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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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März-Heft
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Scheffler, Karl; Osthaus, Karl Ernst: Das Rheinland und Berlin: letzte Rede und Gegenrede
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0477

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DAS RHEINLAND UND BERLIN

LETZTE REDE UND GEGENREDE*

Sehr geehrter Herr Osthaus,
ich habe erwartet, dak jemand im Rheinland den Handschuh aufnehmen würde.
Dak Sie es getan haben, freute mich im ersten Augenblick. Nachdem ich Ihren
Brief gelesen habe, bin ich aber enttäuscht gewesen. Einmal, weil Ihre sachlichen
Bemerkungen eigentlich nichts richfigsfellen und mir nicht schlagend erscheinen,
und sodann, weil aus Ihrem Brief starke persönliche Gereiztheit spricht, die sidr
bis zur Unhöflichkeit, bis zur Geste der Geringschätzung steigert und Ihren Aus-
führungen das Gewicht nimmt, das ich ihnen im Interesse der Sadie gewünscht
hätte.
Sie bezeichnen mich als Berliner, sagen, ich kenne nur den Berliner Ma^stab
und sprechen von meinem „schlechten Berliner Gewissen“. Das ist ein Kunstgriff,
den ich nicht edel nennen kann. Sie müssen wissen, wissen es auch, dafp ich —
ziemlich isoliert und längst, bevor in Ihrem Busen der Groll gegen Berlin keimte —
auf die Gefahren einer Berlinisierung ganz Deutschlands, auf das Katastrophale
der Berliner Grof>stadlgesinnung öffentlich hingewiesen habe. Ich habe mich nie
speziell als Berliner gefühlt — bin es ja auch nicht von Geburt —, sondern immer
als Deutscher. Als solcher hasse ich das unserm Volke Schädliche, wo ich es finde,
und ich weik, dak ich von Natur das Mandat habe, diesem Hak Ausdruck zu geben
und als Anwalt gesamtdeutscher Angelegenheiten aufzutreten, wenn Sie es mir
auch so unfreundlich wie möglich bestreiten. Wenn ich aber unbequeme Aufrichtig-
keiten zu sagen habe, so Sprehe ih sie den Betreffenden ins Gesicht: den
Berlinern in Berliner Zeitungen, den Rheinländern in ihrer eigenen Monatsschrift.
Mir scheint das anständig zu sein. Anständiger, als den Herrshaften mit den
Fehlern des Gegners oder Konkurrenten zu schmeidieln und ihnen zu erzählen,
wie herrlih weit sie es im Wollen und Handeln gebradif hätten. Mein Verfahren
wirbt niht eben viele Freunde; Ihr Brief beweist es. Aber ih sage Ihnen, solange
Sie niht von sih denken, was ih von mir sage: „Der Teufel soll mich holen, wenn
ih niht über mih selbst, über meine Interessen und die Interessen meines engeren
Kreises herauszudenken vermag!“, solange Sie Ihrerseits mehr Rheinländer als
Deutsher sind, werden wir uns niht verständigen können. Und das ist sehr
shade. Denn wenn dies am grünen Holz geschieht, was soll am dürren werden!
Auf das, was Sie in eigener Sähe anmerken — freilich ist der ganze Brief
wie in eigener Sähe geschrieben — gehe ih niht ein. Sie wissen, daf> ich niht
an das Folkwang-Museum dahte, als ih von Sammlern und Kunsthandel sprah,
und dak ih niemals jemandem „etwas in die Schuhe schiebe“. Ih kläre niht
* Vergleiche FEUER, Jahrg. I, Heft 1 und 4.

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