst hat er das Schönste nicht nur,
sondern auch Wesens-Tiefste gesagt. Als europäischer Wanderer hat er noch
für Impressionisten gekämpft, Picasso durchgeseßt und ist erst im Krieg nach
Deutschland gekommen. Man sagt, auch über Musik habe er das Bedeu-
tendste gesagt. Lang ehe italienische Nationalisten damit energisch Schule
propagierten, hat er futuristische Verse geschrieben. Seine Prosa ist von
großer Bedeutung für die Entwicklung. Sie ist wie sein Vers merkwürdig
undiszipliniert, an manchen Stellen läuft sie hinter ihm her, als kümmere sie
ihn nicht. Dann aber macht er sie wie Schnee. Das ist der geheimnisvollste

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