Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0344
DOI Heft:
Januar-Heft
DOI Artikel:Bie, Oscar: Martin Brandenburg
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0344
Reihenbewegungen zu malen, die nach ihrem Ziel zugespißf sind. Sehen Sie
diese »Winkelriedkrieger«, die er bei Ausbruch des Krieges malte. Es ist dieselbe
Bewegung, nur heftiger genommen. Sehen Sie dieses Bild, das er das »PlößÜche«
nannte. In eine stürmende Masse senkt sich ein Genius herab, der die
Bewegung plötzlich hemmt und so zur Ruhe überführt, wie auf einem andern
bekannten Bilde von ihm umgekehrt die Ruhe zur Bewegung übergeleitet
wird. Es ist dies Bild »Menschen unter der Wolke«, das übrigens der Minister
Otto Landsberg besitzt. Eine bleierne schwarze Wolke liegt über einem Feld,
auf dem hunderte von Menschen stehen, in der Ahnung einer kommenden
Katastrophe befangen. Ihre Seelen sind geladen, einige Körper brechen bereits
in die Ekstase aus, über ein kleines wird diese Menschenmasse den Rhythmus
ihrer Raserei gefunden haben. Ich habe hier ein solches Motiv aufgezeigt,
das ihm lieb war. Es kehrt in sehr vielen Formen wieder. Auch auf dem
Fries tanzender Genien, den er um das Eßzimmer seiner eigenen Wohnung
malte. Die künstlerischen Werte laufen neben diesen ästhetischen. So ist das
»Winkelriedbild« und in seinen unteren Teilen auch das »Plößliche« von einer
breiten Farbigkeit, die ihm eigentlich besser stand, als das Operieren mit
wechselnden, kleineren Tupfen, mit dem er sich in seinen meisten Bildern abmühte.
Die Techniken, die ihn interessierten, sind Ol, dann Pastell, . das er in sehr
großen Formaten brauchte und in einer bestimmten Zeit die Kohlezeichnungen,
auf denen die Auseinandersetzung der formalen und der farblichen Erscheinung
in bündiger Weise durchzuführen war. Es gibt eine frühe Kohlezeichnung von
ihm, eine Strandszene, oben Wolken, unten Düne, spazierende Menschen, von
solcher Geschlossenheit der farblichen Werfe in Schwarzweiß und der stili-
sierenden Komposition, daß er diese Wirkung in wenigen Bildern erreichte.
Noch eine andere Kohlezeichnung sehen Sie hier, die »Sorge« genannt. Ein
rasender Retter, mit der Sorge hinten auf, in der die Kultur der Bewegung
so rein destilliert ist, wie es in einem großen Bilde garnichf möglich war.
Eine seiner größten Kohlezeichnungen heißt der »Abgrund« und stellt ein
Knäuel herabsfürzender Menschen dar, einen Höllensfurz willenloser Leiber.
Hier haben Sie also ein solches Reihenbild, aber ohne Zielbewußtsein des
Rhythmus. Und der Rhythmus, der in sich selbst rollt, wird weiterhin für seine
Kunst ein sehr wichtiges Motiv. Wir bleiben jetzt in den Sälen, in denen
seine größeren Werke hängen. Hier haben Sie die »Danaiden«, die ihn nicht
interessierten, weil er Mädchen darsfellen wollte, die vergeblich Wasser schöpfen,
sondern nur, weil ein willenloser Rhythmus hier darzusfellen war, der ihn gleichsam
tänzerisch reizte. Hier haben Sie das »Fallen der Bläffer«, dargesfellf in
Genien, die zwischen den Herbstblätfern sich zu Boden bewegen, wiederum
ohne Impuls und Kraft, nur dem Geseße der Schwere folgend. Und hier haben
Sie wieder eine Kohlezeichnung, die er geradezu die »Willenlosen« benannte.
Schwebende Körper, die sich ohne Kraft und Ziel im Kreise drehen. Solche
Sachen arbeitete er bei Beginn des Krieges, und Seelenzusfände seßfen sich
288
diese »Winkelriedkrieger«, die er bei Ausbruch des Krieges malte. Es ist dieselbe
Bewegung, nur heftiger genommen. Sehen Sie dieses Bild, das er das »PlößÜche«
nannte. In eine stürmende Masse senkt sich ein Genius herab, der die
Bewegung plötzlich hemmt und so zur Ruhe überführt, wie auf einem andern
bekannten Bilde von ihm umgekehrt die Ruhe zur Bewegung übergeleitet
wird. Es ist dies Bild »Menschen unter der Wolke«, das übrigens der Minister
Otto Landsberg besitzt. Eine bleierne schwarze Wolke liegt über einem Feld,
auf dem hunderte von Menschen stehen, in der Ahnung einer kommenden
Katastrophe befangen. Ihre Seelen sind geladen, einige Körper brechen bereits
in die Ekstase aus, über ein kleines wird diese Menschenmasse den Rhythmus
ihrer Raserei gefunden haben. Ich habe hier ein solches Motiv aufgezeigt,
das ihm lieb war. Es kehrt in sehr vielen Formen wieder. Auch auf dem
Fries tanzender Genien, den er um das Eßzimmer seiner eigenen Wohnung
malte. Die künstlerischen Werte laufen neben diesen ästhetischen. So ist das
»Winkelriedbild« und in seinen unteren Teilen auch das »Plößliche« von einer
breiten Farbigkeit, die ihm eigentlich besser stand, als das Operieren mit
wechselnden, kleineren Tupfen, mit dem er sich in seinen meisten Bildern abmühte.
Die Techniken, die ihn interessierten, sind Ol, dann Pastell, . das er in sehr
großen Formaten brauchte und in einer bestimmten Zeit die Kohlezeichnungen,
auf denen die Auseinandersetzung der formalen und der farblichen Erscheinung
in bündiger Weise durchzuführen war. Es gibt eine frühe Kohlezeichnung von
ihm, eine Strandszene, oben Wolken, unten Düne, spazierende Menschen, von
solcher Geschlossenheit der farblichen Werfe in Schwarzweiß und der stili-
sierenden Komposition, daß er diese Wirkung in wenigen Bildern erreichte.
Noch eine andere Kohlezeichnung sehen Sie hier, die »Sorge« genannt. Ein
rasender Retter, mit der Sorge hinten auf, in der die Kultur der Bewegung
so rein destilliert ist, wie es in einem großen Bilde garnichf möglich war.
Eine seiner größten Kohlezeichnungen heißt der »Abgrund« und stellt ein
Knäuel herabsfürzender Menschen dar, einen Höllensfurz willenloser Leiber.
Hier haben Sie also ein solches Reihenbild, aber ohne Zielbewußtsein des
Rhythmus. Und der Rhythmus, der in sich selbst rollt, wird weiterhin für seine
Kunst ein sehr wichtiges Motiv. Wir bleiben jetzt in den Sälen, in denen
seine größeren Werke hängen. Hier haben Sie die »Danaiden«, die ihn nicht
interessierten, weil er Mädchen darsfellen wollte, die vergeblich Wasser schöpfen,
sondern nur, weil ein willenloser Rhythmus hier darzusfellen war, der ihn gleichsam
tänzerisch reizte. Hier haben Sie das »Fallen der Bläffer«, dargesfellf in
Genien, die zwischen den Herbstblätfern sich zu Boden bewegen, wiederum
ohne Impuls und Kraft, nur dem Geseße der Schwere folgend. Und hier haben
Sie wieder eine Kohlezeichnung, die er geradezu die »Willenlosen« benannte.
Schwebende Körper, die sich ohne Kraft und Ziel im Kreise drehen. Solche
Sachen arbeitete er bei Beginn des Krieges, und Seelenzusfände seßfen sich
288