Rheinländer oder benachbarte Westfalen sind,
gehören zu ihm. Es kam ihm ja dodr darauf
an, eben das Rheinische in der Kunst zusammen-
zuschliehen, oder, wenn ich das feist — mit
Unrecht ein wenig in Mißkredit gekommene
Wort anwenden darf, Heimatkunst zu betreiben.
Dah aber dazu die Länder am Rhein mehr als
andere die Fähigkeit in sich haben, dies dürfte
doch wohl ein Blick auf die gesdiichlliche Ent-
wickelung ohne weiteres erhellen: von dem
blühenden heiteren Kolorit der Alt-Cölner z. B.
führt ein grader Weg zu dem von Macke und
dem von Seehaus. Spannen wir aber den Be-
griff von „Sezession“ weiter, indem wir als
Grundlage dafür das in der Vereinigung sidr
äußernde Kunstgefühl nehmen, so wird das
Junge Rheinland die Bezeichnung als berechtigt
gelten lassen. Die Liebermann-Sezession bietet
einen sehr verwandten Fall, und wie es dieser
nicht gesdradet hat, dah Impressionisten und
Expressionisten nebeneinander hergehen, so wird
es auch ihm nichts schaden: die Leistung im
Hinblick auf die Qualität, nidrt im Hinblick auf
die Ridrtung bleibt die Hauptsadre.
Und diese Leistung ist nun in der ersten
Ausstellung, die hier in Düsseldorf nach etwa
monatlicher Dauer eben ihrem Ende sidr naht,
gegeben. Schwierigkeiten gab es der Zeitver-
hältnisse wegen genug. Eine Heerschau über
die Arbeiten aller zugehörigen Künstler war
der Verkehrshindernisse wegen unmöglich. Alan
mu^te sdrweren Herzens, da sdron lange vor-
her die Räume für einen bestimmten Zeitpunkt
zur Verfügung gestellt waren, in einem Augen-
blick an die Öffentlichkeit treten, wo sich die
düsterste Wolke der Niedergeschlagenheit auf
unser Volk herabgesenkt hafte, aber das Wagnis
ist dodr geglückt. Zwar fehlt es in Düsseldorf,
dem wohltemperierten, nidrt an Ablehnung und
Widerspruch im einzelnen, aber das ernsthafte
Wollen ist doch anerkannt worden. Man sieht,
dah mit der neuen Vereinigung gerechnet werden
muh, und erkennt, dah gerade durch sie der
Ansdrluh an das übrige deutsche Kunstleben,
der hier viele Jahre hindurch fehlte, gewonnen
werden kann. Seif langem ist die alte Kunst-
halle nicht so eifrig besucht worden, und wenn
auch mandre dorthin gehen, weil die Gegner
dafür gesorgt haben, eine Sensation aus der
Veranstaltung zu machen, viele kommen wieder
und wieder und bemühen sich um das Verständnis
dessen, was gezeigt wird. In anderen Städten,
wo die neue Kunst sdron länger heimisch ge-
worden ist, wird das Sensationelle, das hier
der Ausstellung anhaftet, fehlen. Ihre eigenf-
lidie Feuerprobe wird sie also erst außerhalb
Düsseldorfs zu bestehen haben, und es ist zu
vermuten, dah sie bei Ihnen in Berlin, wenn
sie, wie geplant, dorthin kommen sollte, den
Radikalen, den Modenarren und Snobs viel zu
zahm sein wird. Aber darauf kommt es ja,
um das nodr einmal zu betonen, dem Jungen
Rheinland gar nidrt an: wenn man nur über-
all sieht, dah seine Arbeit ehrlich und stark
ist, und dah sie ihre eigene Blume hat wie der
rheinische Wein.
Sie werden also, verehrter Freund, in einigen
Monaten — vielleicht und hoffentlich selbst
sehen und prüfen können, was das Junge Rhein-
land ist, und ich bin überzeugt, Sie werden mir
dann aus Ihrer Kenntnis der hiesigen Verhält-
nisse heraus Recht geben, dah es sidr bei ihm
nicht um eine willkürlidre Gründung mehr handelt,
dah nicht eine Anzahl Künstler — es sind deren
jehf über 150 - wieder einmal eben nur anders
wollte als andere, sondern dah diese Gründung
eine innere Notwendigkeit war. Damit aber lassen
Sie nridr von Ihnen heute Abschied nehmen.
Wir beide wollen jedenfalls der Jugend die
Treue halten. Wie sagt unser gemeinsamer
Urfreund Goethe?
Die Jugend ist um ihretwillen hier,
Es wäre fhörig zu verlangen:
Konrnr, älfele Du mit mir.
„Und so fortan!“ Ihr
Düsseldorf, 18. Juli 1919. Karl Koetschau.
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gehören zu ihm. Es kam ihm ja dodr darauf
an, eben das Rheinische in der Kunst zusammen-
zuschliehen, oder, wenn ich das feist — mit
Unrecht ein wenig in Mißkredit gekommene
Wort anwenden darf, Heimatkunst zu betreiben.
Dah aber dazu die Länder am Rhein mehr als
andere die Fähigkeit in sich haben, dies dürfte
doch wohl ein Blick auf die gesdiichlliche Ent-
wickelung ohne weiteres erhellen: von dem
blühenden heiteren Kolorit der Alt-Cölner z. B.
führt ein grader Weg zu dem von Macke und
dem von Seehaus. Spannen wir aber den Be-
griff von „Sezession“ weiter, indem wir als
Grundlage dafür das in der Vereinigung sidr
äußernde Kunstgefühl nehmen, so wird das
Junge Rheinland die Bezeichnung als berechtigt
gelten lassen. Die Liebermann-Sezession bietet
einen sehr verwandten Fall, und wie es dieser
nicht gesdradet hat, dah Impressionisten und
Expressionisten nebeneinander hergehen, so wird
es auch ihm nichts schaden: die Leistung im
Hinblick auf die Qualität, nidrt im Hinblick auf
die Ridrtung bleibt die Hauptsadre.
Und diese Leistung ist nun in der ersten
Ausstellung, die hier in Düsseldorf nach etwa
monatlicher Dauer eben ihrem Ende sidr naht,
gegeben. Schwierigkeiten gab es der Zeitver-
hältnisse wegen genug. Eine Heerschau über
die Arbeiten aller zugehörigen Künstler war
der Verkehrshindernisse wegen unmöglich. Alan
mu^te sdrweren Herzens, da sdron lange vor-
her die Räume für einen bestimmten Zeitpunkt
zur Verfügung gestellt waren, in einem Augen-
blick an die Öffentlichkeit treten, wo sich die
düsterste Wolke der Niedergeschlagenheit auf
unser Volk herabgesenkt hafte, aber das Wagnis
ist dodr geglückt. Zwar fehlt es in Düsseldorf,
dem wohltemperierten, nidrt an Ablehnung und
Widerspruch im einzelnen, aber das ernsthafte
Wollen ist doch anerkannt worden. Man sieht,
dah mit der neuen Vereinigung gerechnet werden
muh, und erkennt, dah gerade durch sie der
Ansdrluh an das übrige deutsche Kunstleben,
der hier viele Jahre hindurch fehlte, gewonnen
werden kann. Seif langem ist die alte Kunst-
halle nicht so eifrig besucht worden, und wenn
auch mandre dorthin gehen, weil die Gegner
dafür gesorgt haben, eine Sensation aus der
Veranstaltung zu machen, viele kommen wieder
und wieder und bemühen sich um das Verständnis
dessen, was gezeigt wird. In anderen Städten,
wo die neue Kunst sdron länger heimisch ge-
worden ist, wird das Sensationelle, das hier
der Ausstellung anhaftet, fehlen. Ihre eigenf-
lidie Feuerprobe wird sie also erst außerhalb
Düsseldorfs zu bestehen haben, und es ist zu
vermuten, dah sie bei Ihnen in Berlin, wenn
sie, wie geplant, dorthin kommen sollte, den
Radikalen, den Modenarren und Snobs viel zu
zahm sein wird. Aber darauf kommt es ja,
um das nodr einmal zu betonen, dem Jungen
Rheinland gar nidrt an: wenn man nur über-
all sieht, dah seine Arbeit ehrlich und stark
ist, und dah sie ihre eigene Blume hat wie der
rheinische Wein.
Sie werden also, verehrter Freund, in einigen
Monaten — vielleicht und hoffentlich selbst
sehen und prüfen können, was das Junge Rhein-
land ist, und ich bin überzeugt, Sie werden mir
dann aus Ihrer Kenntnis der hiesigen Verhält-
nisse heraus Recht geben, dah es sidr bei ihm
nicht um eine willkürlidre Gründung mehr handelt,
dah nicht eine Anzahl Künstler — es sind deren
jehf über 150 - wieder einmal eben nur anders
wollte als andere, sondern dah diese Gründung
eine innere Notwendigkeit war. Damit aber lassen
Sie nridr von Ihnen heute Abschied nehmen.
Wir beide wollen jedenfalls der Jugend die
Treue halten. Wie sagt unser gemeinsamer
Urfreund Goethe?
Die Jugend ist um ihretwillen hier,
Es wäre fhörig zu verlangen:
Konrnr, älfele Du mit mir.
„Und so fortan!“ Ihr
Düsseldorf, 18. Juli 1919. Karl Koetschau.
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