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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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Bagier, Guido: Das Problem Richard Strauss
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0306

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DAS PROBLEM RICHARD STRAUSS.
Guido Bagier.

L
Fünf Jahre schwieg man über Richard Strauß. Mit der »Frau ohne Schatten« ist
der Streif aufs neue entbrannt. Die Uraufführungen in Wien und Dresden ge-
nügten, sämtliche Gegner und Freunde auf den Plan zu rufen, frisch geschnittene
Stecken zu schwingen, neu geschärfte Lanzen einzulegen zu Stob und Gegenstoß.
Vernünftige und geistreiche Köpfe geraten aufs heftigste aneinander, als ob es
nicht Sachliches, sondern Persönliches gälte. Ist Strauß dieses Kampfes wert,
handelt es sich wirklich um eine so grobe Angelegenheit, daß riesige Apparate
aufgebracht werden, zu beschweren und zu belasten? Ja, — kann überhaupt
noch uns Jüngeren von einem „Problem Straub“ gesprochen werden? Dies gilt
es, festzustellen, damit endlich einmal die Luft rein und sichtig werde.
II.
Die Alpensinfonie ging der lebten Oper vorauf. Sie enttäuschte. Idi vermochte
mich diesem Urteil ablehnender Art nicht anzuschließen. Troß aller formalen
Mängel, trob der, milde gesagt, mühelos hingeschriebenen Thematik, eignete dem
Werk ein großer Zug, der etwas von den gewaltigen Wehen natürlicher Kräfte
an sich zu tragen schien.
Man konnte redlich und hoffnungsvoll sagen: wir warfen! Straub, der eigentliche,
muß kommen; einmal müssen sich alle diese genialischen Ansäße zu einem ein-
heitlichen Werke ewiger Werte voll zusammenschließen, einmal mub diese Un-
summe von technischem Geschick sich aufraffen, die Gesichte der ahndevollen
Seele hemmungslos zu schildern, einmal muß die deutsche Musik wieder von
einem Meister, einem Führer höherer Berufung sprechen können. Und nun, — auf
soldre Hoffnung jene Oper »Die Frau ohne Schatten«, — eine Enttäuschung
ohnegleichen, ein Zurückfallen in gänzliche Hoffnungslosigkeit, so, daß man sich
nur schamhaft früherer, frischer Begeisterung erinnert, daß man an einstiger Ehr-
lichkeit zweifelt und die Möglidrkeit der Operngaftung selbst ins Wanken gerät.
III.
Was ist es, das diesen Tonseber berühmt machte, gleich Meyerbeer, fanfaren-
artig seine Bedeutung über die Erde blies in alle Weltteile hinein? Es war,

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